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Die Nacht Der Jaegerin

Die Nacht Der Jaegerin

Titel: Die Nacht Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Versuchskaninchen zur Verfügung gestellt haben.»
    «Es war sehr unterhaltsam», sagte eine der Agatha-Christie-Damen. «Ich hoffe, wir dürfen weitere Veranstaltungen erwarten.»
    «Vielen Dank», sagte Ben. Dann schaute er zu dem Porträt über dem Kamin hinüber. Es war ein stark vergrößertes Foto, das einen freundlich wirkenden Mann mit gepflegter Frisur, beeindruckendem Schnurrbart und einem Blick zeigte, der in eine unbestimmte Ferne gerichtet schien.
    «Ich weiß, dass immer noch darüber gestritten wird, ob Sir Arthur dieses Haus einst besucht hat», sagte Ben. «Ich habe jedenfalls das
sichere Gefühl
, dass er hier war, wenn ich spätabends oder früh am Morgen durch die Räume gehe. Ich denke gerne, dass er vielleicht ... Nun, wir alle wissen, was für ein leidenschaftlicher Spiritist er war, aber das will ich jetzt gar nicht vertiefen. Ich glaube, dass es Geheimnisse um Sir Arthur gibt, die hier aufgeklärt werden könnten. Ich weiß nicht, warum ich das sage, es ist einfach ... Entschuldigung.»
    «Nein, sprechen Sie weiter», sagte eine Frau. Keine der Agathas, sondern eine elegant wirkende Dame mittleren Alters mit beinahe vollständig ergrautem Haar und einer Halbbrille. Jane glaubte, dass sie allein gekommen war. «Sprechen wir vom
Hund von Baskerville
? Ich war nämlich richtig enttäuscht, dass er an diesem Wochenende keine Rolle gespielt hat. Das wäre bestimmt sehr interessant geworden.»
    «Ja, nun.» Ben wirkte leicht verstimmt. «Der
Hund von Baskerville
verdient mehr als nur ein einzelnes Wochenende. Wir können ja nicht all unsere Geheimnisse auf einmal preisgeben, meine Liebe.»
    Eine Agatha kicherte. Jane sah Frank Sampson an, den vermeintlichen Mörder. «Komplizierte Geschichte, hab ich ja gesagt», murmelte er.
     
    Später in der Empfangshalle mit ihrer schäbigen Tapete und ihren Wandlampen im viktorianischen Stil hörte Jane, wie sich Ben mit dem schlanken Mann unterhielt. Anscheinend gehörte dieser Dr. Kennedy zu den Gästen, die gleich aufbrachen. Er stand mit seiner Champagnerflasche, die er für die Lösung des Krimirätsels bekommen hatte, zur Abfahrt bereit.
    «Also, ich hoffe, wir hören wegen der Konferenz von Ihnen», sagte Ben. Er verdeckte mit dem Rücken eine schadhafte Stelle in der Wandtäfelung, die mehr schlecht als recht mit Sperrholz repariert worden war.
    «Nun, ich ...» Dr. Kennedy hob seine Reisetasche an. Seine Stimme war nasal und dünn. «Ich muss zuerst mit meinen Kollegen aus dem Vereinsvorstand sprechen. Ich teile Ihnen unsere Entscheidung bis Ende der Woche schriftlich mit.»
    «Sehr gut», sagte Ben. «Das ist großartig, Neil.» Er rieb sich nicht gerade die Hände, konnte aber seine Zufriedenheit kaum verbergen, als er Dr. Kennedy zu der mächtigen Flügeltür begleitete. Jane ging vor ihnen und hielt Kennedy die Tür auf. Dann standen Ben und Jane unter der enormen Messinglampe auf der Veranda, an deren hohen Fenstern im gotischen Stil der Regen herabströmte, und sahen Kennedy nach, der hastig zu seinem Auto rannte.
    «Das Spiel hat begonnen, Jane», sagte Ben.
    «Wie bitte?»
    «Das Spiel hat endlich
begonnen.
» Nun rieb er sich wahrhaftig die Hände, aber vielleicht übertrieb er es auch absichtlich ein bisschen.
    Jane hoffte, dass Dr. Kennedy nicht in eine der teichgroßen Pfützen getreten war, als er die bröckelige Verandatreppe zu seinem Auto hinunterstolperte. Hinter dem Parkplatz herrschte völlige Finsternis, und zu hören war nur der Regen in den Kiefern.
    Und dann ein Schuss.
    Ben stand an der Tür und fuhr herum. Der Schuss war sehr nahe gewesen. Jane hatte sich unwillkürlich an die Wand gedrückt.
    «Also, gut!»
Im goldenen Schein der Messinglampe blitzten seine Augen vor Zorn. «Das reicht. Das reicht jetzt, verdammt nochmal!» Er trat in den Regen hinaus und stapfte spritzend zu der niedrigen Steinmauer hinüber, die die Terrasse begrenzte.
    «Ben?»
    Jane folgte ihm. Sie spürte, dass ihr das Rüschenband über den Hinterkopf wegrutschte. Sie glaubte, zwischen den Kiefern hinter dem Parkplatz ein verschwommenes Licht zu sehen. Dann wurde eine Autotür zugeworfen, ein Motor angelassen, und sie stand in den blendenden Strahlen von Dr. Kennedys Scheinwerfern und konnte überhaupt nichts mehr erkennen.
    So war das eben auf dem Land. Da wurde auch mal geschossen. Es war zwar verboten, nachts mit einem Jagdgewehr zu schießen, und bei diesem Wetter war es komplett unverantwortlich. Aber es kam trotzdem vor.

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