Die Mutter der Königin (German Edition)
königlichen Truppen, und der König wird aus seinem klösterlichen Asyl herbeigebracht, um die königliche Standarte zu führen. Es regnet, und die nasse Standarte schlappt jämmerlich hin und her. Doch diesmal wird niemand fahnenflüchtig, bevor ein Schlag geführt wurde, weil niemand sich gegen die Standarte des Königs wenden mag. Auch von der Sache der yorkistischen Lords rückt keine schlagkräftige Truppe ab. Allmählich sind alle abgehärtet.
Der König sitzt still in seinem Zelt unter seiner Standarte, und die Friedensmacher – darunter der Bischof von Salisbury – gehen den ganzen Vormittag ein und aus und hoffen, eine Einigung zu erzielen. Doch die ist nicht zu erreichen. Die yorkistischen Lords schicken Boten an den König persönlich, doch der Duke of Buckingham fängt sie ab. Sie verlangen nichts Geringeres, als dass die Königin und ihre Berater ihres einflussreichen Platzes neben dem König verwiesen werden. Das ist das Einzige, worauf sie vertrauen. Doch die Königin ist nicht zu Zugeständnissen bereit. Sie will sie tot sehen, so einfach ist das. Es gibt keine Grundlage für Verhandlungen.
Die königliche Armee steht vor der Abtei Delapré in Northampton, sie hat sich hinter spitzen Pfählen vor dem Fluss Nene verschanzt. Keine Kavallerieattacke kann sie hier besiegen, kein direkter Angriff sie bezwingen. Wieder warten die Königin, der Prinz und ich in Eccleshall Castle.
«Am liebsten würde ich hinreiten und zusehen», sagt sie zu mir.
Ich versuche zu lachen. «Nicht schon wieder.»
Es regnet, so wie in den vergangenen beiden Tagen. Wir stehen am Fenster und blicken hinaus auf den tiefen grauen Himmel mit den dunklen Wolken am Horizont. Unten im Hof sehen wir die Boten, die vom Schlachtfeld kommen. «Schnell, lasst uns hinuntergehen», sagt Marguerite plötzlich aufgeregt.
Wir treffen in der großen Halle auf sie, als sie tropfnass hereinkommen.
«Es ist vorbei», sagt einer von ihnen zur Königin. «Ihr habt mir befohlen, in dem Augenblick herzukommen, da ich sehe, wie es ausgeht. So habe ich eine Weile gewartet und bin dann hergeritten.»
«Haben wir gesiegt?», fragt sie drängend.
Er verzieht das Gesicht. «Wir wurden vernichtend geschlagen», antwortet er ohne Umschweife. «Wir sind verraten worden.»
Sie zischt wie eine Katze. «Wer hat uns verraten? Wer? Stanley?»
«Lord Grey of Ruthin.»
Sie dreht sich zu mir um. «Ein Verwandter Eurer Tochter! Die Familie Eurer Tochter ist treulos?»
«Ein entfernter Verwandter», erwidere ich sogleich. «Was hat er getan?»
«Er hat den Angriff des jungen Edward of March, des Sohnes von York, abgewartet. Unsere Linie war gut geschützt, wir hatten den Fluss hinter uns und einen Graben vor uns, der mit spitzen Pfählen befestigt war, doch als Edward of March an der Spitze seiner Männer näher kam, legte Lord Grey das Schwert nieder und half ihm mit all seinen Männern einfach über die Barrikade. So konnten sie sich durch unsere Linien kämpfen. Sie waren mitten unter uns, unsere Männer konnten sich ihrer nicht erwehren. Am Anfang waren wir wunderbar aufgestellt, doch dann saßen wir in der Falle.»
Sie wird kreidebleich und wankt. Ich fasse sie um die Taille, und sie lehnt sich an mich. «Und der König?»
«Als ich gegangen bin, haben sie sich zu seinem Zelt vorgekämpft. Seine Lords waren draußen, um seinen Rückzug zu decken, sie haben ihm zugebrüllt, er solle sich auf und davon machen.»
«Hat er ihnen gehorcht?»
Seine finstere Miene verrät uns, dass der König das nicht getan hat. Vielleicht haben die Lords vergeblich ihr Leben für ihn gelassen. «Ich habe es nicht gesehen. Ich bin hergekommen, um Euch zu warnen. Die Schlacht ist verloren. Ihr solltet fort von hier. Es kann sein, dass sie den König in ihrer Gewalt haben.»
Sie wendet sich mir zu. «Holt den Prinzen.»
Ohne weitere Worte eile ich in die königliche Kinderstube und finde den Jungen in Reiseumhang und Reithose, sein Spielzeug und die Bücher sind gepackt. Sein Lehrer steht neben ihm. «Ihre Gnaden befiehlt ihren Sohn unverzüglich zu sich», richte ich aus.
Ernst wendet sich der Mann an den sechsjährigen Jungen. «Seid Ihr bereit, Euer Gnaden?»
«Ja», antwortet der kleine Prinz tapfer.
Ich strecke ihm die Hand hin, doch er geht vor mir her, bleibt vor der Tür stehen und wartet, dass sie ihm geöffnet wird. Ein andermal wäre das amüsant. Heute nicht.
«Ach, nun geht schon!», sage ich ungeduldig, öffne die Tür und scheuche ihn hinaus.
Sie
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