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Die Nacht von Sinos

Die Nacht von Sinos

Titel: Die Nacht von Sinos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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fragte Sarah.
    »Hier ist weit und breit niemand mit der richtigen Ausrüstung, und außerdem hält er es nicht mehr so lange aus. Es kommen immer noch Eisenbrocken auf ihn herunter. Wenn das einmal angefangen hat, kann das ganze, verdammte Ding zusammenbrechen.«
    Da Yassi kaum Englisch konnte, sprachen wir Griechisch. Jetzt richtete er sich auf und sagte sehr ruhig: »Dann kann man nichts mehr machen. Es wäre eine Gnade gewesen, wenn Sie ihm den Luftschlauch durchgeschnitten hätten, Mr. Savage.«
    Es dauerte zwar einen Augenblick, aber dann hatte ich sie, die einzig mögliche Lösung. Ich sprang auf.
    »Der Helm, den dein Vater hat, ist doch viel neuer als die übrige Ausrüstung. Der hat doch ein Notventil, nicht wahr?«
    »Stimmt, Mr. Savage.«
    Ich drehte mich zu Sarah um und sagte auf griechisch: »Die modernen Taucherhelme haben ein Sicherheitsventil, das sich automatisch schließt, sobald die Luftzufuhr aussetzt, ebenso schließt sich das Auslaßventil. Das heißt, daß der Taucher dann immer noch die Luft in seinem Anzug zur Verfügung hat.« »Und wie lange hält die vor?«
    »Im seichten Wasser ungefähr acht Minuten, aber es wird rasch weniger, je tiefer man geht. Bei fünfundvierzig Meter müßten es gut zwei Minuten sein.« Ich war plötzlich ganz aufgeregt. »Und zwei Minuten müßten reichen.« »Wofür?«
    »Um ihn an die Oberfläche zu schaffen«, erklärte ich geduldig. »Er braucht nur eine neue Rettungsleine, dann kann ich seinen Luftschlauch durchschneiden. Das Ventil schließt sich automatisch, und Yassi und Abu holen ihn, so rasch es ihnen möglich ist, herauf.«
    Jetzt machte Yassi ein bedenkliches Gesicht. »Aber wie wollen Sie zu ihm kommen, Mr. Savage? Das verstehe ich nicht.«
    »Ich tauche frei hinunter, fünfundvierzig Meter habe ich schon oft geschafft.«
    Ich sah den Hoffnungsschimmer in seinen Augen und sagte ihm nicht, daß ich sofort wieder heraufkommen mußte. Aber ich glaube, Sarah kannte mich besser als ich mich selbst kannte.
    Sie drehte mich herum. »Seitdem hast du aber manchen Whisky getrunken, Savage, stimmt's?« »Keine Widerrede, ich muß es versuchen.« Aber sie hatte recht. Wenn ich Glück hatte, schaffte ich vielleicht die Hälfte dieser Tiefe aus eigener Kraft. Ich drehte mich um und stolperte über einen alten Sandanker - einen Zentner Stein, glatt gerieben im Laufe vieler Jahre, mit einem Loch für eine Leine. Mehr brauchte ich nicht.
    »Der Stein wird mich hinunterziehen«, sagte ich zu Yassi. »Zieh mir eine Leine durch und leg mir eine andere zurecht, die ich mitnehmen kann.«
    Diese Technik ist uralt und wird immer noch von den Perlentauchern in Japan und auf den Inseln Polynesiens benutzt. Auch ein paar arabische Taucher im Roten Meer arbeiten auf diese Weise noch in dreißig Meter Tiefe.
    »Du mußt verrückt sein.« Sarah packte meinen Arm. »Wir sind nicht in Alexandria. Das hier ist nicht deine Sache.«
    Das stimmte natürlich. Ich hatte Ciasim vergeblich gewarnt, aber darum ging es jetzt nicht. »Er ist ein Freund, mein Engel«, sagte ich. »Ein Mann, der mir nähersteht als die meisten anderen, die mir jemals begegnet sind. Wenn ich nicht tauche und er da unten elend umkommt, bin ich erledigt. Dann kann ich mir gleich die Gurgel durchschneiden.«
    Ihre Augen wurden riesengroß. Sie starrte mich an, dann seufzte sie, und es klang wie ein leiser Wind, der in der Abenddämmerung durch die Zweige streicht. »Ich hätte es wissen sollen.«
    »Nun weißt du es. Komm mit, ich hab' eine sehr wichtige Aufgabe für dich.«
    Ich rief auch Yassi herbei, dann stiegen wir über die Reling hinüber auf die ›Gentle Jane‹ und betraten die Deckskajüte, in der ich meine Taucherausrüstung lagerte. Ich schaltete die Generatoren ein, schloß die transportable Dekompressionskammer an und zog sie heraus.
    »In dem Augenblick, wo er auftaucht, nehmt ihm den Anzug ab und schafft ihn hier hinein.« Ich sah Yassi an. »Das mußt du mir versprechen, er wird sonst sterben.«
    »Ich schwöre es, Mr. Savage. Wie lange?«
    Ich stellte auf einem Notizblock eine rasche Berechnung an. Bei fünfundvierzig Meter brauchte er mindestens sechsundfünfzig Minuten Druckausgleich. Er war über eine Stunde unten, und ich mußte die Geschwindigkeit berücksichtigen, mit der er auftauchen würde. Dann würde sein Blut schäumen wie Sodawasser.
    »Drei Stunden« - sagte ich. »Und achtet darauf, daß der Druck in der Kammer genau nach meinem Plan herabgesetzt wird, das ist sehr

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