Die neue Rasse
antwortete Nomad.
Die bleichen Lippen des Vampirs zogen sich zurück, gaben den Blick frei auf grauschimmerndes Zahnfleisch, aus dem zwei nadelspitze Hauer hervorstachen. Er beugte sich vor, setzte die Zähne an die Ader und grub sie hinein.
Um schon im nächsten Augenblick fauchend zurückzuweichen!
Er spuckte würgend dunkles Gallert, wischte sich wie von Sinnen über die Lippen und taumelte weiter zurück, bis er hinter Deckaufbauten verschwunden war.
Aaron Nomads finsteres Lachen wehte sturmgleich über die NO-STROMO.
Doch es war nicht Belustigung, die ihn lachen ließ. Sondern die Erkenntnis, daß es doch noch eine Quelle an Bord der NOSTROMO gab, die ihn mit Angst speisen konnte.
Eine gewaltige Quelle, die ihn schier ertrinken lassen würde in köstlicher Angst.
Wie in Gedanken versunken ließ er die Rechte in seine Tasche gleiten und zog ein Sturmfeuerzeug hervor.
Ja, sie würden Angst haben. Vielleicht das einzig menschliche Gefühl, zu dem diese blutsaugenden Geschöpfe noch fähig waren ...
*
Lilith beugte sich genau in dem Moment über ihn, als Reuven La-marr die Augen öffnete. Wieder öffnete ...
Und wohl nur deshalb konnte sie sehen, was von jedem Flattern seiner Lider ein kleines bißchen mehr ausgelöscht wurde, bis es vollends aus dem Blick seiner dunklen Augen verschwunden war: Erkennen, Grauen und Nichtverstehen. Empfindungen, die sich in dieser kurzen Zeit zu einer lautlosen Anklage formierten, von der Lilith wußte, daß sie noch entsetzlich lange in ihr nachhallen würde. Was hast du mir
ANGETAN?
Würde es denn nie enden? Mußte auch künftig jeder, der ihren Weg kreuzte und ihn ein Stückweit mit ihr teilte, mit dem Leben dafür büßen?
Sanft berührte Lilith die dunklen Male an Reuvens Hals. Sie hegte die verzweifelte Hoffnung, daß mit all den anderen Veränderungen, die in ihr vorgegangen waren, sich vielleicht auch ihre Macht verän-dert hatte. Daß sie sich nicht mehr nur zur Zerstörung und Vernichtung nutzen ließ, sondern auch zur - - Heilung?
Die Lächerlichkeit des bloßen Gedankens wurde Lilith bewußt, kaum daß sie ihre Finger an Reuvens verkrustete Narben gelegt hatte.
Nichts von dem, was mit ihr geschehen war und noch geschah, war als Belohnung gedacht.
Sie wurde mit all dem bestraft!
Nur bestraft!
Sie sollte büßen für alles, was sie zuvor getan und angerichtet hatte!
Jeder Schritt, den sie ihrem aufgebürdeten neuen Ziel näherkam, würde ein kleines, ein winzig kleines Stück ihrer Schuld abtragen.
Reuven Lamarr war auf dem Weg dorthin nur ein Staubkorn, das unter ihrem ersten Schritt zertreten worden war. Wie viele würden sein Schicksal noch teilen müssen?
Ein gespenstischer Laut wehte durch das Dunkel des Tunnels. Lilith erschauerte darunter, und erst dann wurde ihr bewußt, daß es ihr eigenes Schluchzen war, unter dem sie fröstelte.
Sie konnte für Reuven nur noch eines tun. Ihm einen letzten >Freundschaftsdienst< erweisen ...
Sie tat es, und sie schaffte es ohne Tränen.
Doch die Echos des mürben Knackens begleiteten Lilith auf dem ganzen Weg hinaus aus den Tunneln unter New York.
Hinaus in eine Welt, die ihr nie einsamer und kälter erschienen war wie heute.
*
Flammen loderten, wo eigentlich nichts Brennbares war. Die schmierig schwarzen Reste der letzten Ölfracht nahmen das Feuer gierig an und ließen es über Wände und Verstrebungen laufen.
Stahl glühte und schmolz in unirdischer Hitze, die sich nach allem streckte, was sich an Bord der NOSTROMO befand und was in nichtmenschlicher Panik vor dem drohenden Untergang floh und doch keinen Ausweg fand aus der Hölle, in die sich das Schiff verwandelt hatte.
Nur um sich selbst herum hatte Aaron Nomad einen schützenden Wall geschaffen, den das Feuer nicht zu durchbrechen vermochte. Noch nicht ...
Erst wenn er all das eingesogen hatte, was das entfesselte Inferno um ihn herum aus allen Wesen preßte, würde er der Glut erlauben, auch nach ihm zu greifen. In dem Wissen, daß sie ihn nicht wirklich vernichten konnte. Sie würde ihn nur einmal mehr dorthin zurückschicken, wo er einst geboren worden war und von wo er in zurückliegenden Ewigkeiten unzählige Male wiedergekehrt war wie der Phönix aus der Asche.
Die Angst der Vampire und ihrer Kreaturen war ungleich nahrhafter als die aller anderen, von denen er sich bislang genährt hatte. Die Schauder der Menschen, seiner Besatzung, die er in all den Jahren geknechtet hatte, sie schmeckten schal und fad im Vergleich zu dem, was diese
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