Die Nacht von Sinos
Spielte es eine Rolle, ob es ihr oder mein Geld war? Außerdem hatten wir beide nur eine sehr beschränkte Zeit zur Verfügung.
Trotzdem blieb die Spannung bestehen. Es war unser erster Zusammenstoß, bei dem es um eine wichtige Sache ging. Wenn auf beiden Seiten der Stolz angekratzt ist, löst man die Probleme am besten im Bett, aber jetzt war es weder die richtige Zeit noch hier der richtige Ort dafür. Deshalb ging sie nach einer Weile schweigend hinaus und ließ mich allein.
Vier Meilen jenseits von Nisiros drehte ich bei und gab das vereinbarte Signal. Ein weißes Licht blitzte fünfmal auf, dann folgten zweimal hintereinander drei rote Blitze.
Wir warteten. Die ›Gentle Jane‹ rollte schwer in der kräftigen Dünung, dann glitt das andere Fahrzeug aus der Dunkelheit auf uns zu. Das Deck war hell erleuchtet.
Das Schiff war größer, als ich angenommen hatte, und offenbar mit Dieselmaschinen bestückt. An Deck sah ich fünf türkische Fischer, ein weiterer beugte sich aus dem Fenster des hohen und altmodischen Ruderhauses. Überall waren Netze aufgehängt. Ob sie echt waren, konnte ich nicht sagen, jedenfalls stimmte die Tarnung.
Der Kahn kam für ein so großes Schiff und für diese rauhe See erstaunlich elegant längsseits. Der Mann aus dem Ruderhaus kletterte herüber. Die anderen wollten offenbar abwarten, bis wir uns gegenseitig identifiziert hatten.
Er trug eine naßglänzende schwarze Ölhaut über den breiten Schultern. Ich konnte ihn vom ersten Augenblick an nicht leiden. Das lag weniger an dem schmutzigen Schnurrbart und dem pockennarbigen Gesicht, sondern hauptsächlich an den Augen. Es waren rastlose, lauernde, sehr bewegliche Augen.
Er stellte sich in gutem Englisch vor: »Ich bin Kapitän Rasi Amer.« Dann hielt er mir die Hand hin.
Seine Hand war wabbelig und warm. Auch der Blick, mit dem er Sarah musterte, die aus der Dunkelheit trat, gefiel mir nicht. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und zeigte ein ekelhaftes Lächeln.
»Haben Sie die Kisten bereit?«
»In der Luke«, antwortete ich. »Laden Sie so schnell wie möglich um, ich möchte weg von hier.«
»Aber wozu die Mühe, mein Freund. Ich meine das Ausladen.«
»Ich verstehe nicht«, murmelte ich, obwohl ich beinahe zu begreifen begann.
»Es ist ein hübsches Boot.« Er klopfte auf die Reling. »Das Mädchen auch.« Wieder dieses Grinsen. Wie tief kann ein Mensch eigentlich sinken? »Das Mädchen kann ich auch ganz gut gebrauchen.«
Er hob die Hand und schnippte lässig mit den Fingern. Die beiden Männer, die hinter dem Ruderhaus des türkischen Bootes gestanden hatten, schlugen ein paar Netze beiseite und zeigten mir ein leichtes MG, das auf einem Dreifuß montiert war. Sie schienen durchaus damit umgehen zu können. Die anderen drei kamen über die Reling herüber, um Morgan und mich in Schach zu halten. Sarah stand immer noch in der Tür des Ruderhauses und hatte beide Hände tief in die Manteltaschen geschoben. Sie zuckte mit keiner Wimper, auch dann nicht, als Kapitän Amer auf sie zuging.
Er hob ihr Kinn hoch. »Hübsch«, sagte er, »ausgezeichnet.«
Mit der anderen Hand begann er schon, sie zu betätscheln. Sie sah ihn nur verächtlich an und zog sich ins dunkle Ruderhaus zurück. Amer bebte vor Gier am ganzen Körper und folgte ihr.
Plötzlich stieß er einen verärgerten Schrei aus und kam im Rückwärtsgang sehr, sehr langsam wieder zum Vorschein. Sarah hatte ihm den Lauf der Walther unter das Kinn gerammt und schien fest entschlossen zu sein, notfalls auch abzudrücken.
Die Jungs drüben am Maschinengewehr kamen nun in Verlegenheit. Ich machte einen raschen Schritt und nahm Sarah die Waffe ab. Dann packte ich Amer bei seinem schmierigen Haarschopf und preßte ihm den Lauf gegen den Hals.
»Die beiden sollen das MG über Bord werfen, sonst puste ich Ihnen den Kopf von den Schultern.«
Er war kein Held, aber unsere Gegner waren immerhin zu sechst. Trotzdem klatschte das MG ins Wasser. Ich befahl Morgan, das Ruder zu übernehmen und abzudrehen.
Amer und die drei anderen standen inzwischen an der Reling. Unsere Diesel erwachten zum Leben, und der Abstand zwischen den beiden Schiffen vergrößerte sich. Ich wartete, bis er gut zwanzig Meter betrug, dann befahl ich ihnen, ins Wasser zu springen.
Amer zitterte wie Espenlaub, und sein Gesicht glänzte vor Schweiß. Wahrscheinlich schloß er von sich aus auf andere und rechnete damit, doch noch eine Kugel ins Genick zu bekommen.
»Hoffentlich kannst du
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