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Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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Gewehren zu tun gehabt, auf Gewehre und Jäger musste man gefasst sein, wenn man einen unbekannten Wald durchstreifte. Aber dies war Stonehaven. Hier war es sicher.
    Ein weiterer Schuss krachte. Ich ließ die Ohren spielen. Die Schüsse waren von Norden gekommen. Irgendwo im Norden lagen Obstplantagen. Verwendete der Farmer eins dieser Geräte, die Schussgeräusche nachahmen, um die Vögel zu verscheuchen? Das musste es sein. Entweder dies, oder jemand jagte auf einem Nachbargrundstück. Die Wälder von Stonehaven waren durch Zäune und Schilder markiert. Die Anwohner respektierten die Grenzen. Sie hatten sie immer respektiert. Jeremys Ruf bei den Einheimischen hatte nicht seinesgleichen. Er war vielleicht nicht der geselligste aller Grundbesitzer, aber er wurde geachtet.
    Ich machte mich auf den Weg nach Norden, um der Sache auf den Grund zu gehen. Ich war keine drei Meter weit gekommen, als Clay mir in den Weg sprang. Er knurrte. Es war kein spielerisches Knurren. Ich starrte ihn an und fragte mich, ob ich ihn missverstanden hatte. Er knurrte wieder, und diesmal war ich mir sicher. Es war eine Warnung. Ich legte die Ohren an und fauchte. Er versperrte mir den Weg. Ich verengte die Augen zu Schlitzen und starrte ihn an. Ganz offensichtlich war ich zu lange fort gewesen, wenn er sich einbildete, er könne mich herumkommandieren, wie er es bei den anderen tat. Wenn er vergessen hatte, wer ich war, dann war ich durchaus bereit, sein Gedächtnis aufzufrischen. Ich zog die Lefzen zurück und knurrte eine letzte Warnung. Er wich nicht zurück. Ich stürzte mich auf ihn. Er kam mir mitten im Sprung entgegen, und der Zusammenprall verschlug mir den Atem. Als ich wieder klar denken konnte, lag ich am Boden, und Clays Zähne waren in der losen Haut an meinem Hinterkopf vergraben. Ich war wirklich aus der Übung.
    Clay knurrte und schüttelte mich grob, als sei ich ein unartiger Welpe. Nach ein paar Wiederholungen ließ er los und trat zurück. Ich stand mit so viel Würde auf, wie ich zu Stande brachte. Ich war noch nicht ganz auf den Füßen, als Clay mich mit der Schnauze ins Hinterteil stieß. Ich drehte den Kopf und warf ihm einen gereizten Blick zu. Er stieß mich wieder, versuchte mich in die entgegengesetzte Richtung zu treiben. Ich ließ mich fast eine Viertelmeile weit darauf ein, wich dann plötzlich zur Seite aus und versuchte an ihm vorbeizukommen. Sekunden nachdem ich an ihm vorbeigejagt war, landeten zweihundert Pfund auf meinem Rücken, und ich knickte im Schlamm ein. Clays Zähne gruben sich in meine Schulter, tief genug, dass es blutete und Schmerz und Schock wie ein Stich durch mich hindurchgingen. Diesmal ließ er mich nicht einmal ganz auf die Füße kommen, bevor er mich zum Haus zurückzutreiben begann; wenn ich Anstalten machte, langsamer zu werden, schnappte er nach meinen Beinen.
    Clay trieb mich bis zu der Lichtung, wo ich mich verwandelt hatte, und verzog sich für seine eigene Wandlung auf die andere Seite des Dickichts. Meine Rückverwandlung ging noch überstürzter vonstatten als meine Wandlung. Aber diesmal brauchte ich danach keine Zeit zum Ausruhen – die Wut lieferte mir die nötige Energie. Ich zog hastig meine Kleider über, wobei ich den Ärmel meiner Bluse zerriss, und stürmte hinaus ins Freie. Clay wartete bereits, die Arme verschränkt. Er war nackt – natürlich, denn seine Kleider lagen auf irgendeiner Lichtung tief im Wald. Nackt war Clay noch vollkommener als angezogen – der Fleisch gewordene Traum eines griechischen Bildhauers. Bei seinem Anblick ging eine langsame Hitzewelle durch mich hindurch und mit ihr Erinnerungen an andere Ausflüge und ihr unvermeidliches Nachspiel. Ich verfluchte meinen Körper für den Verrat und ging entschlossen auf Clay zu.
    »Was bildest du dir eigentlich ein?«, schrie ich.
    »Ich? Wieso ich? Ich war doch nicht der Idiot, der auf einen Mann mit einem Gewehr zugerannt ist. Wo hast du eigentlich deine Gedanken, Elena?«
    »Komm mir nicht mit dem Blödsinn. Ich hätte das Grundstück nicht verlassen, das weißt du genau. Ich war einfach neugierig. Ich bin seit einer Stunde zurück, und du probierst's schon wieder. Probierst aus, wie weit du mich treiben kannst, wie weit du kontrollieren kannst –«
    »Diese Jäger waren auf dem Grundstück, Elena.« Clays Stimme war leise; er sah mir direkt in die Augen.
    »Ach, das ist doch kompletter –« Ich brach ab und sah ihm ins Gesicht. »Du meinst das ernst, oder? Jäger? Auf Jeremys Land? Sag mal,

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