Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Neunte Gewalt

Titel: Die Neunte Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
Vom Netzwerk:
seinen ersten drei unterscheiden würde.
    Bei den ersten Besuchen hatte er jedes Chaos vermieden, um absolut präzise vorgehen zu können. Das hatte er anfangs auch hier vorgehabt, doch nun hatte er sich entschlossen, genau umgekehrt vorzugehen. Heute abend würde er die nackte Furcht als Verbündeten benutzen, und sie würde wirksamer sein als jede Bombe, die er anbringen könnte.
    Vielleicht würde ihm diese Alternative so gut gefallen, daß er sich in Zukunft nur noch dafür entscheiden würde.
    Tiny Tim erhob sich und ging zur Hütte 12 ½.
    »Halt!« hob sich Kimberlains Stimme plötzlich über den Sturm.
    »Was ist los?« sagte Hedda erschrocken.
    »Sieh nach unten.«
    Sie tat wie geheißen, konnte in der regennassen Dunkelheit jedoch kaum etwas ausmachen und wollte schon wieder zum Fährmann hochsehen, als ihr die Ausbauchung auffiel. Sie sah aus wie eine kleine Blase im nassen Grund, wie ein durch einen Fehlschlag ausgehacktes Rasenstück auf einem Golfplatz, das man dann notdürftig wieder befestigt hatte.
    »Eine Claymore-Mine!« stieß Hedda hervor. »Aber Minen hat er noch nie benutzt! Was hat das zu bedeuten?«
    »Es bedeutet, daß dieses Gelände ihn vor gewisse Probleme stellt. Er rechnet damit, daß einige Familien fliehen werden. Deshalb die Minen.«
    »Kannst du sie entschärfen?«
    Kimberlains Blick war ausdruckslos. »Das war noch nie meine Spezialität.«
    »Ich könnte es, aber …«
    »Ich«, klang Chalmers' Stimme kaum verständlich aus dem Lautsprecher. »Meine … Spezialität. In Vietnam. Feuerwerker …«
    Hedda wechselte einen Blick mit dem Fährmann. »Ich brauche … ein Messer«, sagte Chalmers.
    Hedda und Kimberlain zogen gleichzeitig Klingen hervor und hielten sie ihm hin.
    »Er muß die ganze Gegend mit Minen gespickt haben«, sagte Kimberlain. »Aber wir wissen nicht, wie viele es sind.«
    »Ich werde sie finden«, versicherte Chalmers ihnen mit einer Stimme, die fast normal klang.
    Er gab ihnen die Plastikrohrbomben, die sie gebastelt hatten, und bückte sich, um sich an der ersten Mine, die sie gefunden hatten, zu schaffen zu machen, während Hedda und Kimberlain zu den beiden Anordnungen dunkelbrauner Hütten unter den nassen Bäumen weitergingen.
    »Wir sollten uns jetzt trennen«, schlug Kimberlain vor. »Ich nehme die nördliche Hüttenreihe, du die südliche, die am See.«
    »Er wird mit dem Jungen anfangen, nicht wahr?«
    Der Fährmann zögerte. »Zuvor hat er nie mit seinen eigentlichen Opfern begonnen.«
    »Ich spreche von dieser Nacht.«
    »Ja. Ich glaube schon.«
    »Und wenn einer von uns ihn findet …«
    »Wird der andere es kurz darauf wissen.«
    Als Tiny Tim die Hütte 12 ½ erreicht hatte, glaubte er für einen Moment, etwas gehört zu haben. Aber es war unmöglich, das bei einem solchen Sturm, bei dem sich die Bäume von einer Seite zur anderen bogen und jeder Windstoß zischend den Regen vor sich hertrieb, genau zu sagen. Vielleicht war es nur die Erregung gewesen, die ihn nun gepackt hatte, da die Vollendung seiner Rache an Kimberlain kurz bevorstand.
    Er sah ein letztes Mal in die Richtung, in der er das Geräusch vernommen zu haben geglaubt hatte. Der klare Blick, den ihm sein Nachtsichtgerät bescherte, enthüllte nichts. In der Überzeugung, daß die Nacht ihm gehörte, trat Garth Seckle auf die Veranda der Hütte 12 ½.
    Chalmers war mit der dritten Claymore-Mine beschäftigt. Unter normalen Umständen wäre die Aufgabe nicht schwierig gewesen. Doch heute abend herrschten keine normalen Umstände. Überraschenderweise erwies es sich kaum als schwierig, die Minen aufzuspüren. Garth Seckle hatte nicht damit gerechnet, daß jemand nach ihnen suchte, und mußte unter Zeitdruck gestanden haben; er hatte die Claymores kaum getarnt.
    Doch um ganz sicher zu gehen, konnte Chalmers sich nur kriechend bewegen. Er schob sein Messer behutsam in die Blätter, die die Minen bedeckten, und kratzte das Erdreich beiseite, um den Zünder zu suchen. Dann trennte er den Draht durch, der den Zünder mit der Mine verband, und entschärfte sie damit.
    Jetzt hatte er drei Claymores unschädlich gemacht. Er hob das Gesicht und ließ sich vom Regen den Schweiß abwischen. Dann kroch er weiter, tastete mit den Händen über das nasse Gras und hielt nach der nächsten Mine Ausschau.
    Hedda befürchtete, die Pistole zu fest zu umklammern, und wechselte sie in die andere Hand. Angst wallte in ihr empor, während sie fast blind um die Hütten schlich. Was, wenn Tiny Tim den Jungen

Weitere Kostenlose Bücher