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Die Nacht der Wölfe

Die Nacht der Wölfe

Titel: Die Nacht der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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den Favoriten, auch ein Fallensteller, den sie nur vom Sehen kannte, und Matthew, über dessen Teilnahme es keine Diskussionen gegeben hatte. Beim Alaska Frontier Race konnte jeder mitmachen, auch Indianer, Chinesen und andere »Ausländer«. Dolly nahm ebenfalls an dem Rennen teil, obwohl sie, wie sie sagte, »von der Hochzeitsnacht noch geschwächt war« und in den Wochen danach hart gearbeitet hatte. Clarissa hatte nur ein paarmal ausgeholfen. »Scher dich zum Training!«, hatte Dolly jedesmal gesagt, wenn sie gekommen war. »Wenn du gewinnst, haben wir die beste Werbung, die man sich vorstellen kann. Arbeiten kannst du später noch genug.«
    Die Nacht vor dem Start verbrachten alle Teilnehmer im neuen Fairbanks Hotel. Ein Unternehmer aus Kalifornien hatte es in Rekordzeit errichten lassen und stellte die Zimmer kostenlos zur Verfügung. Beim Empfang am Abend vor dem Rennen hielt er eine Rede, die beinahe so salbungsvoll wie die Ansprache von Reverend O’Neill bei der Hochzeit klang, und ließ die Startnummern von seiner hübschen Tochter ziehen. Clarissa erwischte die Nummer Zwei. Gestartet wurde in zweiminütigen Abständen, und unterwegs galt das Gesetz, jeden Musher, der überholen wollte, vorbeifahren zu lassen.
    »Möge der Beste gewinnen!«, schloss er und fügte schnell hinzu: »Oder die Beste!«
    Nach dem gemeinsamen Abendessen verschwand Clarissa ziemlich bald auf ihr Zimmer. Mit dem Becher Tee, den sie aus dem Speisesaal mitgenommen hatte, trat sie ans Fenster und blickte über die Stadt hinweg, bewunderte den klaren Sternenhimmel, an dem sie sich auch nach vielen Jahren in der Wildnis noch nicht sattgesehen hatte, und sah das flimmernde Nordlicht über den fernen Bergen.
    Sprach Alex zu ihr? Wollte er ihr mitteilen, dass es keinen Zweck mehr hatte, auf ihn zu warten? Hörte sie ihn sagen: »Nun stell dich nicht so an, Clarissa! Gewinn das Rennen und und blicke endlich nach vorn!«
    Das langgezogene Heulen eines Wolfes ließ sie aufhorchen. Es war so laut und durchdringend, als stünde der Wolf direkt vor dem Haus und sein Heulen würde als vielfaches Echo durch die Stadt getragen. »Bones?«, flüsterte sie. Sie stellte den Becher auf die Fensterbank und presste beide Hände gegen die Scheiben.
    Wieder heulte der Wolf, und diesmal fielen auch andere Wölfe in sein Heulen ein, und plötzlich heulten alle Huskys der Stadt, und die Luft war von einem vielstimmigen Konzert erfüllt, wie es Clarissa weder in der Wildnis noch in einer zivilisierten Gegend jemals gehört hatte. Lauter als das Nebelhorn in der Bucht von Vancouver, eindringlicher als der Brunftschrei eines Hirsches, nachhaltiger als die Stromschnellen des Yukon bei Dawson City.
    Clarissa wusste nicht, ob die anderen die Wölfe hörten, das Heulen der Huskys vernahmen sie allemal, denn plötzlich gingen überall Türen auf, und verdutzte Bürger traten teilweise leicht bekleidet aus den Häusern und Zelten und versuchten ihre Hunde zu beruhigen.
    »Was ist denn plötzlich in die gefahren?«, hörte sie jemand rufen. Ein anderer schimpfte: »Was soll das Geheul? Haltet endlich die Klappe, bei dem Lärm kriegt man ja kein Auge zu!«
    Clarissa schob das Fenster hoch und blickte in die Seitengasse, die auf ihrer Seite von der Hauptstraße abzweigte. Sie glaubte Bones zu sehen, wie er im Lichtschein einer Laterne stehen blieb und ihr zulächelte. Er lächelte tatsächlich, zumindest kam es ihr so vor, und sie lächelte zurück und sagte: »Bones! Ich danke dir!«, obwohl sie noch gar nicht wusste, was sein Lächeln zu bedeuten hatte. Dann lief er in die Dunkelheit davon, das Jaulen der Wölfe verstummte, und auch die Huskys schwiegen. Die Leute kehrten beruhigt in ihre Häuser zurück.
    Nur Clarissa sah den alten Indianer, der seinen Schlitten über die Front Street steuerte; auf der Ladefläche lag ein größeres Bündel, das sie nicht erkennen konnte. »Alex!«, flüsterte sie ergriffen. »Mein Gott … Alex!«
    Sie stürmte aus dem Zimmer, konnte von Glück sagen, dass sie wenigstens einigermaßen angezogen war, rannte die Treppe hinunter und aus dem Haus. Auf dem Trittbrett stand John, der alte Indianer, der sie von dem steilen Hang gerettet hatte. Er lächelte. »Alex!«, sagte er. »Ich bringe Ihnen Alex zurück! Ich habe ihn in einer Höhle in den Bergen gefunden. Er ist ein zäher Bursche, das muss man ihm lassen, aber jetzt braucht er dringend einen Arzt.«
    Clarissa beugte sich zu Alex hinab. Er war nicht bewusstlos, aber benommen und

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