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Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Titel: Die nachhaltige Pflege von Holzböden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Wiles
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gar kein Kanal, sondern ein Abflussgraben war, und ein plötzlicher Gewitterguss (durchaus denkbar in dieser tropischen Hitze) überflutete ihn, ertränkte mich und schwemmte mich mit all dem anderen Müll aus der Stadt hinaus in irgendein obskures Hinterland … Aber dann meldete sich die Vernunft zurück. Abflussgräben hatten keine Saumpfade, und außerdem waren wir hier nicht in Los Angeles, wo extreme Dürre mit heftigen Stürmen wechselte und aus mageren Rinnsalen im Nu reißende Ströme wurden, ein bulimisches Auf und Ab von Überfülle und Auszehrung.
    Unten am Kanal war es merklich kühler. Irgendwie gefiel mir diese Atmosphäre von Verfall, die Unkrautbüschel am Fuß der Mauer, das vermüllte Wasser, die verseuchte Luft, all das harmonierte mit meiner düsteren Stimmung und wirkte tröstlich. Es hatte etwas Romantisches, ähnlich wie die Romantik, die Piranesi im Kerker gefunden hatte. Der schleichende Verfall hatte etwas Sanftmütiges, das zur Sentimentalität anregte. Hier war die Zeit ungestört vorübergegangen; ich verbrachte hier ungestört die Zeit.
    Als ich in die Wohnung zurückkam, war der Störfaktor weg. Ein leichter Putzmittelgeruch hing in der Luft, und die Katzen waren gefüttert. Alle Klamotten, die ich schon ausgepackt hatte, waren mit ostentativer Sorgfalt auf dem Korbsessel im Schlafzimmer zusammengelegt worden, saubere und schmutzige durcheinander. Diese Einmischung irritierte mich über die Maßen. Was bei anonymem Hotelpersonal vielleicht noch verzeihlich gewesen wäre, fühlte sich hier wie ein absichtlicher Übergriff an. Auch das Badezimmer roch nach Putzmitteln. Endlich kam ich zu meiner Dusche und konnte die letzte Nacht in den Ausguss spülen. Heute Abend würde es also ins Konzert gehen. Schubert.
    Â»Schubert«, äffte ich Oskars Tonfall nach. »Sehr gut. Es wird dir gefallen.«
    Das Wasser strudelte um meine Füße, die blass aussahen. Sie sahen nicht nach der Sorte Füße aus, die in Konzertsäle gingen. Sie sahen nicht nach der Sorte Füße aus, deren Eigentümer mit selbstsicherer Stimme sagen würde: »Ich hätte gern eine Karte für das Konzert heute Abend.« Nein, sicher war es nicht die Sorte Füße, die zwei Stunden unter einem unbequemen Sitz in einem abgedunkelten Raum stillhalten würden, während ihr Eigentümer nichts tat, rein gar nichts, außer klassischer Musik zu lauschen.
    Â»Schubert«, murmelte ich vor mich hin. »Schuby-schuby Schubert.« Schossy, Strawy, Schuby. Konnte man aus dieser Schlinge noch irgendwie entkommen? Einfach nicht hingehen? Aber Oskar würde es sicher herauskriegen – und selbst wenn er dann nicht beleidigt war, hätte er jedes Recht, es zu sein, denn es wäre eine grobe Ungehörigkeit. Nein, ich musste mich mannhaft meiner Strafe stellen. Außerdem lag ja noch der ganze Nachmittag zum Verschwenden vor mir.
    Die Dusche ließ meinen Kater noch weiter schwinden, löste ihn aber nicht ganz auf. Ein klebriger Überrest haftete mir irgendwo im Hinterkopf, und subversive Elemente trieben sich immer noch in meinen Gelenken und Eingeweiden herum. Der Tag wurde schwül und schwüler. Nach und nach fiel mir auf, dass die Qualität des Lichts sich verändert hatte, als ob das echte mit irgendeinem synthetischen Ersatz vertauscht worden wäre, in der Hoffnung, am Tageslicht zu sparen, ohne dass irgendwer es merkte. Aber ich merkte es, und ich blickte von meiner Beschäftigung – Katzenstreicheln auf dem Sofa – auf, fasziniert von der Beleuchtung der gegenüberliegenden Fassaden, deren Stuck und Stein unter den Schmutzschichten seltsam aufglomm im Widerschein der Abendsonne. Ein dramatischer Effekt, hervorgerufen durch den Kontrast zu dem unvermittelt verdunkelten Himmel, der schiefergrau mit violetten Schattierungen über den Dächern dräute. Eine Embolie von einem Himmel, ein Damm, hinter dem sich ein ungeheurer Druck aufgebaut hatte. Aber die Sonne ließ die Häuser noch immer erstrahlen wie vergoldete Lügen, Potemkinfassaden, die schönes Wetter vortäuschten, während ein Gewitter aufzog, von ganz und gar kompromissloser Unvermeidlichkeit.
    Und dann brach das Donnerwetter los, mit sintflutartigem Regen. Ich lief ins Schlafzimmer, überzeugt, die Balkontür aufgelassen zu haben (sie war zu), so laut prasselte der Regen an die Fenster. Ein Blitzstrahl

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