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Die Naschmarkt-Morde

Titel: Die Naschmarkt-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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schlank, dunkelblond und von blassem Teint. Er trägt einen schmalen, sorgfältig gestutzten Mustache. Die Polizei nimmt an, daß sich der Gesuchte per Eisenbahn ins benachbarte Ausland absetzen will. Alle Grenzen werden strengstens kontrolliert. Um sachdienliche Hinweise wird gebeten.
     
    Nachdem Goldblatt das zu Papier gebracht hatte, überflog er den Artikel noch einmal und befand ihn für gut. Bis auf ein Detail: Er musste die Spur von Nechyba ablenken, sodass niemand in der Polizei-Direction auf den Gedanken kommen könne, Goldblatt habe von Nechyba die vertraulichen Informationen erhalten. Als er hin und her überlegte, steckte der leitende Redakteur Lipschütz seine Nase in Goldblatts Kammerl und raunzte: »Na, Goldblatt, was wird denn das für ein sensationeller Artikel, an dem du so besessen schreibst? Hat dir am Ende der Pospischil wieder einen Zund gegeben?«
    Goldblatt wimmelte Leopold Lipschütz ab, kratzte sich am Schädel und schmunzelte. Das war die Lösung! Nechyba hatte nämlich erwähnt, dass ausnahmsweise auch Pospischil am Tatort anwesend war und bei den Ermittlungen geholfen hatte. Das war’s! Sorgfältig baute Goldblatt Pospischils Namen in Zusammenhang mit dem Fund der zweiten Leiche in den Artikel ein. Ja, Pospischil ließ er die zweifelhafte Ehre zuteil werden, die Leiche der Theresia Schindel gefunden zu haben. Diese Erwähnung müsste genügen, um ihn in den Augen seiner Vorgesetzten als abermaligen Informanten der Presse zu entlarven. Das war Pospischil gegenüber natürlich höchst ungerecht und hatte mit der wahren Wahrheit nichts zu tun.
    In Summe war die Goldblatt’sche Version der Wahrheit sehr plausibel und würde nicht nur in der Zeitung, für die er schrieb, sondern auch in anderen Blättern abgedruckt werden. Schließlich schrieben immer alle Zeitungen voneinander ab … Durch diesen Schneeballeffekt würde Goldblatts Wahrheit für die Öffentlichkeit die wahre Wahrheit werden.
    Die Folgen meiner Wahrheit, sinnierte Goldblatt weiter, könnten für Pospischil äußerst unangenehm werden. Andererseits würde eine Bestrafung Pospischils dem dicken Nechyba glatt ein schadenfrohes Grinsen entlocken …

XIV/3.
    Knarrend öffnete sich die Schlupftür des mächtigen Tores. Der Beamte gab ihm zum Abschied den Rat, sich hier nicht mehr blicken zu lassen, brav zu bleiben und einer ehrlichen Arbeit nachzugehen. Und dann stand er draußen im grellen Sonnenlicht. Hinter sich das festungsartige Gebäude des Landesgerichts, vor sich die Freiheit.
    Und als er zögernden Schrittes sich in Bewegung setzte, dachte er an all die schrecklichen Erlebnisse, die er im Laufe des letzten Monats gehabt hatte. Zuerst die Verhaftung am Naschmarkt durch den brutalen Nechyba. Dann die endlosen Verhöre im Polizeigefangenhaus, die Vorführung vor den Untersuchungsrichter, die Überstellung ins Landesgericht und das grauenhafte Loch von einer Zelle, in das kaum Tageslicht schien. Dazu übler Gestank vom schmutzstarrenden Abort – ein verschissenes Loch in einem Zelleneck – sowie von den verwahrlosten Körpern seiner Mithäftlinge. Darüber hinaus die widerlichen sexuellen Avancen, die ihm seine Mitgefangenen machten und denen er nur mit allergrößter Mühe entkommen konnte. Dem lästigsten unter ihnen stieß er eine Gabel, die er beim Essen abgezweigt hatte, mehrmals in den Hoden, dass das Blut nur so spritzte. Zu seinem Glück mischte sich die Justizwache in solche internen Querelen nicht ein, der verletzte Mitgefangene wurde in den Spitalstrakt verlegt. In einer Notoperation nahm man ihm noch in derselben Nacht beide Hoden ab. Seit diesem Zwischenfall wurde er von den Mitgefangenen mit Respekt behandelt.
     
    Schlimmer als diese Episode waren die Vorführungen bei Gericht. Der Staatsanwalt – ein kahlköpfiger Mann mit dünnen Lippen und einer geierförmigen Nase – beschuldigte ihn des Doppelmordes. Als Strafe für diese Kapitalverbrechen forderte er den Tod durch den Strang. Als er das zum ersten Mal hörte, war der Planetenverkäufer nahe daran, die Wahrheit zu sagen. Nämlich, dass er in der Nacht des ersten Mordes mit der Oprschalek geschnaxelt und dass er sich während des zweiten Mordes in Gesellschaft von Henriette Hugo befunden hatte. Aber dann gab er sich innerlich einen Ruck und dachte: Ein Kavalier genießt und schweigt. Es schickte sich auf keinen Fall, die beiden Damen vor Gericht zu kompromittieren. Was immer das auch für schreckliche Konsequenzen haben würde …
     
    So dachte er am

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