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Die neue Historia des Dr. Faustus 03 - Die Engelskrieger

Die neue Historia des Dr. Faustus 03 - Die Engelskrieger

Titel: Die neue Historia des Dr. Faustus 03 - Die Engelskrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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»Schwester«, begrüßte er sie leise und mit schalkhaftem Lächeln. Zugleich deutete er eine höhnische Verbeugung an.
    Angelina war in einer leicht vorgebeugten Angriffshaltung erstarrt. Doch nun hob sie langsam ihr Schwert und wies mit der ausgestreckten Spitze auf den Borgia.
    Er schüttelte unmerklich den Kopf. »Ein Duell? Den Gefallen muss ich dir ausschlagen.« Abrupt schien er das Interesse an uns zu verlieren, denn er wandte sich wieder zur Tür der Balustrade.
    Zwei Dutzend Krieger rückten näher.
    Bevor der Borgia hinter seinen Männern verschwand, hörte ich seinen Befehl: »Foltert das Mädchen. Und lasst den Jungen zusehen.«
     
    Der Wachtrupp am Portal des Papstpalastes war verstärkt worden. Faustus trat gemessenen Schritts auf die Männer zu. Er verlangte den Obersten zu sprechen und stellte sich vor.
    »Ich bin Doktor Johannes Faustus«, sagte er und verzichtete auf seine Titel und Fertigkeiten. »Ich bitte um meine Gefangennahme.«
    Wenig später war er inmitten eines Pulks aus Bewaffneten unterwegs in eine der Verhörkammern des Palastes. Hätte man ihn gleich in die Kerker der Engelsburg gebracht, wäre alles umsonst gewesen. Er hatte versucht, geistigen Einfluss auf den Obersten der Wachmänner zu nehmen, war aber nicht sicher, ob dessen Anordnung tatsächlich auf Magie zurückzuführen war. Faustus war nie allzu erfolgreich mit derartigen Beeinflussungen gewesen, und so mochte die Entscheidung des Gardisten andere Gründe haben. Ein Befehl von oben etwa. Das war mehr, als Faustus sich erhofft hatte.
    Die Kammer, in die man ihn brachte, lag in den Kellern des Palastes. Ihre Tür war aus altem, schwarz gewordenem Eichenholz, mit einem winzigen Gitter auf Augenhöhe. Der Boden war mit schmutzigem Stroh bedeckt. Der Gang, draußen vor der Tür, war niedrig und dunkel, das Reich zweier Kerkermeister, die hier mit tumben Gesichtern und müden Bewegungen regierten. Aus den benachbarten Zellen ertönte dann und wann eine Stimme, dann herrschte wieder Stille. Faustus’ Handgelenke wurden in Eisenringe gesteckt, die mit Ketten an der Wand befestigt waren. Man behandelte ihn besser, als er erwartet hatte. Womöglich hatte man Respekt vor den Gerüchten, die den meisten zu Ohren gekommen sein mussten. Respekt vor seiner vermeintlichen Teufelsmacht.
    Die Ketten waren lang und ließen ihm die Freiheit, einige Schritte in der Kammer auf und ab zu gehen. Es handelte sich nicht um eine herkömmliche Zelle, denn außerhalb seiner Reichweite stand an der gegenüberliegenden Wand ein samtbezogener Stuhl, rechts und links davon zwei weitere ohne Sitzpolster – Plätze für die Männer, die ihn verhören würden.
    Eine ganze Weile lang ließ man ihn allein, und er begann ungeduldig zu werden, ehe ihm klar wurde, dass sie genau das von ihm erwarteten. Sie wollten ihn zermürben, seine Ausdauer auf die Probe stellen. Daraufhin wurde er ruhiger, setzte sich auf den Boden und wartete.
    Seine Taktik zeigte Erfolg. Es dauerte nicht lange, da wurde die Tür von einem der Kerkermeister geöffnet, und ein Mann in langer Robe trat ein. Das Haar um seine Tonsur war schwarz, seine Gesichtszüge erstaunlich jung für das Amt, das er bekleidete. Er hatte eine spitze, auffallend lange Nase, und seine Brauen waren dunkel und buschig.
    Ihm folgten zwei weitere Männer, einer ein Schreiber, der andere ein Beisitzer, dessen Rang Faustus nicht einschätzen konnte. Aber wichtig war ohnehin nur der Mann in der Robe eines Kardinals. Man billigte dem neuen Gefangenen einige Bedeutung zu.
    »Kardinal Luigi de Rossi«, stellte der Schreiber Faustus’ Besucher vor.
    Der Doktor verbeugte sich ehrerbietig, wie es von ihm erwartet wurde. Er wusste, dass de Rossi einer von Leos engsten Vertrauten war, und er hoffte inständig, dass nicht auch er zu der Verschwörung des wieder geborenen Borgia gehörte. Er würde vorsichtig sein müssen.
    Der Kardinal und seine Begleiter nahmen Platz. Hinzu kamen zwei Armbrustschützen, die an der Innenseite der Tür Stellung bezogen. Ihre Waffen waren gespannt, die beiden Bolzen wiesen auf Faustus. Offenbar wollte man Vorsorge treffen, sollte der Doktor eine magische List versuchen.
    Doch Faustus plante nichts dergleichen. Er wollte nur reden, in der Hoffnung, dass ihm dies den Weg zum Heiligen Vater öffnen würde.
    De Rossi begann mit allerlei Fragen über die Umstände, die Faustus nach Rom gebracht hatten. Der Doktor antwortete ausführlich, wenn auch fern der Wahrheit. Daraufhin folgten Erkundigungen

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