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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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kann Uther keinen Sohn mehr gebären…«
    »Bist du verrückt, Igraine?« schimpfte Viviane, schwieg dann aber. Es war nicht richtig, ihre Schwester zurechtzuweisen. Die Wache am Krankenbett ihres Kindes hatte sie mitgenommen. »Ich kam hierher, weil ich sah, daß dir oder dem Kind Gefahr drohte. Aber davon können wir später sprechen. Rufe deine Frauen, laß dir ein neues Gewand anlegen… wann hast du zum letzten Mal etwas gegessen?« fragte sie mitfühlend.
    »Ich weiß es nicht… ich glaube, gestern abend hatte ich etwas, Brot und Wein…«
    »Dann sollen deine Frauen dir zu essen bringen«, entgegnete Viviane ungeduldig. »Ich bin noch staubig von der Reise. Ich will mich waschen und umkleiden, wie es sich für eine Dame am Hof schickt. Dann können wir miteinander sprechen.«
    »Bist du zornig auf mich, Viviane?«
    Viviane tätschelte ihr die Schultern. »Wenn ich zornig bin, dann nur auf das Schicksal, und das ist dumm von mir. Geh, Igraine, zieh dich um und iß etwas. Diesmal ist dem Kind nichts geschehen.«
    In ihrer Kammer brannte jetzt ein Feuer. Auf einem niedrigen Hocker saß eine kleine Frau in einem einfachen, dunklen Gewand, und Viviane hielt sie im ersten Augenblick für eine Magd. Doch dann bemerkte sie, daß dieses Gewand aus feinstem Stoff gefertigt und das leinene Kopftuch kunstvoll bestickt war; dann erkannte sie Igraines Tochter wieder.
    »Morgaine«, rief Viviane und küßte sie. Das Mädchen war inzwischen beinahe so groß wie sie selbst. »Warum halte ich dich immer noch für ein Kind? Du bist fast schon eine Frau…«
    »Ich hörte, daß Ihr gekommen seid, Tante, und wollte Euch begrüßen. Aber man sagte mir, daß Ihr sofort zum Bett meines Bruders gegangen seid. Wie geht es ihm, Herrin?«
    »Er hat schlimme Prellungen und Quetschungen. Aber er wird auch ohne Behandlung wieder gesund werden… er braucht jetzt nur Ruhe«, erwiderte Viviane. »Wenn er wieder zu sich kommt, muß ich Igraine und Uther dazu bringen, ihm die Ärzte und ihre lächerlichen Heiltränke vom Leib zu halten. Es macht die Sache nur schlimmer, wenn er sie erbrechen muß. Von deiner Mutter habe ich nichts als Wehklagen und Weinen gehört. Kannst du mir sagen, wie es geschehen konnte? Ist denn niemand da, der richtig auf ein Kind aufpassen kann?«
    Morgaine zog an ihren kleinen Fingern. »Ich weiß nicht genau, wie es geschah. Mein Bruder ist sehr mutig. Er möchte immer Pferde reiten, die für ihn zu stark und zu schnell sind. Uther hat Befehl gegeben, daß er nur in Begleitung eines Stallburschen ausreiten darf. Am Unglückstag lahmte sein Pferd, und er verlangte ein anderes. Aber wie es Gwydion in den Sinn kam, König Uthers Hengst aus dem Stall zu holen, weiß niemand. Alle Stallburschen sind angewiesen, ihn nicht in die Nähe von
Thunder
zu lassen, und keiner will ihn bei dem Hengst gesehen haben. König Uther hat geschworen, den Mann zu hängen, der es ihm erlaubte. Aber ich vermute, der Bursche hat inzwischen längst das Weite gesucht. Wie man sagt, hing Gwydion auf
Thunders
Rücken wie ein Schaf in den Dornen. Aber dann tauchte eine rossende Stute auf. Wir wissen nicht, wer sie losgebunden hat! Natürlich war der Hengst im nächsten Augenblick hinter der Stute her, und mein Bruder lag am Boden.« In ihrem kleinen, dunklen und offenen Gesicht zuckte es. »Wird er es wirklich überleben?«
    »Er wird es überleben.«
    »Hat jemand den König benachrichtigt? Meine Mutter und der Priester behaupten, er wäre am Krankenbett alles andere als eine Hilfe…«
    »Igraine wird sich zweifellos darum kümmern.«
    »Zweifellos«, wiederholte Morgaine, und Viviane bemerkte überrascht ihr spöttisches Lächeln. Offensichtlich hegte Morgaine keine allzu große Liebe für Uther und dachte über ihre Mutter nicht anders, die Uther liebte. Trotzdem war sie gewissenhaft genug gewesen, daran zu erinnern, daß Uther erfahren mußte, sein Sohn würde am Leben bleiben. Morgaine war kein gewöhnliches Mädchen! »Wie alt bist du, Morgaine? Die Jahre gehen so schnell vorüber. Ich werde älter und kann mich nicht mehr daran erinnern.«
    »Am Tag der Sommersonnenwende werde ich elf.«
Alt genug,
dachte Viviane,
um zur Priesterin ausgebildet zu werden.
Dann fiel ihr ein, daß sie immer noch ihre staubbedeckten Reisekleider trug. »Morgaine, kannst du die Mägde beauftragen, mir Wasser zum Waschen zu bringen? Und schicke jemanden, der mir beim Ankleiden zur Hand geht, damit ich angemessen vor dem König und der Königin erscheinen

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