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Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Titel: Die nachhaltige Pflege von Holzböden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Wiles
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schmiss ihn raus und öffnete die Hülle, die Oskars Meisterwerk enthielt.
    In der Hülle befand sich ein Zettel.
    Hoffentlich gefällt es Dir! – O.
(Es wird Besseres geben, wenn Dewey fertig ist.)
    Wie nett von ihm , dachte ich, bis mir unvermittelt einfiel – als würde die Nadel über eine alte Vinyl- LP schrammen –, dass es überhaupt nicht nett war, oder wenn, dann innerhalb eines sinistren Spektrums von Nettigkeit, das sich mir nicht erschloss. Wie viele dieser Zettel hatte er mir eigentlich hinterlegt? Kurzfristig befiel mich die Versuchung, die ganze Wohnung auf den Kopf zu stellen – aber wozu? Es war doch nur eine Marotte von ihm, nichts Bedrohliches, kein Grund, gleich durchzudrehen. In erster Linie gab Oskar hier nur eine Schwäche preis. Ich sollte mich also eher überlegen fühlen.
    Das nackte CD -Fach stand noch aus der Stereo-Anlage heraus, pornografisch entblößt, eine herausgestreckte Zunge. Ich legte die Variationen ein und schloss das Fach, knüllte dann den Zettel zusammen und warf ihn in den Papierkorb. War das ein Fehler? Vielleicht hätte ich den Zettel an Ort und Stelle lassen sollen, sodass Oskar nicht wissen konnte, ob ich mir seine Musik angehört hatte. Aber die Botschaft klang doch eher so, als freute er sich über mein Interesse, und wenn ich den Zettel jetzt zurücklegte, würde er an den Falten sehen, dass ich ihn zusammengeknüllt hatte, um ihn dann doch nicht wegzuwerfen, eine ziemlich blödsinnige Vorgehensweise. Wahrscheinlich waren diese Zettel einfach nur Oskars Methode, zu verfolgen, wo genau ich in der Wohnung gewesen war. Wie sollte man sich am besten einem solchen Kontrollfreak gegenüber verhalten? Alle Spuren verwischen, oder sie erst recht offensichtlich hinterlassen?
    Aber es war unmöglich, diese Art von Taktik korrekt zu entschlüsseln. Wenn es denn überhaupt Taktik war. Vielleicht war Oskars Zettelschreiberei ja bloß nett gemeint, ohne Hintergedanken, und nur meine Reaktion darauf war verquer. »Spinn ich?«, murmelte ich vor mich hin.
    Ich drückte die Playtaste. Oskars Komposition sirrte los – sein Talent trat in Erscheinung. Die Einleitung war ganz schlicht, ein tiefer, lang ausklingender Akkord, doch mit einer plötzlich einsetzenden Dissonanz, die fast wie ein Trambahnbimmeln klang, wurde das Stück zunehmend komplexer. Was wie drei, oder sogar vier, verschiedene Elemente innerhalb der Melodie erschien, machte sich in verschiedene Richtungen auf, mit scheinbar chaotischem Effekt, um sich dann wieder zu treffen und zu überschneiden. Einfache, sich wiederholende Muster wie das stetige Rattern von Metallrädern über Schienenstränge, aber streckenweise kam man nicht dahinter, wie viele Klaviere dabei mitmischten.
    Ursprünglich war natürlich nur der Stutzflügel in diesem Raum an der Komposition beteiligt gewesen. Wie machte man das – Musik hören, die nirgends war, nur im eigenen Kopf, und sie Note für Note einfangen? War Oskar ein Genie? Ich konnte es nicht beurteilen. Unmusikalisch, wie ich bin, ist selbst ein Werbe-Jingle aus sechs Tönen für mich schon ein Werk von epochaler Größe. Aber sicherlich war Oskar ein Ausnahmetalent, mit dem sich nur wenige messen konnten. Ein schreckliches Minderwertigkeitsgefühl überkam mich – was hatte ich denn je vollbracht? Hier entfaltete sich Oskars Talent, glasklar in Dolby-Stereo vernehmbar. Dank meines beruflichen Schaffens kannten etliche Londoner jetzt die Telefonnummer ihres jeweiligen Gemeindebeauftragten für Ungeziefervernichtung sowie die korrekte Vorgehensweise zur Entsorgung von Haushaltsgeräten. Gern redete ich mir ein, dass ich die trockene Materie mit schwungvollen Formulierungen aufgepeppt hatte, aber Tatsache war, ohne mich wären diese Broschüren halt von jemand anderem verfasst worden.
    Ich betrachtete den Flügel mit einer Mischung aus Neugier und Ehrfurcht. Ein Riesentrumm aus geschwungenen und geraden Linien, verborgenen Flächen und Fähigkeiten, wie ein Tarnkappenbomber. Nicht mit dem Piano spielen , hatte Oskar mir anbefohlen. Dieses hochnäsige »mit« – natürlich kannst du nicht Klavier spielen, höchstens mit ihm spielen, wie ein Kind, und das solltest du gefälligst lassen.
    So vorsichtig, wie ich nur konnte, öffnete ich den Deckel des Flügels und stellte ihn hoch. Dort lag also das Innenleben des Instruments, kompliziert, aber

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