Die Nacht Der Jaegerin
sind sie jetzt?»
«Wieder auf
The Nant.
»
Durch die Windschutzscheibe sah Merrily einen Polizisten von der Veranda kommen und in den Himmel hinaufblinzeln. Der Schnee fiel nun wieder spärlicher, als ob das Wetter mit ihnen spielen wollte.
«Und Clancy?»
«Immer noch bei Greta, mit ’ner Polizistin. Cliff Morgan schätzt, sie kommen morgen Vormittag mit ihr her, damit sie noch ’n bisschen Zeit zusammen ham, bevor sie ihre Ma nach Hereford bringen. Ob Nat wohl einigermaßen glimpflich davonkommt? Mit ’ner leichten Strafe? Wenn sie zum Beispiel ’nen guten Grund hatte? Sebbie war schließlich nich grade ’n netter Typ.»
Merrily zitterte in Janes abgetragenem Dufflecoat und zog ihren Schal enger um den Hals. Offenkundig wusste Gomer nicht, dass es um Brigid Parsons ging, und die Chancen, dass sie dieses Mal überhaupt wieder aus dem Gefängnis kam, waren ziemlich gering.
«Weiß die Polizei, dass sie Hatties Enkelin is, Frau Pfarrer?»
«Ich vermute, für die Polizei ist dieser Fall schon abgeschlossen.»
Die Vorhänge im Salon des Hotels waren zum Verhör der Hauptverdächtigen zugezogen worden.
«Nichts, was hier in der Gegend passiert, is jemals wirklich abgeschlossen. Das wissen Sie», sagte Gomer.
Das Portal der Kirche war abgeschlossen, und in der Vorhalle war nichts außer den Sitzbänken an der Seite, dem schwarzen Brett der Gemeinde und einem Gestell mit Broschüren.
«Zufrieden?», fragte Dexter.
Lol konnte Dexter nicht sehen, aber er spürte die Anwesenheit seines massigen Körpers hinter sich und bekam ein klaustrophobisches Gefühl. Ein letztes Mal ließ er den Strahl der Taschenlampe herumwandern.
«Du bist schon ein komischer Vogel, Lol. Was bedeutet sie dir denn?»
«Alice?»
«Oder wertest du mit so was dein Punktekonto bei der Pfarrerin auf? Damit du ihr unter den, wie heißt das Ding nochmal ... unter die Soutane kriechen darfst?»
«Daran wird’s wohl liegen», sagte Lol knapp.
Am liebsten hätte er Dexter die Taschenlampe ins Gesicht gerammt. Stattdessen knipste er sie aus, sodass ihn Dexter nicht beim Nachdenken beobachten konnte. Als Dexter vor dem Fenster der Spülküche aufgetaucht war, war er vom Obstgarten aus über den Rasen gekommen und dann auf demselben Weg zurückgegangen, sodass er den Friedhof überquert haben musste.
Lol schaute hinüber zu dem Pfad Richtung Friedhof und stellte fest, dass er das Tor nicht sehen konnte. Normalerweise reflektierten die Metallstreben das Licht der Lampe an der Umfassungsmauer.
Die Lampe brannte nicht mehr. Lol spähte angestrengt in die Richtung, in der das Tor sein musste. Normalerweise sah man die Beleuchtung des Marktplatzes und den Umriss des
Black Swan
, der sich gegen das Licht abhob.
«Der Strom ist ausgefallen.»
«Ist ja ’ne Riesenüberraschung», sagte Lol.
Das musste ja irgendwann passieren. Manchmal dauerte es nur ein paar Minuten, aber normalerweise waren es eher drei oder vier Stunden. Und gelegentlich, zum Beispiel bei solchem Wetter, zwei oder drei Tage.
Lol knipste die Taschenlampe wieder an. «Ich hoffe bloß, dass das Telefon noch funktioniert. Willst du jetzt auf dem Fußweg durch den Obstgarten nach ihr suchen oder gleich die Polizei rufen?»
«Das ist doch nicht dein Problem. Du kannst genauso gut heimgehen. Ich rufe sie vom Bungalow aus an.»
«Okay.» Lol würde bei der Polizei anrufen, sobald er zurück im Pfarrhaus war. «Na dann ... ich hoffe, es ist alles in Ordnung mit ihr.»
«Die ist ein zähes altes Luder», sagte Dexter. «Hey ...»
«Was?»
«Bums die Pfarrerin mal für mich durch.» Dexter kicherte.
«Nacht, Dexter.» Lol ging zurück auf den Friedhof.
«He ... das ist der falsche Weg.»
«Ich gehe hinten rum durch den Obstgarten zum Pfarrhaus.»
«Mach das lieber nicht. Ist verdammt gefährlich, verstehste, mit dem ganzen ...»
«Ach, ich bin da schon tausendmal durchgegangen. Und auf dem Weg kann ich auch noch die Tür auf der anderen Seite der Kirche überprüfen. Man kann schließlich nie wissen, oder?»
Aber er wusste es jetzt. Er ging so schnell wie möglich durch den tiefen Schnee und lauschte dabei auf Dexters Keuchen hinter sich, aber es kam nicht. Er drehte den Kopf der Taschenlampe, um einen breiteren Lichtstrahl zu bekommen, und die Grabsteine tauchten wie Baumstümpfe eines abgeholzten Waldes im Schnee auf, der die Grabeinfassungen und die Blumenschalen unter sich begraben hatte.
Auch der Weg war nicht mehr zu erkennen, und Lol musste überlegen,
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