Die Nebel von Avalon
den Männern unterhalten. Von ihr würde man erwarten, daß sie sich mit der Königin in eine Ecke setzte und im Flüsterton über Frauenangelegenheiten sprach – Stickereien, Dienstbotengeschichten, und wer am Hof ein Kind erwartete…
Sie winkte dem Diener mit dem Wein und sagte: »Ich nehme einen Becher.« Und sie erinnerte sich schmerzlich daran, wie stolz sie als Priesterin von Avalon darauf gewesen war, nur Wasser aus der Heiligen Quelle zu trinken. Sie nahm einen kleinen Schluck und erklärte: »Ich bin tief betroffen über den Empfang der Sachsen, Artus. Nein…« Sie hinderte ihn am Sprechen. »…ich rede nicht wie eine Frau, die sich in Staatsangelegenheiten einmischt. Ich bin Königin von Nordwales und Herzogin von Cornwall. Was das Reich angeht, betrifft auch mich.«
»Dann solltest du über den Frieden glücklich sein«, entgegnete Artus. »Ich habe mein ganzes Leben lang… wie es scheint, seit ich alt genug war, ein Schwert zu halten… darum gekämpft, den Krieg gegen die Sachsen endgültig zu beenden. Damals glaubte ich, das Schlachten würde erst dann enden, wenn wir die Sachsen über das Meer zurücktrieben, über das sie gekommen waren. Aber Friede ist Friede, und wenn er durch ein Bündnis mit ihnen zustande kommt, dann soll es so sein. Es gibt mehr Wege, mit einem Stier fertigzuwerden, als ihn am Spieß zu braten. Es ist ebenso wirkungsvoll, ihn zu verschneiden und vor den Pflug zu spannen.«
»Oder ihn als Zuchtstier benutzen. Willst du deine Könige auffordern, ihre Töchter mit Sachsen zu vermählen, Artus?«
»Vielleicht sogar das«, erwiderte der König. »Sachsen sind auch Menschen… erinnerst du dich an das Lied, das Lancelot gesungen hat? Auch sie sehnen sich nach Frieden… denn sie haben in einem Land gelebt, das immer wieder verwüstet und niedergebrannt wurde. Willst du mir raten, gegen sie zu kämpfen, bis der Letzte tot oder ins Meer getrieben ist? Ich dachte immer, die Frauen sehnen sich nach Frieden.«
»Auch ich will den Frieden, und ich begrüße den Frieden mit den Sachsen«, entgegnete Morgaine. »Aber hast du sie dazu gebracht, ihre Götter aufzugeben und deinen Gott anzuerkennen? Oder weshalb haben sie sonst auf das Kreuz geschworen?« Gwenhwyfar hatte aufmerksam zugehört: »Es
gibt
keine anderen Götter, Morgaine. Sie haben eingewilligt, den Teufeln zu entsagen, die sie Götter nannten. Das ist alles. Jetzt dienen sie dem einen wahren Gott und Christus, den er in seinem Namen zu den Menschen geschickt hat, um sie zu retten.«
Gwydion sagte: »Wenn Ihr das wirklich glaubt, meine Herrin und Königin, dann ist es für Euch die Wahrheit… alle Götter sind ein Gott, und alle Göttinnen sind eine Göttin. Aber wollt Ihr Euch anmaßen,
eine
Wahrheit für alle Menschen auf der Welt zu verkünden?«
»Anmaßung nennt Ihr das? Es
ist
die einzige Wahrheit«, entgegnete Gwenhwyfar, »und eines Tages werden alle Menschen auf der Welt es erkennen müssen.«
»Ich zittere um mein Volk, wenn Ihr das sagt«, erklärte Uriens, »ich habe geschworen, die heiligen Haine zu schützen. Und mein Sohn wird es nach mir tun.«
»Ich hielt Euch für einen Christen, König von Nordwales…« »Das bin ich«, erwiderte Uriens, »doch ich werde nicht abfällig über die Götter anderer sprechen.«
»Aber es gibt keine anderen Götter…«, erwiderte Gwenhwyfar. Morgaine öffnete den Mund, um etwas zu entgegnen, aber Artus erklärte: »Genug davon, genug… ich habe euch nicht hierhergebeten, um Glaubensfragen zu erörtern. Es gibt genügend Priester, die euch zuhören und mit euch streiten werden, wenn euch danach ist. Geht und bekehrt
sie,
wenn es unbedingt sein muß! Du hast doch etwas auf dem Herzen, Morgaine! Oder wolltest du mir nur sagen, daß du den Sachsen nicht traust, auch wenn sie auf das Kreuz geschworen haben?«
»Nein«, erwiderte Morgaine und bemerkte plötzlich Kevin, der mit seiner Harfe in einer dunklen Ecke des Raumes saß.
Gut, der Merlin von Britannien soll Zeuge dieser Widerrede im Namen von Avalon sein!
»Ich rufe den Merlin als Zeugen an. Du, Artus, hast sie beim Kreuz schwören lassen… und Excalibur, das Heilige Schwert von Avalon, das Schwert der Heiligen Insignien für diesen Eid in ein Kreuz verwandelt! Edler Merlin, ist das nicht Gotteslästerung?«
Artus antwortete schnell: »Es war nur eine Geste, Morgaine, um alle zu beeindrucken… nichts anderes tat Viviane, als sie mich aufforderte, mit diesem Schwert im Namen von Avalon für den Frieden zu
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