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Die Nacht von Sinos

Die Nacht von Sinos

Titel: Die Nacht von Sinos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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»Jack, Yanni Kytros war wegen heute abend hier. Ich hab' nichts davon gewußt.«
    »Kannst du auch nicht, Morg. Das hab' ich erst gestern abend übernommen. Was hat er gesagt?«
    »Er meinte, du wärst nicht fit. Er müßte sich nach einem anderen umsehen.«
    Ich setzte mich auf und schwang die Beine über die Bettkante. »Den Teufel wird er! Geh zu ihm, Morg, und sag ihm, er soll die Kisten holen und aufladen. Tausend Dollar sind immerhin tausend Dollar.«
    Im Hinausgehen nickte er Sarah zu, aber die übersah ihn einfach. »Was hast du vor?« fragte sie.
    Mir ging es wieder viel besser. Ich öffnete eine Schublade und holte eine saubere Hose und ein Hemd heraus. »Ach, nur einen kleinen Auftrag für Kytros. Nicht der Rede wert. Reine Routinesache.«
    »Ich kann mir schon vorstellen, wie bei dir eine Routinesache aussieht.« Sie half mir, das Hemd zuzuknöpfen. »Vielleicht darf ich dich darauf hinweisen, daß du für die nächsten zwei Tage Bettruhe verordnet bekommen hast.«
    »Hat keinen Sinn.« Ich nahm sie in die Arme. »Ich hab' immer geglaubt, die Frauen zu kennen, und ich hab' weiß Gott genug davon gekannt, aber bei dir hab' ich jetzt den Eindruck, das Beste in meinem Leben versäumt zu haben.«
    Sie gab mir einen leidenschaftlichen Kuß. In diesem Augenblick erschien Aleko hinter ihr in der Tür. Er blieb mit ausdruckslosem Gesicht stehen und trat erst näher, als wir uns voneinander lösten.
    Er streckte die Hand aus. »Wenn ich etwas ehrlich bewundere, Captain Savage, dann ist es Mut. Und Sie haben ihn.«
    Es entstand ein verlegenes Schweigen. Er wandte sich an Sarah. »Wir müssen jetzt wirklich gehen, meine Liebe. Oder hast du vergessen, daß wir Gäste haben?« Er zögerte, dann fügte er zu mir gewandt hinzu: »Vielleicht dürfte ich Sie auch einladen? In Anbetracht der Umstände wäre das nur angemessen. Sarah hat mir ihre Absichten ihnen gegenüber zu erkennen gegeben. Wenn ich recht verstehe, wollen Sie so bald wie möglich nach England zurückkehren.«
    Er sagte das so steif und pedantisch, daß ich ihm am liebsten ins Gesicht gelacht hätte. Aber das wollte ich nicht.
    »Sehr freundlich von Ihnen«, entgegnete ich ebenso formell. »Aber ich habe leider heute abend schon etwas anderes vor.«
    »Schade, dann vielleicht ein andermal.«
    Er stieg wortlos die Leiter hinauf. Sarah fragte: »Wann läufst du aus?«
    »Das weiß ich noch nicht genau. Nach Einbruch der Dunkelheit, aber nicht zu spät. Es ist eine Tour von drei bis vier Stunden.«
    Sie nickte zerstreut, dann tätschelte sie mir die Backe. »Paß gut auf dich auf.«
    Auf der Treppe drehte sie sich noch einmal um. »Für einen Mann, der angeblich seine Nerven verloren hat, hast du dich ganz gut gehalten. Ich bin sehr stolz auf dich.«
    Ich stand da und wußte ganz plötzlich, was ihre Worte bedeuteten. Ich hätte laut schreien mögen, so gewaltig war die Energie, die auf einmal in mir frei wurde, eine lang aufgestaute Energie, die seit Alexandria von meiner neurotischen Angst beherrscht wurde.
    Fühlte ich vielleicht unbewußt, daß ich meine Schuld gegenüber dem armen Morg nun abgetragen hatte? Auf diese Frage konnte es keine Antwort geben. Es kam nur darauf an, daß ich jetzt keine Angst mehr hatte. Etwas war anders geworden.
    Ich stieg hinauf an Deck und ließ mich von der angenehmen Abendsonne wärmen. Seltsam, aber das Leben begann von neuem, ich fühlte es wieder in mir.
    Ciasim rief mir vom Strand her zu. Als ich mich umdrehte, sah ich, daß die ›Seytan‹ halb aus dem Wasser gezogen war und er barfuß daneben stand. Ich kletterte auf die Mole hinüber und ging auf die steinerne Treppe zu, die auf den Strand hinabführte. Aber er kam mir zuvor. Er umarmte mich, gab mir einen Kuß auf jede Backe und hielt mich dann auf Armeslänge von sich weg.
    »Was willst du, eine Hand oder meinen rechten Arm?«
    Das war eine alte türkische Redensart, aber in diesem Augenblick ziemlich wörtlich gemeint.
    »Vielleicht hörst du das nächste Mal auf mich«, sagte ich. Ich hab' dich ja vor dem Wrack gewarnt.«
    »Es war nur Pech, zweimal kommt das nicht vor.«
    »Du willst es also wieder versuchen?«
    »Warum nicht?«
    Jede Widerrede wäre sinnlos gewesen. Ich nahm daher eine seiner billigen türkischen Zigaretten, und wir setzten uns auf die niedrige Steinmauer.
    »Ist bei dir wieder alles in Ordnung?« fragte er. »Scheint jedenfalls so, wenn man überlegt, daß deine Nerven angeblich kaputt sind.«
    »Fang nicht wieder damit an.«
    Er wechselte

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