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Die Nacht von Sinos

Die Nacht von Sinos

Titel: Die Nacht von Sinos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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das Thema. »Diese englische Lady liebt dich, Jack. Und zwar mit allem, was sie hat, so wie eine Frau einen Mann lieben sollte.«
    Aus irgendwelchen Gründen wurde mir ungemütlich. »Ach, ich weiß nicht, sie ist noch so jung. Du kennst diese Mädchen doch. Nächste Woche schwärmt sie einen anderen an.«
    »Aber die nicht.«
    Genau das wollte ich hören. Aber warum war ich dann so unruhig?
    Ich wurde in meinen Gedanken unterbrochen. Ein alter Dreitonner rollte auf die Mole zu. Er hielt, und Kytros stieg aus der Kabine. Er trug einen weißen Leinenanzug und lächelte mich geheimnisvoll an.
    »Wieder von den Toten auferstanden, Jack?«
    Hinter ihm begannen ein halbes Dutzend Männer, die Rumkisten abzuladen.
    Kurz bevor wir ablegten, holte ich mir bei Yanni die tausend Dollar ab. Wir hatten bereits auf seine Kosten aufgetankt. Als ich zur Mole zurückkehrte, hatte Morgan schon die Dieselmaschinen angelassen.
    Es war dunkel, und ein leichter Regen nieselte vor dem gelben Licht der Lampe am Ende der Mole herab. Es war, als seien wir die einzigen Menschen auf der ganzen Welt. Im Schein der Lampe sah Morgan wie eine wandelnde Leiche aus, alt und verbraucht.
    Er wirkte seltsam nervös und beunruhigt. Das machte mir Sorgen. Durfte ich ihn überhaupt noch in eine solche Sache verwickeln, bei der leicht etwas schiefgehen konnte?
    Die ersten zwei Stunden ließ ich die ›Gentle Jane‹ mit äußerster Kraft nordostwärts gegen einen auffrischenden Ostwind anlaufen. Die Regentropfen hämmerten wie Bleikugeln an die Scheiben des Ruderhauses.
    Ich fühlte mich wohl in dieser kleinen, abgeschlossenen Welt, in der die einzige Beleuchtung vom Instrumentenbrett und dem Kompaß stammte. Alles wird dann klarer und deutlicher, und selbst schwere Probleme verlieren an Bedeutung.
    Ich lehnte mich in meinem Sitz zurück und behielt die Hände am Ruder. Daß ich nicht auf die automatische Steuerung umschaltete, lag nur daran, daß mir das Fahren unter diesen Bedingungen Spaß machte. Bei rauhem Wetter wurde die ›Gentle Jane‹ lebendig wie eine Frau in den Händen eines erfahrenen Mannes. Es war ein herrliches Gefühl.
    Morgan goß gerade Tee auf. Ich dachte an Sarah, ein Thema, das mich immer häufiger beschäftigte. Da ging die Tür auf. Ich drehte mich erst um, als ich in der salzigen Seeluft ihr unverkennbares Parfüm roch.
    »Zwei Stücke Zucker?« fragte sie und stellte das Tablett auf den Tisch.
    Sie trug einen alten Wettermantel von Morgan und hatte sich das Haar zurückgebunden. Jetzt verstand ich auch seine Nervosität an dem Pier.
    »Dafür werde ich den alten Idioten skalpieren«, sagte ich.
    »Nein, das wirst du nicht. Ich hab' dir doch gesagt, daß er für mich durchs Feuer geht. Er hat Todesängste ausgestanden und trotzdem nicht nein gesagt. Er ist wie ein Kind.«
    Ich schaltete jetzt die automatische Steuerung ein und ließ mir die Tasse Tee reichen. »Schön, dann werd' ich's an dir auslassen.«
    »Das klingt schon viel interessanter.« Sie klappte den zweiten Sitz herab. »Zuerst möchte ich eine Zigarette, dann kannst du mir erzählen, was du vorhast.«
    Das tat ich auch. Als ich fertig war, fragte sie: »Du bist also jetzt Rumschmuggler geworden? Was bekommt man dafür, wenn man geschnappt wird?«
    »Sieben bis acht Jahre Zwangsarbeit.«
    »Und das alles für tausend Dollar?«
    Ich lachte ein wenig gezwungen. »Na gut, ein paar von uns müssen für ihr Geld eben härter arbeiten als andere.«
    »Schön, daß du darüber witzeln kannst.«
    »Außerdem ist es eine reine Routinesache, wie Yanni Kytros versichert hat.«
    »Und deshalb hältst du dein Arsenal schußbereit?«
    Sie griff unter den Kartentisch, drückte auf den Knopf, und die Klappe meines kleinen Waffenlagers fiel herab.
    »Was haben wir denn da?« fuhr sie fort. »Eine Maschinenpistole, eine automatische Pistole und einen Revolver. Es geht eben nichts über ein ruhiges, beschauliches Leben. Zu jeder anständigen Motoryacht gehört eine kleine Waffensammlung.«
    Ich schloß die Klappe wieder mit der Stiefelspitze. »Wirst du mir jeden Morgen beim Frühstück eine solche Predigt halten?«
    Sie schlug mir plötzlich lachend auf die Schulter. »Du hast recht, aber ich will dich einfach nicht verlieren. Oder hast du vergessen, wie furchtbar das war?«
    »Und wovon soll ich leben? Von dir?«
    »Warum nicht? Oder geht das gegen deinen primitiven Stolz?«
    Wir stritten uns. Aber sie hatte natürlich recht. Geld ist nur ein Tauschmittel, sagen die Wissenschaftler.

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