Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte
Tatsache erklärt wird, dass das Land zunächst Monarchie blieb und Kaiser Pedro I ., eigentlich als Kronprinz aus dem portugiesischen Königshaus für die dortige Thronfolge vorgesehen, als einigender Faktor hervortrat. Das hat die Nationenbildung ganz erheblich gefördert. Gleichwohl blieben die Gegensätze und Unterschiede beträchtlich und prägen das Land bis heute: vom riesigen Amazonas-Regenwald im Landesinneren zu den modernen Metropolen an der Küste; vom tropischen Norden in Äquatornähe bis zum subtropischen Klima 29 Breitengrade weiter südlich, aber auch in der höchst unterschiedlichen Bevölkerungsstruktur und einem prekären Wohlstandsgefälle.
Drei sehr unterschiedliche Städte können diese Gegensätze zumindest teilweise illustrieren: Manaus im Amazonas-Regenwald, die Regierungsmetropole Brasília sowie das international vor allem als quirlige Karnevalshochburg am Zuckerhut bekannte Rio de Janeiro.
Der unabhängige Staat Brasilien ging 1822 aus dem portugiesischen Vizekönigreich Brasilien hervor. Im Jahr 1500 hatte der portugiesische Seefahrer Pedro Álvares Cabral als erster Europäer Brasilien erreicht – im Süden des heutigen Bundesstaates Bahia und eigentlich unplanmäßig, denn er war, wie der deutlich berühmtere Kolumbus vor ihm, auf dem Weg nach Indien. Über die vorkolumbische Geschichte Brasiliens ist bedauerlicherweise nur wenig bekannt, da die ansässigen Völker keine Hochkulturen herausgebildet hatten und weder schriftliche noch bauliche Zeugnisse hinterließen. Der Name Brasilien ist vom Brasilholz abgeleitet, aus dem rote Farbe gewonnen wurde und das deshalb zum ersten Exportschlager wurde. Heute ist der Laubbaum vom Aussterben bedroht.
Brasilien war zu diesem Zeitpunkt bereits als portugiesischer Einflussbereich vorgesehen – Grundlage dafür war der Vertrag von Tordesillas 1494 . In diesem hatte Papst Alexander V I . die von den Europäern bereits erreichte Neue Welt sowie künftig noch zu entdeckende Gebiete unter den konkurrierenden Seefahrermächten Spanien und Brasilien entlang einer willkürlich gezogenen Linie aufgeteilt. Im christlichen Europa galt damals die Römische Kirche als die richtige Autorität, um internationaleStreitfälle zu schlichten und für die Zukunft weitere zu vermeiden – was angesichts der kolonialen Begehrlichkeiten in Europa allerdings zunächst nicht recht gelang. Spanien und Portugal sowie die etwas später hinzukommenden Handelsmächte England und Niederlande rangen mitunter erbittert um Einflusssphären, Handelsanteile und Kolonialbesitz.
Ökonomisch war Brasilien bald auf den Anbau von Zuckerrohr und vor allem von Kaffee in Plantagenwirtschaft ausgerichtet, basierend in erheblichem Maße auf der Sklaverei, die Brasilien als letzter westlicher Staat erst 1888 abschaffte. Seit Mitte des 19 . Jahrhunderts, als Naturkautschuk zu einem zunehmend wichtigeren Rohstoff aufstieg, wurde der Baumsaft der Hevea brasiliensis für einige Jahrzehnte zum echten Rivalen des Kaffees um die Spitzenposition in der Exportstatistik des Landes. Je mehr Gummi die westlichen Industrieländer verbrauchten, seitdem Dampfmaschine und Eisenbahn den Bedarf an veredeltem Kautschuk in die Höhe trieben, desto tiefer wurde in den Amazonas-Regenwald vorgedrungen und desto höher waren die Gewinne der legendären Kautschukbarone. Sie konnten in kürzester Zeit mit dem Rohstoff aus dem Urwald satte Profite einstreichen. Die eigentliche Plackerei besorgten die Kautschukzapfer, die den Regenwald auf der Suche nach Kautschukbäumen durchstreiften.
Sichtbarster Ausdruck dieses legendären Kautschukbooms der zweiten Hälfte des 19 . Jahrhunderts ist bis heute die mitten im Amazonas-Regenwald gelegene Stadt Manaus. In kürzester Zeit wurde der unscheinbare Ort zur glanzvollen Kautschukkapitale der Welt ausgebaut und mit einer hochmodernen, leistungsfähigen Infrastruktur versehen, die so manche europäische Metropole in den Schatten stellte. Prachtvolle Boulevards zierten sie, in denen europäisch gekleidete Menschen flanierten, dieder Kautschuk reich gemacht hatte. Sie konnten sich die hochpreisigen europäischen Produkte leisten, die in den Auslagen exklusiver Geschäfte angeboten wurden. Bis hin zur Butter führte man Waren aller Art aus dem fernen Europa ein, was sie natürlich ernorm verteuerte. Auch um die besten Materialien für den Bau des berühmten Opernhauses – noch heute Wahrzeichen von Manaus – heranzuschaffen, war kein Weg zu weit: Carrara-Marmor für die
Weitere Kostenlose Bücher