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Die Nacht Der Jaegerin

Die Nacht Der Jaegerin

Titel: Die Nacht Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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zwischen welchen Gräbern, über die schwer und tief die verschneiten Äste alter Apfelbäume hingen, er entlanggehen sollte.
    Als er das Atmen hörte, blieb er stehen.
    Es kam von vorne, und es war sehr laut, es klang beinahe wie absichtlich übertrieben und dabei trotzdem sehr unheimlich – wie von einem Vampir. Dort zwischen den Gräbern war etwas Lebendiges.
    Dexter. Dexter war auf der anderen Seite um die Kirche herumgelaufen und ließ ihn nun wissen, dass er auf ihn lauerte. Lol hatte Dexter angelogen – er war diesen Weg erst einmal oder zweimal gegangen und noch dazu im Hochsommer. Er drehte sich um und schrammte dabei über eine zugeschneite Grabeinfassung. Vor Schmerz zuckte er zurück. Dann leuchtete er mit der Taschenlampe und hatte eine weiße Wand vor sich. Eine unüberwindliche Schneeverwehung. Als er nach rechts leuchtete, sah er eines der alten, umgestürzten Grabmäler, ebenfalls völlig zugeschneit.
    Aber was die Form eines umgefallenen, verwitterten Steinengels hatte, atmete.
     
    Antony Largo trug Jeans und wirkte lebhafter und jünger, als Jane ihn in Erinnerung hatte. Mit großen Schritten durchmaß er die Küche.
    «Und wie sind Sie empfangen worden, Matt?»
    Matthew Hawksley dachte einen Moment nach. «Sie war höflich und zuvorkommend ... aber ich erwarte lieber nicht zu viel.»
    «Das macht sie nicht», sagte Jane. «Sogar ein sogenannter Kleiner Exorzismus erfordert total viel Vorbereitung. Das kann Tage dauern. So was machen sie nicht, bevor sie es nicht
ewig
mit allen möglichen Leuten durchdiskutiert haben. Und in diesem Fall müsste sie sich auch noch beim Bischof grünes Licht holen.»
    «Nun ja», sagte Antony philosophisch. «Es geschieht, was geschehen soll.»
    Doch Jane wusste, dass er nach all der Mühe, die ihn die Fahrt nach Stanner gekostet haben musste, nicht aufgeben würde. Nach ihrem Telefonat hatte er einen Typen angerufen, der Filmproduktionen mit Autos ausstattete, und ihm ein schweres Allradfahrzeug aus den Rippen geleiert, das er Antony augenblicklich zur Verfügung stellen sollte. Anscheinend war das Geldbündel, mit dem er gewinkt hatte, dick genug gewesen, denn bald war er in einen riesigen Monster-Shogun gestiegen und dann in einer Gewalttour von London aus über Gloucester und Ross durch die Schneehölle nach Stanner gefahren.
    «War eine Scheißfahrt, und als ich ankam, wollten mich die verdammten Bullen zuerst nicht mal reinlassen.»
    «Die haben dich für einen von der Presse gehalten», hatte Ben mit einem Seitenblick auf Amber gesagt, die am Herd stand und Suppe kochte und all die Leute in ihrer Küche nicht ausstehen konnte. «Ich schätze, wir werden ziemlich viel improvisieren müssen.»
    Ben hatte verunsichert reagiert, als er mitbekam, dass Natalie verhört wurde. Jane und Amber hatten verabredet, nicht über das zu sprechen, was sie von Beth Pollen erfahren hatten, und sei es nur, weil Antony zurückgekommen war. Okay,
Mitternachtsfrauen
war inzwischen Fernsehgeschichte, aber wenn er Natalies wahre Identität aufdeckte, würde ihn garantiert nichts mehr aufhalten,
gar nichts.
    Was für ein Spannungsmoment. Was für ein aktueller Aufhänger.
    «Ich weiß nicht, wie es euch geht», sagte Ben, «aber ich hoffe bloß, dass sich das als schrecklicher Irrtum herausstellt.»
    «Tja», sagte Antony, «wer auch immer dieser Sebastian Dacre war, er hat uns einen Aufreger geliefert, den wir
auf keinen Fall
ignorieren dürfen.»
    «Antony, alle sind völlig erschöpft, fassungslos und niedergeschlagen ...»
    «Falsch», sagte Antony. «Alle sind wie
elektrisiert.
»
     
    Im Halbdunkel wirkte der Speisesaal wie eine baufällige Kapelle – am einen Ende ein kalter Kamin, am anderen dieses erhabene Buntglasfenster.
    Die Tür zur Eingangshalle stand offen. Bliss hatte schon auf Merrily gewartet, als sie mit Gomer ins Hotel zurückgekommen war.
    «Wir postieren uns direkt vor den beiden Türen zum Speisesaal, Merrily.»
    «Erzählen Sie es mir noch einmal. In allen Einzelheiten.»
    «Wir
haben keine
Einzelheiten. So weit sind wir noch nicht.»
    «Dann sagen Sie mir einfach, was Sie wissen.»
    «Sie gibt den Mord an Dacre zu – das ist alles. Sie hat immer wieder gesagt: ‹Ich habe ihn umgebracht, was wollen Sie sonst noch von mir hören?› Und ich: ‹Ich möchte wissen, warum Sie es getan haben.› Darauf sie: ‹Das würden Sie nicht verstehen.› Und dann, nachdem sie ein bisschen nachgedacht hatte, meinte sie noch: ‹Wenn Sie mir den einen oder anderen

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