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Die Neunte Gewalt

Titel: Die Neunte Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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weitere Schüsse in die Richtung ab, in der sie das gelbe Mündungsflackern gesehen hatte. Eine weitere Kugel streifte ihren Oberschenkel. Sie spürte, wie sie zusammenbrach, war aber so geistesgegenwärtig, das Feuer auch weiterhin zu erwidern.
    Klick.
    Ihr Magazin war leer. Sie prallte zu Boden, und eine riesige Gestalt, die fast bis an die Decke reichte, tauchte in der Diele auf. Der Mann sah sie, schoß aber nicht, sondern lief zur Schlafzimmertür, die Sekunden zuvor zugeworfen und verriegelt worden war. Ein Fenster! Wenn das Schlafzimmer über ein Fenster verfügte, waren sie vielleicht hinausgeklettert!
    Tiny Tim hob einen in einem Stiefel steckenden Fuß und trat die Tür mit einem einzigen Stoß auf.
    »Nein!« rief Hedda und griff nach einer der Plastikbomben an ihrem Gürtel.
    »Seckle!« brüllte eine andere Stimme hinter ihr, und das Ungetüm wirbelte herum.
    Kimberlain sprang aus dem Wohnzimmer, eins der Eisenrohre in der Hand.
    WUMM!
    Hedda schlug die Hände schützend über den Kopf, während der Rückstoß der Explosion den Fährmann in die Diele zurückwarf. Sie sah, wie Tiny Tims riesige Gestalt rückwärts durch die Luft flog, direkt durch ein Fenster am Ende der Diele. Kimberlain rannte an ihr vorbei und hob den Kupferstab seines Flammenwerfers. Als er das Fenster erreichte, durch das Tiny Tim geprallt war, hielt er schon sein Feuerzeug an die Düse, bereit, das unter Druck stehende Kerosin zu zünden. Hedda rappelte sich auf und humpelte zu ihm.
    »Scheiße«, hörte sie ihn murmeln, während er durch das zerschmetterte Fenster hinaussah. Und dann begriff sie auch, warum.
    Das Ungetüm war verschwunden.

35
    Tiny Tim war benommen, verlor aber nicht das Bewußtsein. Er verfluchte sich, weil er mit der Anwesenheit des Fährmanns nicht gerechnet hatte. Denn wer sonst konnte es gewesen sein? Keiner, keiner! Und die Frau! Sie konnte nur …
    Wie hatten sie ihn hier gefunden? Wie hatten sie es wissen können?
    Irgendwie hatten sie sich zusammengetan. Seckle hatte mit allem gerechnet, nur damit nicht. Das verdammte Weibsbild! Sie war im schlimmstmöglichen Augenblick dazwischengefahren. Er hatte gerade das Messer senken wollen, als sich ihre Kugeln in das Kevlar gruben, das ihn vom Unterleib bis zum Hals schützte.
    Aber sie hatte ihn mit ihren Schüssen nicht töten können, und er hätte sie erwischt, wäre der Fährmann nicht mit diesem Rohr aufgetaucht. Tiny Tim hatte geglaubt, von einem Auto überfahren zu werden, und was auch immer sich in dem Rohr befunden hatte, es war durch den Körperpanzer gedrungen und hatte ihm zumindest eine Rippe gebrochen. Als Seckle sich von der Stelle erhob, auf der er draußen gelandet war, hustete er schaumiges Blut aus. Sein Innerstes schien nach außen gekehrt worden zu sein. Glassplitter steckten in seiner Kopfhaut und im Nacken. Er konnte nur noch davonwanken, um die Zeit zu finden, seine Gedanken wieder in den Griff zu bekommen.
    Dafür würden sie bezahlen. Und wie sie bezahlen würden …
    Kimberlains Neffe war noch nicht tot, würde es aber bald sein. Er würde mit den anderen sterben, denn Tiny Tim würde sie alle töten, jeden einzelnen von ihnen. Folge nur den Schreien, sagte er sich.
    Folge den Schreien.
    »Ich verfolge ihn«, sagte Kimberlain und kniete neben Hedda nieder.
    »Was ist mit … der Familie?«
    Der Fährmann sah zum Schlafzimmer zurück. »Das Fenster steht auf. Sie müssen hinausgestiegen sein.«
    »Dann sind sie draußen. Mit ihm.«
    »Ich erwische Seckle schon«, versprach er.
    »Das kannst du nicht. Nicht allein jedenfalls. Du hast schon einmal auf ihn geschossen, verdammt! Du hast ihn weggepustet, und er ist trotzdem entkommen.«
    »Aber jetzt spielt er mein Spiel.«
    Sie griff nach seinem Arm. »Hilf mir auf.«
    »Bleib lieber liegen.«
    Sie ließ nicht los. »Ohne mich schaffst du es nicht. Allein wirst du nicht mit ihm fertig.«
    Kimberlain zuckte die Achseln und gab nach. Er half ihr auf die Füße.
    »Der Junge«, sagte sie zögernd. »Ich … ich habe ihn gesehen. Ich …«
    Ihre Worte gingen in einer donnernden Explosion unter, die Sägemehl von den Hüttenwänden schüttelte. Kimberlain mußte die Frau festhalten, sonst wäre sie wieder gestürzt.
    »Die Claymore-Minen«, murmelte sie. »Verdammt, Chalmers hat sie nicht alle entschärfen können!«
    Er riß sich von ihr los. »Ich verfolge Seckle.«
    Die Panik hatte sich wie eine Lawine von Hütte zu Hütte ausgebreitet. Als Chalmers die, wie er glaubte, letzte Mine

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