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Die Nacht Der Jaegerin

Die Nacht Der Jaegerin

Titel: Die Nacht Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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oder?»
    «Komisch, dass Greta das nicht weiß. Normalerweise ist der verdammte Friseurladen doch die Informationszentrale fürs ganze Tal.»
    «Sie macht es selber. Es war ... beim zweiten Mal. Als sie das zweite Mal hier Ferien gemacht haben, da ist es dann wirklich passiert.» Jeremy kraulte den Hund an den Ohren, während er seinen Erinnerungen nachhing. Es lag beinahe so etwas wie ein Lächeln auf seinem Gesicht. «Brigids Vater, der war schwer in Ordnung. Eher der schweigsame Typ, aber freundlich. Wollte alles über den Bauernhof wissen. Hat sogar bei der Schafschur helfen wollen, hat totalen Murks gemacht, aber wir haben ihm gesagt, fürs erste Mal wär er sehr gut gewesen. Über Paula hat er nie ein Wort gesagt. Brigid ...»
    Jeremy unterbrach sich. In seinen Augen standen Tränen, und Danny musste an Glasscherben denken.
    «Wir waren erst ungefähr zwölf. Zu jung für ... zu jung, um viel draus zu machen, jedenfalls, obwohl ...» Jeremy warf Danny einen Seitenblick zu, als wolle er sagen:
Was tu ich hier eigentlich? Red über so was mit ’nem Kerl?
«Wir waren an dem Tag in der alten Scheune, haben uns untergestellt, weil’s geregnet hat. Brigid war ... du weißt ja, wie Mädchen manchmal sind, oder Frauen: launisch. Da gibt’s nichts mehr auf der Welt, was sie gut finden. Nichts gefällt ihnen, und recht machen kann man’s ihnen auch nicht. Also haben wir ein bisschen rumgestritten, wie’s Kinder eben so machen.»
    «
Du
 ... willst dich gestritten haben?»
    «Na ja, gestritten hat vor allem sie. Mich hat’s nur getroffen.»
    «Wo?»
    «In der alten Scheune.»
    «Nein, du Schwachkopf ...»
    «Ach so. Am Auge.»
    «Und was hast du gemacht?»
    «Nichts. Was hätte ich schon machen
können
? Was hätte ich machen sollen?»
    Danny nickte.
Bitte, Gott, lass ihn das nicht getan haben.
    «Als Nächstes hängt sie an meinem Hals und schluchzt sich die Seele aus dem Leib. Drückt sich an mich, mit ihrem weichen Körper. Und dann haben wir uns ganz sanft geküsst. War mein erster Kuss, Danny.» Jeremy sah auf, er war rot geworden. «Sie ist in meinen Armen eingeschlafen. Und dann bin ich auch irgendwann eingeschlafen. Bin mit einem Veilchen am Auge aufgewacht. Und verliebt. Verstehst du?»
    Danny lächelte.
    «Das is bloß eine Schwärmerei, hat meine Ma gesagt. So was is gleich wieder vorbei.»
    «Die haben keine Ahnung, oder?»
    «Als sie weg war, wollt ich ziemlich lang erst mal nicht mehr leben – kennst du das?»
    Danny nickte. Klar kannte er das.
    «Konnte nicht schlafen. Monatelang. Hab mir angewöhnt, mich nachts rauszuschleichen, und bin bis zum Morgengrauen bei den Schafen geblieben. Dann bin ich in die Schule geschwankt und über der Bank eingeschlafen. Bin auch in die Kirche gegangen, wenn keiner drin war, und hab zu Gott gebetet, dass er sie zurückschickt. Hab zu Gott gebetet, Danny, kannst du dir das vorstellen? Hatte so ein Spezialgebet, hab es sogar aufgeschrieben. Hab mir vorgestellt, wenn ich es bloß oft genug aufsage, jeden Tag, so richtig inständig, dann würde er sie zurückbringen.»
    «Und hat Gott dich erhört?»
    «Aber erst diesen Sommer.»
    «Verdammt, Jeremy, die arme Mary Morson hatte in Wirklichkeit nie eine Chance bei dir, stimmt’s?»
    «Ist aber trotzdem nett.»
    «Mary Morson ist nett?»
    «Die haben doch alle ihre Marotten.»
    «Ich werd verrückt», sagte Danny schwach.
    «Ich hab Brigid damals regelmäßig geschrieben, und sie hat zurückgeschrieben. Jede Woche so ungefähr. Und im nächsten Sommer hab ich gedacht, sie kommen wieder. Hab nach dem Wohnwagen Ausschau gehalten, verstehst du?» Jeremy erschauerte trotz des Feuers. «Ich weiß noch, wie ich auch mal versucht habe, sie anzurufen. Hatte ihren Vater am Apparat. Er sagte, ich könnte nicht mit ihr reden. Er klang anders ... schroff, angespannt. Hat gesagt, ich soll nie wieder anrufen.»
    «Also hast du es auch nicht gemacht.»
    «Woher weißt du das?»
    Danny seufzte. Jeremy sank auf seinem Stuhl zusammen. Der Hund fiepte.
    «Aber eins verstehe ich nicht», sagte Danny. «
Warum
solltest du nicht mit ihr reden?»
    «Danny ...» Jeremy wandte sich Danny zu, sodass er ihm direkt ins Gesicht sehen konnte. «Es war was
passiert ...
»
    Danny hatte das Gefühl, er sollte wissen, worum es ging, aber er wusste es nicht.
    «Sie war Brigid
Parsons
», sagte Jeremy. «Das war passiert.»
     
    Als sie wieder in Stanner Hall ankamen, legte sich die Kälte um ihre Schultern wie ein Leichenhemd, und Bliss sagte:

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