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Die Neunte Gewalt

Titel: Die Neunte Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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fuhr Leeds fort.
    »Wieso?«
    »Ich habe einfach die Kommunikationskanäle der Talley angezapft. Ich habe gewußt, daß Sie sie anrufen würden und ich dann nur noch zupacken mußte, doch ich hatte niemals damit gerechnet, daß Sie meine Insel wirklich finden würden.« Leeds' Blick schien einen Tadel zu enthalten. »Sie hätten es besser wissen müssen. Wie können Sie jemanden mitschleppen, der nicht in unsere Welt paßt? Solchen Menschen kann nur Schlimmes widerfahren. Muß ich Ihnen denn immer wieder neue Lektionen beibringen, Fährmann?«
    »Ich lerne nur langsam.«
    »Anscheinend. Sie haben nichts gelernt, als ich damals, als man mich noch Candy Man nannte, Ihre Dienste in Anspruch nahm. Ich habe gewußt, daß Sie kooperieren würden. Sie würden niemals auf den Gedanken kommen, jemand könne Sie manipulieren. Und die letzte Lektion besteht in der Erkenntnis, daß Ihr wirklicher Platz bei mir ist.«
    »Und wenn ich nicht mitmache, bringen Sie mich um wie alle anderen, die nicht in Ihren großen Plan passen, oder?«
    Andrew Harrison Leeds lächelte. »Wie würdig Sie doch sind, Fährmann …«
    »Und wohin bringen Sie mich?«
    »Natürlich genau dorthin, wohin Sie wollten. Nach Devil's Claw.«
    Der Fährmann beobachtete den Bildschirm, auf dem sich Leeds' Gesicht zu einem breiten Grinsen verzog. Gleichzeitig spürte er, daß einer der Handlanger des Verrückten ihm eine Nadel in den Arm stieß. Fast augenblicklich fühlte er sich benommen, doch ohnmächtig wurde er nicht. Sein Geist glitt durch verschiedene, traumähnliche Bewußtseinsebenen, und er verlor jedes Gefühl für Zeit und Perspektive. Er konnte nicht sagen, wie er aus dem Flugzeug in diesen fensterlosen Raum gekommen war.
    Nun spürte er, daß das Beruhigungsmittel allmählich nachließ, was bedeutete, daß Leeds andere Pläne mit ihm hatte. Er versuchte, seine Gedanken auf den Raum zu konzentrieren, in dem er sich befand, und einen Plan für den Augenblick auszuarbeiten, da man ihm seine Fesseln abnehmen würde.
    Kimberlains Blick kämpfte gegen die verschwommenen Schemen an, und endlich konnte er wieder ziemlich klar sehen. Der Raum, in dem er eingesperrt worden war, stellte eine perfekte Nachbildung der Zellen im Hoch Sicherheitstrakt in ›The Locks‹ dar, bis hin zu den Schlitzen in der Zellentür, durch welche die Essentabletts geschoben wurden. Das Licht war gedämpft; eine freiliegende Glühbirne konnte er nirgendwo ausmachen. Natürlich nicht; sie stellte eine potentielle Waffe dar. Kimberlain zerrte an dem Eisen, das seine Hände fesselte, aber es gab keinen Millimeter nach. Doch selbst, wenn es ihm gelungen wäre, sich von den Ketten zu befreien, hätte er damit noch nichts gewonnen, denn irgendwo in diesem Raum befand sich eine Kamera, über die Leeds jede seiner Bewegungen verfolgen konnte.
    Genau, wie man Leeds' Bewegungen während seiner kurzen Zeit in ›The Locks‹ ständig beobachtet hatte.
    »Ah, Fährmann.« Die Stimme des Verrückten füllte den kleinen Raum aus. »Wie ich sehe, sind Sie endlich wach. Hoffentlich gefällt Ihnen Ihr Quartier.«
    »Ich habe es irgendwo schon einmal gesehen.«
    »Wie auch ich. Während der zwei Monate, die ich dank Ihrer Mitwirkung in ›The Locks‹ verbrachte.«
    »Sie meinen, dank Ihnen.«
    »Dank uns beiden, denn wir haben ja zusammengearbeitet. Doch nun sehen Sie die Dinge aus meiner Warte. Was halten Sie davon, Fährmann? Wie fühlen Sie sich?«
    »Als ob Sie hierher gehörten, Leeds. Nur wir beide in dieser Zelle.«
    »Natürlich, nachdem ich Ihnen die Fesseln abgenommen habe.«
    »Davon gehe ich aus.«
    »Wie viele Menschen haben Sie in solche Zellen gebracht, Fährmann? Wie viele Seelen konnten sich wegen Ihnen nicht entfalten und ausleben?«
    »Wie viele Mörder ich davon abgehalten habe, weiterhin zu morden, meinen Sie?«
    »Aber nun habe ich sie befreit und statt dessen Sie in eine solche Zelle gesperrt. Die Welt muß in Ordnung gebracht werden, und auf dieser Insel werden wir damit anfangen. Ich wollte, daß Sie die Dinge aus dieser Perspektive sehen, damit Sie sich überlegen, ob Sie nicht auf die andere Seite wechseln wollen, auf die Sie schon immer gehört haben.«
    »Fahren Sie zur Hölle, Leeds.«
    »Das ist nur ein kurzer Gang, Fährmann.«
    Und Kimberlain hörte, wie das Schloß der Zellentür aufschnappte.

29
    Leeds trat zuerst durch die Tür, gefolgt von sechs der furchteinflößendsten Männer, die Kimberlain je gesehen hatte. Er erkannte auf Anhieb keinen von ihnen und

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