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Die Nacht Der Jaegerin

Die Nacht Der Jaegerin

Titel: Die Nacht Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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sichtbar im Schirmständer der Eingangshalle gesteckt hatte.
    Der Mann in Schwarz schenkte dem Rubin kaum einen Blick. Edelsteine interessierten ihn nicht besonders, und sogar der Major schien ihn nicht mehr zu interessieren, nachdem er nun als Schuldiger entlarvt war. Beide blickten zur Tür, die von einem Mann in einem enormen Tweedmantel geöffnet worden war. Der Major schrak zurück.
    «Ich glaube, weitere Beweise sind überflüssig», sagte der Mann in Schwarz milde. «Sie können ihn jetzt verhaften, Lestrade.»
    Stille. Und dann gingen die elektrischen Lampen wieder an, und die Leute applaudierten voll echter Bewunderung. Es wurden sogar ein paar Jubelrufe laut. Es war ein Triumph.
    Unter der elektrischen Beleuchtung wirkte alles ein bisschen älter und schäbiger, der Salon des Landhauses verwandelte sich wieder in den Aufenthaltsraum eines Hotels, die Öllampe wurde vergessen. Und Sherlock Holmes war wieder zu Ben Foley geworden, der für ein paar Sekunden erleichtert die Augen schloss.
     
    Später, nachdem die Bar geschlossen war, ging Jane in die Küche, um die heiße Schokolade zu holen, die den zwölf Gästen vor dem Schlafengehen serviert wurde. Ben hatte einmal fallenlassen, dass zwölf Gäste kaum ausreichten, um die Unkosten für das Wochenende zu decken, außerdem fand er sie alle zu alt und die ganze Sache nur peinlich.
    Die Küche war gefliest, hatte hohe Fenster und bot Platz für ein ganzes Dutzend Angestellte. Dominiert wurde sie von der neuen Kücheninsel, die Ben aus der Konkursmasse eines Metzgergeschäftes in Leominster hatte. Wenn man die Größe einer üblichen Kücheninsel mit der Isle of Wight gleichsetzte, so besaß diese im Vergleich dazu die Ausmaße Australiens. Amber, die kaum Personal beschäftigte, stand über eine Ecke der Kücheninsel gebeugt, um Gewürze in den Topf mit der heißen Schokolade zu rühren. Als Jane hereinkam, sah sie auf.
    «Geht’s ihm gut?»
    «Aalt sich in der Bewunderung der Leute.»
    «Ja, darin ist er ziemlich gut», sagte Amber. Sie meinte das nicht spöttisch. Amber war nie spöttisch.
    Am Abend zuvor war Ben höchst angespannt gewesen, bevor die Gäste zum Essen herunterkamen. Er hatte geknurrt, dass er zwar schon Theater gespielt habe, das sei aber über zwanzig Jahre her, und damals habe er außerdem nicht mit Requisiten aus einer Schüleraufführung und auch nicht mit miesen Amateuren arbeiten müssen.
    «Er war brillant, Amber. Es gab unheimlich viel Beifall. Na ja, so viel Beifall, wie man von ... Egal, man hätte denken können, das Publikum wäre viel größer gewesen.»
    Amber rieb sich müde über die Augen. Ihr schulterlanges aschblondes Haar wurde vom Licht der Halogenlampen rosa gefärbt. Sie war etwa fünfzehn Jahre jünger als Ben, also ungefähr Mitte dreißig, aber viel ... reifer als er.
    «Die Planung muss ja ewig gedauert haben», sagte Jane. «Zum Beispiel das mit den Glühstrümpfen ... ich wusste nicht mal, dass sie funktionieren.»
    Amber warf ihr einen sorgenvollen Blick zu. «Das Gas kommt aus diesen Gasflaschen. Ich denke lieber gar nicht an all die Vorschriften, die er missachtet hat. Und dann hat er auch noch an der Hauptsicherung herumgefummelt, damit das normale Licht nicht angeht ... Und wenn jetzt eine von den alten Damen die Treppe runtergefallen wäre?»
    «Na ja, ist ja nichts passiert. Es war toll.» Jane mochte es, wenn sich Amber bei ihr beklagte. Man beklagte sich schließlich nur bei Leuten, denen man vertrauen konnte. «Oh, und es war ein zusätzlicher Erfolg, dass nur einer auf den Mörder und das Motiv gekommen ist, also kostet es nur eine Flasche Champagner.»
    Amber blinzelte. «Du hast doch deine Mutter angerufen, oder?»
    «Ich habe meine Mutter angerufen. Und sie hat kein Problem damit, dass ich hier übernachte.»
    «Mir wäre es nämlich sehr unangenehm ...»
    «Sie hat kein Problem damit.»
    «Das ist sehr nett von dir, Jane», sagte Amber. «Das Mädchen, das wir vorher hatten, wollte samstagabends nicht arbeiten. Anscheinend will heutzutage kein Mensch mehr einen Wochenendjob.»
    «Wirklich, Amber», sagte Jane. «Das ist doch kein
Job.
»
    Es war mehr wie Ferien. Ein regelmäßiger Kurzurlaub zum Wochenende, und man wurde auch noch dafür bezahlt. Na ja, meistens jedenfalls.
    Zuerst hatte Jane gedacht, Amber wäre ein bisschen wie ihre Mom, aber inzwischen sah sie einen deutlichen Unterschied. Ambers Bescheidenheit erwuchs aus einem sehr gut entwickelten Selbstwertgefühl. Sie kümmerte sich

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