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Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Titel: Die nachhaltige Pflege von Holzböden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Wiles
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ließ die weiße Steppdecke aufgleißen wie einen riesigen, ultravioletten Insektenkiller, und im Arbeitszimmer (wo die Fenster ebenfalls zu waren) schien das Wasser, das an den Scheiben herablief, wie in einem Spiegel über den offenen Pianodeckel zu strömen.
    Der plötzliche Regenguss war beglückend, endlich kam etwas in Bewegung, die Starre löste sich. Mein Herz schlug schneller nach der panischen Rennerei von Raum zu Raum, die Aufregung hatte mich belebt. Ich ertappte mich sogar dabei, dass ich mich darauf freute, am Abend auszugehen, hinaus in den Sturm, um mir das Konzert anzuhören, und das Tosen vor den Fenstern erfüllte mich mit geradezu wagnerianischem Hochgefühl. Götterdämmerung! Der Tod und das Mädchen , das klang gut, pathetisch, stürmisch … Das Forellenquintett allerdings weniger. Die Forelle war ja nicht mal ein Raubfisch, wie der Hecht oder der Hai, doch andererseits, was verstand ich schon von Fischen, ganz zu schweigen von klassischer Musik? Vielleicht war die Forelle auch so etwas wie eine Scherzfrage der Natur und, wie der Wal, gar kein richtiger Fisch, sondern eine Art Ratte oder Schwan oder was.
    Die Katze, die ich auf dem Sofa gestreichelt hatte, war ebenfalls aufgeschreckt worden, vielleicht durch das Gewitter oder durch mein plötzliches Aufspringen. Jetzt stand sie da, machte einen Buckel, drehte sich träge um sich selbst, während der Schwanz mit der weißen Spitze wie in Zeitlupe hin und her peitschte. Unsere Blicke trafen sich, die Katze auf dem Schweizer Sofa, ich an der Tür zum Arbeitszimmer, und mir war, als springe ein Funken zwischen uns über, irgendeine Art von Verbindung, Einverständnis. In dieser ahnungsvollen Sekunde war mir klar, dass die Katze im Begriff war, etwas anzustellen.
    Mit provokanter Langsamkeit dehnte die Katze sich, streckte die Pfoten vor und fuhr die Krallen aus, die sie dann mit einem entsetzlich reißenden Geräusch ins Leder schlug.
    Ich musste wohl vor Entsetzen aufgejapst haben, denn die Katze hielt mitten in diesem Akt des Vandalismus inne, die Klauen immer noch tief ins Leder gegraben. Sie sah mich an, ich sah sie an. Wie so oft kam es mir maßlos unfair vor, dass das Leben keinen Schalter besaß, mit dem man die Zeit ein Stück zurückdrehen konnte. Dreißig Sekunden hätten für die meisten Situationen wie die hier schon ausgereicht, das war ja nicht zu viel verlangt, aber offenbar mussten wir uns mit der gnadenlosen Tyrannei der linearen Zeit abfinden.
    Â»Scheiße! Nein! Lass das! Weg da! Kschksch!«, schrie ich und stürzte zum Sofa. Die Katze begriff die Botschaft und schoss davon. Mir blieb nichts weiter, als den Schaden zu begutachten – jeweils zwei parallel angeordnete Risse im Leder, verbunden durch Kratzspuren. Mit Sicherheit nicht mehr zu reparieren, außer vielleicht durch die obskuren Fertigkeiten runzliger alter Handwerker, von denen ich nichts ahnte. Wieso konnte Leder nicht einfach wieder heilen? Eigentlich war es ja bloß Haut. Ich strich mit den Fingerspitzen über die Narben, fühlte sie unter meiner Berührung aber nicht verschorfen und zuheilen. Das Leder war nicht komplett aufgerissen, nur tief zerkratzt. Vielleicht gab es irgendwo da draußen ja begnadete Lederreparierer, aber so jemanden hätte ich selbst in London kaum zu finden gewusst und erst recht nicht hier in der Fremde. Wie ich da so über das Sofa gebeugt stand, glitt mein Blick natürlich auch hinüber zu dem Weinfleck in seinem hübschen, hell geschrubbten Rahmen. Falls er der Putzfrau aufgefallen war, hatte sie jedenfalls nichts dagegen unternommen, oder wenn doch, dann erfolglos.
    Meine Großeltern hatten einen kleinen Teich in ihrem Garten, dessen schleimiges Innenleben mich faszinierte. Frösche paarten sich dort und hinterließen Wolken von Froschlaich. Das war die Serengeti meiner Kindheit. Der Teich war mit Steinplatten eingefasst. Meine Mutter warnte mich als Fünf- oder Sechsjährigen immer, mich nicht zu weit über das Wasser zu lehnen, was ich aber nicht einsah. Ich kannte meinen Schwerpunkt, frühreifes Kind, das ich war, und wusste, dass ich nicht das Gleichgewicht verlieren würde. Doch die Platten waren nicht mit Zement befestigt, sie lagen nur am Rand, um die schwarze Plastikplane an Ort und Stelle zu halten, mit der man den Teich ausgelegt hatte. In Moos und Gras eingebettet, wirkten die Platten wie feste Bestandteile der

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