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Die Neunte Gewalt

Titel: Die Neunte Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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vor ihr oder Kimberlain fand? Würde der erste Schrei, den sie in dieser Nacht des Entsetzens vernahm, von ihrem Sohn stammen, von dem sie erst vor wenigen Stunden erfahren hatte? Unsichtbar und unbekannt, war er ebenfalls ein Teil ihres Lebens, das sie für immer aufgegeben hatte.
    Ich kenne nicht einmal seinen Namen …
    Sie ging weiter, während der Sturm alles daranzusetzen schien, ihr Vorankommen zu erschweren.
    Wo war er? Wo war Kimberlains Neffe?
    Hinter der umzäunten Veranda lagen drei Türen, drei verschiedene Eingänge zu drei separaten Abschnitten der Hütte. Eine davon war Nummer 12 ½.
    Tiny Tim trat zu der ersten Tür auf seinem Weg und stellte fest, daß sie unverschlossen war. Hinter einer kurzen Diele lag ein Wohnzimmer komplett mit Fernsehgerät und Klimaanlage. Über ihm drehten sich die Flügel eines Ventilators, angetrieben von der Gewalt des auf das Dach drückenden Sturms. Hinter dem Wohnzimmer befanden sich die Schlafzimmer, drei Stück, wie es den Anschein hatte. Aus einem drang das Licht einer Kerze oder einer Taschenlampe; durch seine Nachtsichtbrille wirkte es taghell. Wahrscheinlich las dort jemand, eine Mutter vielleicht, in der festen Überzeugung, ihre Kinder schliefen und wären in völliger Sicherheit. Tiny Tim ging auf die Tür zu und hätte beinahe die Koffer übersehen, die ordentlich aufgereiht an der Wand standen. Er bückte sich und las die Namensschilder.
    Ramsey.
    Also bewohnten die Bermans eine der beiden anderen Hütten. Tiny Tim zog sich so leise zurück, wie er gekommen war, und ging zur nächsten Tür weiter.
    Hedda blieb plötzlich stehen und versuchte, durch den Sturm etwas ausmachen zu können. Ein Stück weiter war eine Gestalt auf der Veranda einer Hütte erschienen. Sie hatte sie nur ganz kurz gesehen, ein Schatten zwischen zwei Türen; die eine war gerade geschlossen, die andere dafür geöffnet worden.
    Eine Person, die von einer Hütte zur anderen ging. Doch wenn zwei Familien in den Hütten wohnten …
    Hedda lief los. Die Nacht und der Sturm schienen vor ihr zurückzuweichen, und der Wind schob sie voran, anstatt sich gegen sie zu stemmen.
    Sie entsicherte ihre Pistole. Auf geringe Entfernungen war und blieb sie die beste Waffe, die ihr zur Verfügung stand.
    Und sie hatte den Eindruck, daß ihr der Feind gleich Auge in Auge gegenüberstehen würde.
    Der Name Berman stand auf einer Zeitschrift, die Tiny Tim auf einem Tisch im Wohnzimmer der zweiten Hütte fand. Diesmal hatte er nur das Licht zur Verfügung, das die Nacht ihm spendete; aufgrund seiner Brille reichte es jedoch völlig aus. Als er den Korridor entlangglitt, konnte er schweres Schnarchen vernehmen. Es kam aus dem einzigen Schlafzimmer zur rechten Hand. Das Schnarchen eines Mannes. Dann würden die Kinder der Bermans im einzigen anderen Schlafzimmer der Hütte liegen, links von ihm.
    Tiny Tim erreichte die Tür und stieß sie auf. Sein großes Jagdmesser blitzte in der Dunkelheit.
    Zuerst sah Hedda nur eine Gestalt, dann aber das nackte Funkeln von Stahl in der Hand des Schemens.
    »Halt!«
    Ihr Schrei ging den Schüssen um einen Sekundenbruchteil voraus. Tiny Tim erstarrte und drehte sich dann langsam um. Hedda feuerte die Neun-Millimeter-Browning so schnell ab, wie sie den Abzug betätigen konnte.
    »Aaah!« brüllte er, nachdem die Kugeln ihn mit dumpf schmatzenden Geräuschen den Gang zurückgetrieben hatten.
    Doch er stürzte nicht, und plötzlich hatte er eine seiner schallgedämpften Maschinenpistolen in der Hand. Ihre Mündung flackerte gelb auf.
    Pffft … Pffft … Pffft …
    Hedda warf sich zu Boden, doch ihr Blick wich keinen Augenblick von der kurzen Diele, durch die Tiny Tim spurtete. Plötzlich lief eine Gestalt aus dem Schlafzimmer, in das er gerade gesprungen war, ein Junge in Schafanzughosen und T-Shirt. Ein Kugelhagel schoß auf ihn zu.
    Pffft … pffft … pffft …
    »Runter!« schrie sie den Jungen an, bei dem es sich um ihren Sohn handeln mußte. »Geh in Deckung!«
    Der Junge warf sich zu Boden und kroch den Rest des Weges bis zum Schlafzimmer seiner Adoptiveltern. Hedda erhaschte einen Blick auf zwei mit Schlafanzügen bekleidete Gestalten auf der Schwelle, die den Jungen griffen und in das Zimmer zerrten. Weitere Kugeln schlugen neben der Tür in die Wand ein. Hedda feuerte blindlings in die Richtung, aus der die Schüsse gekommen waren. Die nächste Salve galt ihr, und plötzlich brannte ein heißer Schmerz in ihrer Schulter. Sie schrie gequält auf und gab fünf

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