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Die Neunte Gewalt

Titel: Die Neunte Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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gefunden hatte, strömte ein Schwarm fliehender Gäste den Hang zum Parkplatz hinab. Er verfluchte das Timing, verfluchte die übermäßige Sorgfalt, die er bei den ersten fünf Minen aufgebracht hatte. Wäre er bei jeder ein paar Sekunden schneller gewesen, hätte die Zeit gereicht. Jetzt war alles umsonst. Der erste stampfende Fuß, der den Stolperdraht der letzten Mine berührte, würde Dutzende von Menschen in die Hölle schicken. Schlimmer noch, die Wucht der Explosion konnte vielleicht die anderen Minen auslösen, auch wenn er sie schon von der Verdrahtung getrennt hatte.
    Es war ummöglich, die letzte Mine noch rechtzeitig zu entschärfen. Völlig unmöglich.
    Chalmers traf seinen Entschluß in einem Sekundenbruchteil, während die Schritte der in Panik geratenen Menge noch lauter wurden. Er sprang auf, und die Bewegung trug ihn direkt auf die letzte Mine. Er lebte noch lange genug, um das dumpfe Poltern zu hören, mit dem sein Körper auf das weiche Erdreich schlug. Er hätte starr vor Angst sein müssen, war jedoch seltsamerweise völlig ruhig und drückte die Hände auf den feuchten Boden.
    Im nächsten Augenblick war er tot.
    Die Explosion ließ die panikerfüllte Menge umkehren und scheuchte sie zu den Hütten zurück. Ein paar Menschen an der Spitze des Rudels stürzten, von Steinen oder Erdreich getroffen, das die Detonation aufgewirbelt hatte. Andere wurden von Glassplittern der zerschmetterten Fenster der Hütten getroffen, die in der Nähe des Explosionsorts standen. Eltern kümmerten sich um ihre Kinder, zerrten sie in Sicherheit und suchten nach Deckung.
    Tiny Tim hatte endlich die Orientierung zurückgewonnen. Der flammende Schmerz in seiner Brust wurde zu einem dumpfen Ziehen, das er verschluckte, als er die Explosion hörte. Mit großer Freude begriff er, daß der chaotische Strom der Eltern und Kinder, die zum Parkplatz geflohen waren, nun genau in seine Richtung zurückschwappen würde. Schnell arbeitete er sich aus dem Wald auf eine Lichtung zwischen den beiden Hüttenansammlungen vor, von der er einen ungehinderten Blick auf das Haupthaus der Anlage hatte. Er richtete seine Kombination aus Granatwerfer und M-16 aus, erfaßte das Ziel und wartete darauf, daß seine Opfer in Sicht kamen. Auf diese Art konnte er viele töten, vielleicht sogar Kimberlains Neffen.
    Der erste aus der schreienden Menge lief ihm entgegen, atemlos und vom Sturm durchnäßt. Tiny Tim hob die M-203 und betätigte den Abzug.
    Kimberlain war gerade aus der Hütte 12 ½ gestürmt, als die Menschenmenge über den Hügel in seine Richtung gelaufen kam.
    »Da drüben!« Hedda tauchte plötzlich direkt hinter dem Fährmann auf. »Ich sehe ihn!«
    Der Fährmann schaute in die Richtung, in die sie zeigte. Garth Seckle stand auf einer Lichtung, eine M-203 in den Händen.
    »Wie ich schon sagte«, versprach Kimberlain, »er gehört mir.«
    Er spurtete um die Hütte, um sich dem Verrückten ungesehen nähern zu können. Im Laufen hielt er eine angezündete Zigarette in die Mündung der Düse des provisorischen Flammenwerfers. Er bereitete sich darauf vor, an der Düse zu drehen und das Kerosin ausströmen zu lassen. Er wußte, daß das Ungetüm warten würde, bis sich genug Opfer vor ihm versammelt hatten, und wußte gleichzeitig, daß ihm dies die Zeit geben würde, die er brauchte.
    Er war noch zwanzig Meter entfernt und noch immer in Bewegung, als er die Düse öffnete. Stotternd entzündete sich eine helle Flamme, explodierte geradezu und verengte sich dann zu einem schmalen Strom.
    Tiny Tim hatte erst zwei Schüsse abgegeben, als der Flammenstrom ihn fand. Kimberlain hatte zwar auf Seckle gezielt, doch der Großteil der Flammen schlug gegen die M-203. Dann schienen sie überzuspringen und das Ungetüm zu erfassen. Seckle wurde zurückgeworfen. Kimberlain drehte an der Düse, doch Tiny Tim war bereits außerhalb der Reichweite des Geräts. Während die tanzenden Flammen auf seinem Körper erloschen, lief er auf den Wald zu.
    Der Fährmann drehte die Düse entgegengesetzt zum Uhrzeigersinn. Der Flammenstrom wurde dünner und erstarb. Kimberlain folgte Tiny Tim und kam an der qualmenden M-203 des Ungetüms vorbei. Sie lag dort, wo er sie fallengelassen hatte, auf dem Boden, und verströmte eindeutig den Gestank von verbrannter Haut und verkohltem Haar.
    »Ich hab' dich erwischt, du Arschloch«, rief Kimberlain der Gestalt nach, die einen Weg zu den Bäumen hinauflief. »Jetzt habe ich dich erwischt.«
    Der Fährmann setzte ihm

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