Die Nacht trägt dein Gesicht
niemand erfährt, wo sie sich aufhält.«
»Dein Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben. Ist sie berühmt?«
Jon nickte. »Gemma Hunter.«
»Die Schauspielerin?«
»Genau die.«
»Ich hätte sie nicht erkannt«, murmelte Dr. Jayce nachdenklich.
»Das haben wir ihrem Scheißkerl von Ehemann zu verdanken.«
»Diesem Rockstar? Ich habe davon im Fernsehen gehört. Sie sollte sich von diesem Typen trennen. Hast du die Polizei eingeschaltet?«
Jon hob abwehrend die Hände. »Keine Chance , Doc, zu viel Aufsehen. Ich kann nur hoffen, dass sie endlich die Reißleine zieht.«
»Dann zeig ihr, wo der Fallschirm hängt.«
***
Gemma erwachte aus einem tiefen Traum, an den sie sich nicht mehr richtig erinnern konnte. Irgendetwas von einem Fahrstuhl und einem Haus mit silbernen Dachschindeln.
Sie versuchte sich zu bewegen, fuhr jedoch sofort zusammen, als ein stechender Schmerz durch ihren Körper schoss. Ein lautes Stöhnen drang aus ihrem Mund, sie war noch nicht mal in der Lage, den Kopf zu heben, um zu schauen, wo sie war. Ihr Mund fühlte sich staubtrocken an, als hätte sie kiloweise Sand geschluckt. Ein Hustenreiz stieg in ihrem Hals auf und ließ sie husten, da öffnete sich die Zimmertür und jemand betrat den Raum, so viel konnte sie vom Bett aus erkennen. Zu hören waren Schritte, die näherkamen, und als ein Gesicht in ihr Blickfeld trat, atmete sie erleichtert aus.
»Jon, wo bin ich hier?«, fragte sie leise.
»In meinem Haus, Mrs Hunter.« Er hielt ihr ein Glas Wasser an die Lippen. »Nur ganz kleine Schlucke. Warten Sie, ich helfe Ihnen auf.« Er stützte ihren Rücken, sodass Gemma sich vorsichtig aufsetzen konnte, um zu trinken.
»Danke«, nickte sie ergeben, als sie fertig war. »Was mache ich in Ihrem Haus, Jon? Was ist passiert?«
In gebührendem Abstand setzte er sich zu ihr auf die Bettkante. »Theo Carter ist passiert. Sie sollten ihn wirklich anzeigen und verlassen. Ich weiß, es geht mich nichts an, Mrs Hunter, aber wäre ich nicht dazwischengegangen, dann ... es ist nicht meine Art mich einzumischen. Der Auftrag lautete zu beschützen, nicht zu belehren.« Jon verstummte.
Gemma mied verlegen seinen Blick. Sie wusste, dass er recht hatte. Jon war ein Angestellter, mehr nicht , und Theo nun mal ihr Mann, auch wenn sie sich manchmal gewünscht hätte, es wäre andersherum.
»Wie lange habe ich geschlafen?«
»Einen ganzen Tag.«
Sie seufzte tief. »Ich kann mich nicht so einfach scheiden lassen, als wäre ich eine ganz normale Frau. Der Skandal würde meine Karriere ruinieren. Ich bin das alles so leid.«
» Lieber die Karriere, als Ihr Leben.«
***
Mittlerweile hatte sie wieder die Augen geschlossen und sich zurückgelehnt. Sie schien zu schlafen. Es war schon weit nach Mitternacht. Wie sie so da lag mit ganz entspannten Zügen, konnte Jon sie in Ruhe betrachten. Trotz ihrer Verletzungen war sie wunderschön. Ihr kastanienbraunes Haar breitete sich auf dem Kopfkissen aus wie ein Fächer. Das zarte Gesicht mit der elfenbeinfarbenen Haut schien, von den Verletzungen abgesehen, makellos, die braunen Augen waren jetzt zwar geschlossen, aber er wusste, dass sie mit goldenen Sprenkeln durchsetzt waren, die sie manchmal bernsteinfarben leuchten ließen, wenn sie das Licht einfingen. Sie hatte hohe Wangenknochen, eine gerade kurze Nase und Lippen, die man einfach nur küssen wollte. Es war kein Wunder, dass die ganze Welt Gemma Hunter zu Füßen lag und sie als Schauspielerin in den Himmel lobte. Sie hatte zwei Oscar-Nominierungen und vermutlich sogar eine dritte, die Entscheidung stand in Kürze an.
Seit einem Jahr arbeitete Jon als Personenschützer für Gemma Hunter, nachdem ein Fan es geschafft hatte, sich in ihr Auto zu schmuggeln. Er wollte zwar nur ein Autogramm, doch hatte dieser Zwischenfall Gemma dermaßen aus der Fassung gebracht, dass sie Jon als ständigen Schutz engagiert hat. Somit wurde er regelmäßig unfreiwilliger Zeuge der Auseinandersetzungen zwischen Gemma und ihrem Mann, dessen Angriffe mit jedem Mal heftiger wurden. Doch das hatte seit heute ein Ende. Er würde Gemma nicht eher gehen lassen, bis sie bereit war, Carter anzuzeigen.
***
Als Gemma erwachte, saß Jon immer noch neben ihrem Bett, auf einem Stuhl, den er sich wohl herangezogen hatte. Er schlief, hatte die Arme gekreuzt, das Kinn war ihm auf die Brust gefallen. Sein Atem ging ruhig und auf seinen Wangen schimmerte ein dunkler Bartschatten vom Vortag.
Jon war ein sehr gepflegter Mann, ging es Gemma durch
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