Die Nanokriege - Die Sturmflut
waren. Vor dem Zusammenbruch war ihr Lieblingssport das Hochschweben gewesen, eine Art von Segelflug oder Hanggleiten, und sie hatte sogar gelegentlich erwogen, sich einen Flugdrachen
zu beschaffen oder sich sogar modifizieren zu lassen. Aber das war vor dem Zusammenbruch gewesen.
In die Marine war sie eingetreten, weil man ihr versprochen hatte, dass sie sich dort als Drachenreiterin bewerben könne. Und das hatte sie auch getan, aber man hatte sie nicht angenommen. Zu viele Bewerber. Also hatte sie einfach ihre Arbeit getan und gewartet, bis sich ihr schließlich doch eine Chance geboten hatte. Jetzt verbrachte sie so viel Zeit wie möglich mit Reiten. Einige der Reiter waren ein wenig ausgebrannt, und es gab nicht viele, die sich für die langsamen, langweiligen Aufklärungsflüge interessierten. Aber sie nahm jeden Flug, den sie bekommen konnte.
Und deshalb flog sie jetzt gerade wieder, an einem angenehmen Tag, mit hohen Zirruswolken. Der Wind war einigermaßen beständig, aber das machte das Gleiten ja leichter. Sie hatte bis zu ihrer Ablösung noch etwa eineinhalb Stunden und lag jetzt auf dem Rücken ihres Drachens, schwenkte gelegentlich seitlich etwas ab, um die Flotte nicht aus den Augen zu verlieren, blieb dabei aber so gut es ging draußen. Irgendwo dort vorne rückte die Flotte des Neuen Aufbruchs näher. Mit etwas Glück würde sie sie entdecken, ehe der Feind sie oder ihr Schiff ausmachte.
Aus Charoos Brust war ein lautes Poltern zu hören, und er bog leicht nach Süden. Jetzt sah sie, was den Drachen beunruhigt hatte. Mehrere breite Vs von Kielwasser. Sie drehte sich um, blickte hinter sich – ja, es stimmte, sie stand direkt in der Sonne, vor der Flotte des Neuen Aufbruchs. Dass man sie entdeckt hatte, war unwahrscheinlich, beinahe unmöglich. Sie sah sich nach den Begleitdrachen der Flotte um, konnte aber keine entdecken.
»Okay, wir haben sie«, murmelte sie dem Drachen zu und lenkte ihn zurück nach Norden. »Mal sehen, ob unsere Leute in den Krähennestern aufpassen.«
Sie zog einen eigenartig geformten Spiegel aus einer
Tasche in ihrem Harnisch und legte ihn mit der Rückseite ans Auge. Der Spiegel hatte einen klaren Fleck in der Mitte, in den ein Metallgitter eingelassen war. Die grelle Sonne sorgte dafür, dass sich in dem Gitter ein äußerst heller Reflex bildete. Indem sie den Reflex über die fernen Schiffe legte, konnte sie sicher sein, dass der Reflex des Hauptspiegels auf sie gerichtet war. Sobald sie ihn so justiert hatte, fing sie an, ihn leicht zur Seite zu schieben, so dass er auf sie zu und dann wieder weg reflektierte, wobei sie sorgfältig darauf achtete, ihn nicht auf die gegnerische Flotte zu richten.
»Commander Gramlich?«, sagte Kapitän Karcher und landete leichtfüßig neben ihr, nachdem sie sich durch die Luke hatte fallen lassen.
»Ma’am?«, fragte der Drache und erhob sich.
»Wir beginnen jetzt mit dem Lufteinsatz«, sagte der Kapitän. »Verdammt will ich sein, wenn ich das aussitze. Die feindliche Flotte ist in Reichweite. Ich habe eine Gruppe Mer als Wendepunkt ausgesandt. Bring deine verdammten Flugdrachen in die Luft.«
»Ja, Ma’am!«
»Nimm mit den Powells Kurs auf die Flotte«, sagte Karcher und sprang wieder durch die Luke hinauf. »Für Vickie habe ich einen anderen Auftrag.«
»Ich dachte, wir würden uns da raushalten!«, sagte Megan.
» Corvallis und Richard sind in der Minderzahl«, erwiderte Herzer ruhig, während er sein Lederzeug anlegte. »Wir sind in Reichweite. Wir können die nicht einfach allein lassen.«
»Was ist, wenn wir angegriffen werden, während ihr weg seid?«, fragte Megan ärgerlich. Die Überreste des Handgemenges lagen noch in ihrer Kajüte herum, und sie hatte die Empfehlung des Kapitäns ignoriert und war in Herzers Kabine gezogen. Bast hielt sich ebenfalls noch dort auf, aber so
eng es auch war, schien die Elfe über ihre Anwesenheit richtig erfreut. Megan war das auch, bis dieser dämliche Plan aufgekommen war. »Und im Übrigen könntest du dabei getötet werden!«
»Megan«, widersprach Herzer ruhig. »Ich bin Soldat. Manchmal reite ich einen Drachen, manchmal schwinge ich ein Schwert. Ich … ich hoffe, dass zwischen uns etwas ganz Besonderes ist. Aber du wirst akzeptieren müssen, dass eines der Probleme in unserer Partnerschaft darin liegt, dass ich manchmal hinaus muss, um andere Leute zu töten, weil die versuchen werden, mich zu töten. Das ist mein Job, und auf den verstehe ich mich sehr gut. Du
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