Die neue Menschheit
selbst.
Ja, mit all ihrer Unvollkommenheit.
Ja, die Dummen und die Gescheiten, die Scharfsinnigen und die Beschränkten.
Ja, Dieh und Regenfreund und Späher und Blume und Nister und Stein und Vogeltöter und Einauge.
Ja, die einfachen, unauffälligen Leute.
Ja, die Leute, denen man nichts zugetraut hatte.
Ja!
Tut es, Leute, oder laßt es bleiben!
Es hatte lange gedauert, bis es soweit war, aber Varnum hatte etwas gelernt. Die Leute waren vielleicht nichts Besonderes. Sie waren keine Götter in Menschengestalt. Ganz sicher waren sie keine geheimnisvollen Gefäße universeller Weisheit.
Aber sie waren so gut wie er.
Sie hatten eine Chance.
Varnum verspürte eine absolut unvernünftige Erleichterung.
Er wußte nicht, ob er irgend etwas nachgegeben hatte.
Aber es war ihm auch völlig egal.
Er entspannte sich absolut. Er sah zu, wie Dieh ihre Samen in die gelockerte Erde drückte. Er erbot sich nicht, ihr zu helfen, aber er mischte sich auch nicht ein.
Später an diesem Abend, als sie in ihrem Nest lagen, flüsterte er ihr zu. Er sagte ihr, daß er eine sehr lange Geschichte zu erzählen hatte. Er würde viele Tage dazu brauchen.
Dieh gab murmelnd ihr Einverständnis, hoffte jedoch, daß er nicht jetzt damit anfangen würde. Die ungewohnte Arbeit hatte sie müde gemacht.
Varnum drehte sich auf die andere Seite und schlief ein.
Er schlief gut.
Sie waren nicht alle anwesend, als er begann.
Auf gewisse Weise war es ein besonders undramatischer Augenblick. Geschichten waren schön und gut, aber die Leute hatten anderes zu tun als zuzuhören.
Aber das spielte keine Rolle. Varnum war kein großer Redner und er sprach auch nicht gern zu einer größeren Zahl.
Sein Sohn war da. Ausnahmsweise verhielt er sich verhältnismäßig ruhig. Sein Vater hatte nie viel zu ihm geredet, und das war eine Gelegenheit, die er sich nicht entgehen lassen wollte. Dieh war da. Sie war immer bereit gewesen zuzuhören, wenn Varnum nur etwas sagen wollte. Späher war da, und das war wichtig. Regenfreund war gekommen, darüber freute sich Varnum. Blume war da, weil sie gerade nichts Wichtigeres zu tun hatte.
Das genügte.
Die Geschichte würde ihre Runde machen.
Sie würde zum Teil des kollektiven Wissens der Leute – des Volkes! – werden. Sie würde überliefert werden.
Es war ein warmer, angenehmer Tag. Die Blätter raschelten sanft und die Sonne schien golden vom blauen Himmel. Der Beruhigung und Geborgenheit schenkende Fluß wogte sanft in der Sonne, die sich in ihm spiegelte.
Alles in allem kein schlechter Tag für eine Geschichte.
Varnum stand vor ihnen wie ein gut verwurzelter Stamm. Er hatte die breiten Schultern ein wenig gebeugt. Er war alles andere als entspannt. Er ballte und öffnete immer wieder die knorrigen Hände. Sein narbiges Ledergesicht verriet seine Anspannung. Er hatte die dunklen Augen zusammengekniffen und versuchte sich zu erinnern …
Da war so viel zu erzählen.
Alles, was auf der Erde geschehen, was zu ihrer Entscheidung dort geführt hatte. Die Möglichkeit, daß die Sternenschiffe wiederkommen und nach ihnen suchen würden. Die Möglichkeit, daß sie es nicht taten. Die anderen Kolonien, die auf dieser Welt abgesetzt worden waren. Wie viele waren es eigentlich gewesen? Zehn? Wann würden sie miteinander in Berührung kommen? Würden seine Leute dann bereit sein?
Er mußte sich von den Spinnweben in seinem Kopf befreien. Er mußte alles erzählen. Nichts verfälschen, nichts verzerren.
Nun, vielleicht konnte er ein bißchen schwindeln. Schließlich war er auch nur ein Mensch.
Seine Aufgabe war nichts Besonderes.
Er mußte lediglich die Geschichte der Menschheit erzählen!
Unmöglich, natürlich.
Fang schon an, Varnum! Pack rein, was du kannst!
Das war die einzige Geschichtsstunde, die die Leute haben würden. Er war der einzige Lehrer.
Sehr viel hing davon ab. Vielleicht alles.
Er wünschte sich, er könnte mit Worten besser umgehen. Er wünschte sich, er wüßte mehr, als er tat.
Aber ihm schien, daß er eine ganze Menge wußte, für einen, der so ignorant war.
Also, wie anfangen?
Man zögert es ein wenig hinaus. Man schleicht sich, sozusagen, an.
»König Varnum ist bald soweit abzudanken«, sagte er. (Das würden sie natürlich nicht verstehen. Es war auch nur ein einleitendes Geräusch. Er würde noch seine liebe Not mit dem Vokabular haben, ehe er fertig war.)
Er deutete auf seinen Sohn. »Du warst zu lange ohne einen Namen.« Er hoffte, das klang majestätisch
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