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Die Nacht Der Jaegerin

Die Nacht Der Jaegerin

Titel: Die Nacht Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Jedenfalls
hier.
Jane verspannte sich unwillkürlich, als sie an die vergangene Nacht dachte.
    «Schweine!» Ben stieg auf die Mauer, Dr. Kennedy fuhr hinter ihm vorbei, und der Regen trommelte auf die Schultern seines langen, schmalen Jacketts im edwardianischen Stil. Er ballte wütend die Fäuste. «Drecksäcke! Glaubt bloß nicht, ich wüsste nicht, wer ihr seid! Ich habe ... Ich habe euch gewarnt! Nicht auf meinem Land! Dieses Mal verarbeite ich euch zu
Hackfleisch
, verdammt!»
    Keine Reaktion. Ben blieb noch einen Moment auf der Mauer stehen, ballte die Rechte zur Faust und schlug sie in die linke Handfläche, stieg dann von der Mauer herunter und ging zum Haus zurück.
    «Hat man schon jemals gehört, dass er jemandem wieder entzogen wurde?»
    «Wie?» Jane beugte sich zu einer Pfütze hinunter und fischte ihr Rüschenhaarband heraus.
    «Der Waffenschein. Wann hat man schon jemals gehört, dass jemandem der Waffenschein entzogen wurde, weil er sich nicht an die Bestimmungen gehalten hat? Nie. Weil hier jeder verdammte Stadtrat gleichzeitig Bauer und Landbesitzer ist, wie dieser verdammte Dacre, und weil sie natürlich immer zusammenhalten. Diese Schweine. Ich habe ihnen gesagt, dass ich sie nicht auf meinem Land sehen will, dass sie hier keine Tiere abschießen dürfen und dass sie meine Gäste beunruhigen. Ich habe
nein
gesagt!»
    «Wer sind die denn?»
    Ben ging wieder zurück zur Veranda. «Irgend so ein Schützenverein. Glauben, sie können mich ignorieren, weil ich sowieso bald pleite mache, wie alle anderen vor mir. Aber die kennen mich nicht, Jane.»
    «Und die gehen bei diesem Wetter jagen?» Von Bens Streit mit dem Schützenverein hatte sie nichts gewusst.
    «Ich glaube, die haben einfach nur die Lichter und die Autos gesehen. Da wollten sie eine kleine Demonstration starten: Misch dich nicht bei uns ein, dann lassen wir dich in Ruhe. Die halten mich für ein Weichei. Einen Schisser. Für einen Kunstfuzzi aus London, heute hier, morgen schon wieder weg ...» Ben strich sich das nasse Haar aus der Stirn. «Aber die machen mir keine Angst. Die Hälfte von denen kommt nicht mal hier aus der Ecke. Das sind bloß Halbstarke, Jane. Beschränkte Muskelprotze. Null Raffinesse.» Mit einem Mal grinste er übers ganze Gesicht. «Da wo ich herkomme, da gibt’s
richtig
harte Kerle.»
    «Und wo ist das?»
    «Oh ... in der Stadt, natürlich. Die Leute vom Land halten sich gern für knallhart, weil sie ein Lamm aus dem Mutterschaf ziehen können und einen weiten Weg zur Bushaltestelle haben. Und weil sie auf ein Tier schießen und ihm beim Sterben zusehen können. Aber ist so was hart, Jane? Nennst du so was einen harten Kerl?»
    Jane verzog das Gesicht. «Ich finde die Jagd total krank und reine Geldverschwendung. Aber das finden auch eine Menge Leute auf dem Land.»
    «Wirklich?» Ben war entweder überrascht oder enttäuscht.
    «Kein Mensch hat es gerne, wenn eine Jagdgesellschaft durch seine Felder reitet oder versehentlich die Hauskatze erschießt. Die meisten sagen nichts, weil sie sich mit den Jagdvereinen nicht anlegen wollen. Die können nämlich ziemlich unangenehm werden. Die Leute vom Land streiten sich nicht gern.»
    Ben allerdings schon. Ben liebte dramatische Situationen und Auseinandersetzungen. Was ihn, wenn man es recht bedachte, zu einem Risikofaktor im Grenzland machte. Jane hatte nämlich ihre eigenen Vorstellungen von der Grenze und ihrer Bedeutung, ihrer
wahren
Bedeutung.
    «Du bist ein kluges Mädchen», sagte Ben. «Ich bin unheimlich froh, dass wir dich hierhaben. Amber ist unglaublich begabt und sehr ... vernünftig. Aber sie braucht Unterstützung. Und weil wir uns nur Teilzeitkräfte leisten können, dich und Natalie, bist du ...»
    Er beendete den Satz nicht.
    «Gestern Nacht waren sie sehr dicht am Haus», sagte Jane.
    «Wer war dicht am Haus?»
    «Die Leute von diesem Schützenverein. Sie haben einen einzelnen Schuss abgefeuert ... es klang, als stünden sie direkt vor dem Fenster.»
    «Wirklich», sagte Ben.

3  Wofür Fachärzte da sind
     
    Am Donnerstagmorgen wartete in der Kirche der Heilige Geist.
    Alice Meek vom Imbiss in der Old Barn Lane kümmerte sich um den Blumenschmuck für den Altar. Als ihre Stimme durch die Kirche klang, fühlte sich Merrily an krächzende Raben erinnert. «Meine Nichte, die in Solihull, hat in ihrer Kirche einen von diesen Alpha-Kursen mitgemacht, hab ich Ihnen das schon erzählt? Nach der Scheidung hat sie sich so leer gefühlt – die

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