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Die Nacht Der Jaegerin

Die Nacht Der Jaegerin

Titel: Die Nacht Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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einen Stier verwandelt. Und passen Sie auf: Noch in den 1980ern wurde in der Kirche von Kington von einer Urlauberin ein Geisterstier gesehen – und zufällig hieß diese Dame mit Familiennamen Vaughan. Das ist ein Hinweis darauf, dass solche Phänomene tatsächlich personalisiert werden können.»
    «Ja, aber Thomas Vaughan scheint weder bösartig noch ein Tyrann gewesen zu sein. Was ist also das Böse, zu dessen Bekämpfung sie eine apostolische Versammlung von Geistlichen brauchten?»
    «Das weiß ich auch nicht. Der offensichtlichste Gegner dürfte wohl das Heidentum gewesen sein, das hier in dieser Region sicher bis weit in die nachmittelalterliche Zeit überlebt hat. Vielleicht ging es nur um den Geist des Heidentums, vielleicht aber auch um etwas noch Bedrohlicheres ...»
    «Heute Abend kann man schon das Gefühl von etwas noch Bedrohlicherem haben.»
    Lol erzählte Jeavons, dass am Fuße der Stanner Rocks eine Männerleiche entdeckt worden war, deren Kopf irgendein Tier zerfetzt hatte.
    «Und wer ist dieser Mann?», sagte Jeavons.
    «Jedenfalls wahrscheinlich kein Vaughan. Die Sippe ist hier in der Region ausgestorben.»
    Das Licht wurde wieder schwächer, und in der Telefonleitung begann es erneut zu rauschen und zu knistern.

38  Großer weißer Vogel
     
    «Doch, Jeremy», sagte Danny. «Ich erinnere mich daran.»
    Sie hatten Teebecher in der Hand und das nächste dicke Holzscheit aufs Feuer gelegt. Danny war sehr warm. Innerlich und äußerlich.
    Ja, er erinnerte sich an jenen Sommer. Weil es nämlich der Oldfield-Sommer war. Der Sommer, nach dem das
Hergest-Ridge
-Album herausgekommen war, das den Ridge weltberühmt gemacht hatte, sodass Touristen kamen, um sich anzusehen, wo der prominente Musiker seine Modellsegler hatte fliegen lassen. Bloß, dass Mike Oldfield zu dieser Zeit schon dabei gewesen war, aus Kington fortzuziehen, wenn er nicht schon weg gewesen war.
    Das waren bittersüße Erinnerungen. Danny hatte es nie geschafft, zu den Leuten zu gehören, die mit Mike rumhingen. Was er allerdings in dem Jahr geschafft hatte, war, die umwerfende Greta Morris zu überreden, mit ihm auszugehen.
    Und jetzt saß er vor dem Feuer und beobachtete Jeremy Berrows dabei, wie er nach dem Besuch der Polizei die reinste Paranoia entwickelte. Was das alles zur Folge haben konnte, verdammt. Sebbie Dacre.
Sebbie Dacre.
Tot.
Ermordet.
    Danny war ans Telefon gegangen, als der Typ anrief, um der Pfarrerin zu sagen, dass ihre Tochter bei den Felsen einen Toten gefunden hatte. Er war überhaupt nicht auf die Idee gekommen, dass es Sebbie sein könnte, und Danny dachte daran, wie er und Jeremy versucht hatten, normal zu reagieren, als die Polizisten es ihnen später sagten. Aber die hatten sich nicht täuschen lassen, das hatte er genau gemerkt.
    Und doch waren die Polizisten wieder gegangen. Sie hatten sich in
The Nant
umgesehen, und dann waren sie einfach wieder gegangen. Sie suchten Natalie Craven und das Kind. Danny hätte ihnen sagen können, wo das Kind war, aber er hatte es nicht getan. Er wollte in diesem Moment keinem irgendetwas erzählen.
    War es den Polizisten in den Sinn gekommen, dass Jeremy Sebbie getötet haben könnte und Natalie genauso? Hatten sie daran gedacht? Danny hatte nämlich verdammt schnell daran gedacht.
    Die Lüge, dass die Zufahrt eingeschneit wäre und das Kind deshalb nicht kommen könne. Die hastig geschriebene Nachricht. Der
Selbstmordversuch
, Scheiße nochmal ...
    Danny klammerte sich an seinen Teebecher und spielte im Kopf ein paar gute alte Gitarrenriffs durch, damit er einigermaßen ruhig blieb. Lass ihn reden, lass alles rauskommen.
    «Als sie das erste Mal hier Ferien gemacht haben, waren wir noch Kinder», sagte Jeremy.
    «Ich weiß noch. Sie war ein kleines blondes Mädchen.»
    «Haben auf dem Bauernhof gespielt, sind für ein Eis runter nach Kington. Damals in den Siebzigern hatten wir noch keinen Kühlschrank.»
    Danny sah zur Anrichte hinüber. «Das bist du mit ihr, oder, auf dem Foto? Kann mich nicht erinnern, dass ich das schon mal gesehen hätt.»
    «Hab es immer in meinem Schlafzimmer gehabt. In ’ner dunklen Ecke, sodass ich es kaum erkennen konnte. Aber ich wollte nicht, dass es verblasst.»
    Danny rieb sich über den Bart. «Jeremy, da wär ich nie draufgekommen. Vielleicht, weil sie früher so blond war, und jetzt ist sie dunkelhaarig.»
    «Da drunter ist sie so blond wie eh und je. Kein Mensch erwartet, dass sich eine Blondine dunkel färbt,

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