Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nacht von Sinos

Die Nacht von Sinos

Titel: Die Nacht von Sinos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
Jetzt, für mich, für das Leben, solange ich es festhalten kann.«
    Da war sie auf einmal wieder, die alles entscheidende Frage, und ich konnte ihr nicht mehr ausweichen: »Und wie lange wird das sein?«
    »Ich habe chronische Leukämie, aber es gibt schlimmere Abarten. Mindestens fünf Jahre, auch zehn, wenn ich Glück habe.« Es wurde still zwischen uns. Nach einer ganzen Weile fügte sie hinzu: »Und was sagst du dazu?«
    »Was erwartest du von mir?« Nur der liebe Gott weiß, wie ich es fertigbrachte, mit fester Stimme zu antworten. »Soll ich dich jetzt bemitleiden? In meiner Branche kann ich morgen schon tot sein, mein Engel. Das riskiere ich jedesmal, wenn ich tauche.Tränen sind nur Zeitverschwendung. Es kommt darauf an, daß man jede Minute bewußt erlebt.«
    Ihre Augen leuchteten im Feuerschein. Ich wagte es nicht, sie zu berühren, jedenfalls jetzt nicht, weil die Rührung noch zu dicht unter der Oberfläche lauerte. Wortlos streifte ich Hose und Hemd ab und lief ins Meer hinein.
    Das Wasser war kalt, und das Salz biß in meinen Wunden. Ich schwamm um die ›Gentle Jane‹ herum und hielt dann wieder auf den Strand zu. Als ich ihn erreichte, war von Sarah nichts mehr zu sehen, aber ihre Kleider lagen ordentlich auf der Decke. Hinter mir hörte ich ein Planschen, aber sehen konnte ich nichts, da sich eine Wolke vor den Mond geschoben hatte.
    Das Feuer war sehr rasch zu einem Haufen glühender Kohlen niedergebrannt. Ich beugte mich darüber und stocherte in der Glut, da hörte ich sie hinter mir. Sie trat in den Lichtschein.
    Glitzernde Wassertropfen liefen ihr über die straffe Haut, und Schatten spielten geheimnisvoll über ihren Körper. Sie war schöner als alles, was ich mir vorstellen konnte.
    So stand sie vor mir, und die Zeit schien stillzustehen. Dann lächelte sie und kniete neben mir nieder. Ich griff nach einer Decke und legte sie über uns. Als wir uns liebten, wußte ich, daß es nichts Natürlicheres und Selbstverständlicheres geben konnte.

    10

    Es war kurz nach sieben, als ich aufwachte.
    Sarah schlief in der Koje gegenüber, das strohblonde Haar über das Kissen gebreitet, das Gesicht entspannt und ohne jede Spur von Verachtung für die Welt.
    Die Decke war ihr von der Schulter geglitten und hatte ihre linke Brust entblößt. Von diesem Bild ging ein gewisser pikanter Charme aus, den ich aber in dieser Morgenstunde als recht verwirrend empfand.
    Zwei Minuten lang hielt ich diesem Anblick stand, dann schlich ich auf Zehenspitzen hinaus und nahm meine Sachen mit. Ein heißer Tag stand uns bevor. Ich sah einen Augenblick über die Reling, ließ mir die Sonne warm auf die Haut brennen und merkte, wie hungrig ich war.
    Ich kontrollierte die beiden Atemgeräte. Das eine war ganz leer, und das andere beinahe. Außerdem fiel mir ein, daß gestern unser tragbarer Kompressor versagt hatte und Morgan noch nicht dazu gekommen war, sein Geschick als Mechaniker zu beweisen. Auf jeden Fall brauchten wir aber zum Frühstück einen ordentlichen Fisch. Hier, wo keine Speertaucher unterwegs waren, dürfte das nicht schwierig sein, dachte ich.
    Ich griff nach der Harpune und ließ mich leise ins Wasser gleiten. Dann stellte ich die Luftzufuhr ein und hatte schon nach zehn Minuten genau das gefunden, wonach ich suchte: einen schönen Seebarsch von gut fünf Pfund Gewicht.
    Als ich auftauchte, roch ich sofort das Feuer am Strand. Ich schwamm gleich hinüber. Sarah suchte Treibholz zusammen.
    Als sie mich erblickte, ließ sie das Holz fallen und kam mir entgegen. Sie trug nur den weißen Pullover und einen schwarzen Nylonslip.

»Du hast die längsten Beine, die ich je gesehen habe«, sagte ich und legte meinen Arm um ihre Taille. Dann küßte ich sie, naß wie ich war.
    »Und das schon am frühen Morgen«, sagte sie und deutete auf den Barsch. »Was sollen wir damit?«
    »Essen«, antwortete ich. »Oder wünschen Madame Tee mit Zitrone und drei Scheiben Toast?«
    Doch dann verschwand ein gegrilltes Fischsteak nach dem anderen zwischen ihren hübschen Lippen.
    »Weißt du, Savage, du bist ein Ausnahmemann. Kochen kannst du genauso gut.«
    »Wie was?«
    Ich duckte mich blitzschnell, und der Teller flog über meinen Kopf hinweg. Dann war sie schon mit dem Kaffeetopf da. Ich hatte eine volle Tasse in der Hand, bevor ich wußte, wie mir geschah.
    »Die Strandräuberei hat schon etwas für sich«, bemerkte sie.
    Ich nickte. »Wozu brauchen wir Menschen?«
    Sie legte sich auf den Rücken, verschränkte die Hände

Weitere Kostenlose Bücher