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Die Mutter der Königin (German Edition)

Die Mutter der Königin (German Edition)

Titel: Die Mutter der Königin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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einen Wunsch zum Leben erwecken. Es ist wie beten, wie Kräuterkunde, es ist wie der Welt deinen Willen aufzudrücken, wenn du etwas in die Tat umsetzt.»
    «Wirst du es mir beibringen?», fragt sie mich.
    Ich sehe sie nachdenklich an. Sie ist die Tochter unseres Hauses und vielleicht das schönste Mädchen, das wir je hatten. Sie tritt Melusines Erbe an und besitzt die Gabe des Sehens. Eines meiner Kinder muss die Karten und das Armband mit den Glücksbringern meiner Großtante erben – ich denke, dass ich schon immer wusste, dass Elizabeth diejenige sein würde, das Kind, das aus Verlangen geboren wurde, aus den Kräutern und aus meinem Wunsch. Noch dazu hat meine Großtante Jehanne gesagt, es sollte das älteste Mädchen sein.
    «Ja», sage ich. «Die Zeiten sind nicht danach, denn jetzt sind es sind verbotene Künste, aber ich werde es dir beibringen, Elizabeth.»
    In den nächsten Wochen zeige ich ihr das Armband, die Karten und Kräuter, die sich nicht in Lady Elizabeth Greys Destillationsraum finden. An einem frostkalten Tag gehe ich mit allen Kindern hinaus, um mit ihnen Wasser in unterirdischen Quellen zu suchen. Sie bekommen einen entrindeten Stab in die Hand gedrückt und lernen zu spüren, wenn er sich in ihren Händen bewegt. Sie lachen vor Freude, als wir in der Wasserweide eine Quelle finden und im Stallhof einen alten Schmutzwasserabfluss.
    Ich unterrichte Elizabeth darin, wie sie eine beliebige Seite in der Bibel aufschlägt, sich mit diesem Text auseinandersetzt und ihre Gebete dazu spricht. Ich schenke ihr eine Süßwasserperle an einer kleinen Schnur und lehre sie, an den Pendelbewegungen die Antwort auf eine Frage zu erschließen. Und noch wichtiger als alles andere: Ich bringe ihr bei, wie sie ihren Geist leert, ihre Wünsche kennenlernt und sich selbst beurteilt, und zwar ohne Schönfärberei und Nachsicht. «Die Alchemisten sagen, dass du rein sein musst. Du selbst bist die erste Ingredienz», erkläre ich ihr. «Du musst rein sein.»
    Als der Tag kommt, an dem sie zurück nach Groby Hall gehen soll, erzählt sie mir, dass der junge Mann des Hauses, John Grey, außerordentlich gut aussieht, freundlich ist und wunderbare Manieren hat und dass sie hofft, er werde sie als sie selbst wahrnehmen und nicht einfach nur als ein Mädchen, das von seiner Mutter erzogen wird, eine von drei oder vier jungen Damen, die unter der Obhut von Lady Grey stehen.
    «Das tut er bestimmt», versichere ich ihr. «Er sieht dich schon. Du musst nur Geduld haben.»
    «Ich mag ihn gern», beichtet sie mir mit niedergeschlagenen Augen und glühenden Wangen. «Aber wenn er mit mir spricht, sage ich nie etwas Vernünftiges. Ich verhalte mich wie eine Närrin. Er muss denken, ich wäre eine.»
    «Bestimmt nicht.»
    «Soll ich ihm einen Liebestrank geben? Soll ich mich trauen?»
    «Warte auf den Frühling», rate ich ihr. «Dann pflück Blüten eines Apfelbaums aus seinem Obstgarten. Such dir den schönsten aus …»
    Sie nickt.
    «Steck die Blütenblätter in deine Tasche. Und wenn die Früchte reifen, pflückst du einen Apfel, bestreichst eine Hälfte mit Honig und gibst sie ihm zu essen, die andere behältst du.»
    «Wird er mich dann lieben?»
    Ich lächele. «Er wird dich lieben. Die Blütenblätter und der Honigapfel geben dir etwas zu tun, während du darauf wartest.»
    Sie kichert. «Du bist ja keine große Zauberin, werte Mutter.»
    «Wenn eine schöne Frau einen jungen Mann bezaubern will, braucht sie eigentlich keine Magie», versichere ich ihr. «Ein Mädchen wie du muss nicht mehr tun, als sich unter eine Eiche zu stellen und darauf zu warten, dass er vorbeireitet. Du erinnerst dich doch, wie das mit dem Wünschen war?»
    «Reinen Herzens», antwortet sie.
    Wir gehen zum Stallhof. Die Eskorte, die sie nach Groby begleitet, ist bereits aufgesessen. «Ein Letztes noch», sage ich und nehme ihre Hand, bevor sie auf den Aufsitzblock steigt. Sie wendet sich um. «Verfluche niemanden», sage ich zu ihr. «Keine Verwünschungen.»
    Sie schüttelt den Kopf. «Das würde ich nie tun, nicht einmal mit Mary Sears. Selbst nicht, wenn sie ihn anlächelt, sich die Haare um den Finger wickelt und sich so schnell neben ihn setzt.»
    «Wenn eine Frau jemanden verwünscht, bringt sie Unsegen über sich genau wie über denjenigen, gegen den sie den Fluch richtet. Wenn du solche Worte in die Welt entlässt, können sie wie ein Pfeil über ihr Ziel hinausschießen. Das hat mir meine Großtante Jehanne erklärt. Ein Fluch kann an

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