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Die neue Menschheit

Die neue Menschheit

Titel: Die neue Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chad Oliver
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hatte, eine dunkle Bergkette. Und über allem, ein Teil davon, blauer Himmel. Eine große Kugel aus gelben Flammen. Er konnte sie nicht direkt ansehen. Seine Augen schmerzten. Weiße Glut schob sich hinter die Augen. In Horizontnähe noch ein Flammenball. Kleiner, fast verborgen unter einer grauen Wolkenschicht. Bleich.
    Eine Wand heißen Windes schlug gegen sein Gesicht. Staubkörnchen waren in ihr. Und Gerüche. So viele verschiedene, daß er sie nicht ordnen konnte. Trocken. Schwer. Würzig. Beißend. Süß.
    Er trank den Wind, kostete ihn. Die Feuchtigkeit in seinem Mund trocknete. Trotzdem erregte es ihn. So viele Gerüche.
    Er stand am Rand des Grüns, blickte hinaus. Seine nackte Haut prickelte im Wind. Er dachte nach. Er war dort draußen gewesen. Er war von dort gekommen. Es hatte geschmerzt. Der Schatten hatte ihn gerettet, der Schatten und das Wasser. Wasser konnte er nicht mit sich nehmen – aber Schatten? Er riß einen großen Zweig mit breiten grünen Blättern ab und hob ihn über sich. Er war schwer, und der Wind zerrte daran.
    Er trat hinaus in das Blenden. Der Schatten kam mit ihm. Sein eigener Schatten. Er jubelte. Er war stark. Er konnte den Schatten tragen. Er folgte dem Pfad, den er gemacht hatte. Es war nicht schwierig. Er war fast das erste, woran er sich erinnerte.
    Dort. Hier. Hier hatte er begonnen! Wieder wunderte er sich. Wie konnte er hier begonnen haben? So heiß, so blendend! War es immer so?
    In der Nähe war ein Flecken Grün. Nicht groß. Nicht wie sein Platz. Aber sehr nah. Ein bißchen Schatten. Konnte Schatten sich bewegen? Er studierte den Boden. Er sah Abdrücke in dem dürren Gras. Er roch daran. Der Geruch war ihm fremd. Aber ein Abdruck war etwas größer als die anderen. Tiefer. Seiner? War das sein Nest?
    Er fühlte sich – merkwürdig. Er schritt herum. Der Zweig war schwer, und sein Arm schmerzte. Er legte den Zweig auf die Schulter. Dort kratzte er.
    Er fand andere Spuren. Zertrampeltes Gras. Gerade Furchen. Er folgte ihnen. An einer kahlen Stelle hielt er an. Weicher bröckeliger Schmutz. Spuren, die in der Sonne buken. Wie Fußabdrücke, oder nicht wie Fußabdrücke. Die Umrisse stimmten, doch sie waren glatt. Keine Zehen. Er stellte seinen Fuß in einen Abdruck. Die Größe war in etwa die gleiche.
    Er entdeckte eine große, narbige Mulde. Sie war riesig. Er brauchte lange, bis er sie umrundet hatte. Die Spuren endeten dort. Etwas Ungeheures hatte dort gerastet. Es war verschwunden, ohne weitere Spuren zurückzulassen.
    Er schüttelte den Kopf. Das waren merkwürdige Dinge. Sie sagten ihm nichts. Es mußte sie gegeben haben, ehe er lebte. Er machte sich auf den Rückweg – und blieb starr stehen.
    Ein neues Geräusch. Nein, mehr als eines … Er lauschte. Ein nichtlebendes Geräusch. Kalt. Regelmäßig. Pulsierend. Nicht laut, aber eindringlich. Dieh! Dieh! Dieh!
    Andere Geräusche. Ein gedämpftes Schnüffeln. Lebend. Ein Stampfen. Unregelmäßig. Bewegung …
    Sein erster Impuls war sich zu verstecken. Still zu sein. Abzuwarten. Er konnte es nicht. Er hatte in kurzer Zeit viel gelernt, doch nicht Geduld. Seine Neugier war stärker. Er kroch vorwärts, schob seinen Zweig. Er kam nur langsam voran. Der Zweig verfing sich im Gras.
    Er hob den Kopf. Einen langen Moment hielt er den Atem an. Er konnte es riechen. Groß. Lebendig. Nicht ein Wie-er.
    Seine Ohren waren gespitzt. Die Augen funkelten. Eine lange rote Zunge leckte über die dunkle Schnauze. Es hatte überall braune Haare und darunter spannten sich deutlich sichtbar kräftige Muskeln.
    Es brüllte. So etwas hatte er noch nie gehört. Als es das Maul öffnete, waren tropfende Zähne zu sehen.
    Er zitterte. Seine Kopfhaut prickelte. Er packte seinen Zweig. Er war gar nicht mehr so schwer. Sein erwiderndes Knurren erstarb in der Kehle. Er wich zurück und hielt den Zweig vor sich. Er dachte nicht. Er kam dicht zu dem Flecken Grün bei seinem ersten Nest. Er ließ den Zweig fallen, drehte sich um und rannte. Den höchsten Baum kletterte er hoch. Es war kein sehr kräftiger Baum. Er bog sich unter seinem Gewicht. Aber er trug ihn, und er war vom Boden weg. Er wartete schwitzend. Er lernte ein wenig Geduld. Er war durchaus bereit, hier zu bleiben, lange. So lange, wie er bereits lebte … Der Gedanke, daß das Tier ebenfalls den Baum hochklettern könnte, kam ihm nicht.
    Allmählich beruhigte er sich. Er schien sich in keiner unmittelbaren Gefahr zu befinden. Es war unbequem hier, aber das machte nichts. Er

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