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Die Neunte Gewalt

Titel: Die Neunte Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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Schrottplatz war eine Kamera montiert, die ihn in der Dunkelheit wie ein Auge beobachtete.
    Andrew Harrison Leeds sprang auf, und der mit Rollen versehene Schreibtischstuhl schoß über den Boden zurück. Das Gesicht blickte ihn durch die Kamera an und war dann verschwunden.
    Das war unmöglich! Er war tot! Winston Peet war tot!
    Aber Leeds konnte sich nicht geirrt haben. Das Gesicht auf dem Bildschirm war das Winston Peets gewesen.
    Er hatte voller Ehrfurcht zugesehen, wie Kimberlain gegen die Maschinen gekämpft hatte. Der Mann gehörte eigentlich hierher zu ihm und nicht in die Welt, die so bald untergehen würde. Als schließlich der Kampf mit den Zweitonnern begann, hätte Leeds ihm fast Glück und sogar den Sieg gewünscht. Doch dann, als der Tod des Fährmanns unvermeidlich erschien, war außerhalb der Kamerareichweite irgend etwas schiefgegangen. Nun sah er, worum es sich gehandelt hatte. Peet hatte eingegriffen und den Zweitonner vernichtet, der den Fährmann gerade töten wollte.
    Winston Peet! Man stelle sich die Möglichkeiten vor …
    Es mußte sich um einen Wink des Himmels handeln, daß der Kampf auf seinem Schrottplatz ein solches Ende genommen hatte. Denn wenn es außer Kimberlain noch jemanden gab, den Leeds aufrichtig bewunderte, dann Peet. Sein großer Rivale, dessen Taten den seinen fast gleichkamen. Aber Peet war aus ›The Locks‹ entkommen und im Lake Ontario ertrunken. Zumindest hatte es damals so geheißen. Doch offensichtlich hatte er überlebt und sich mit Kimberlain zusammengetan – ein Team, das besser in die Hölle als in den Himmel gepaßt hätte. Doch Leeds wußte, daß er einen möglichen Verbündeten gefunden hatte.
    »Winston«, sagte Leeds ins Mikrofon, »kannst du mich hören, Winston?«
    Er stellte sich vor, daß der kahlköpfige Riese stehenblieb, als er den Rand des Kamerabereichs erreicht hatte.
    »Du gehörst zu mir, Winston. Du gehörst hierher. Wir gehören zusammen.«
    Diese Möglichkeit ließ Andrew Harrison Leeds erzittern, doch Winston Peet war in der Nacht verschwunden.

 
DIE FÜNFTE GEWALT LUCRETIA McEVIL
    Mittwoch, 19. August, 9 Uhr
20
    Andrew Harrison Leeds saß vor der Wand mit den Videomonitoren, und seine Reflektion war ein stumpfer Umriß auf jedem einzelnen Bildschirm. Schließlich beugte er sich vor und aktivierte einen der Monitore.
    Eine Aufnahme Chalmers', der starr auf einem Stuhl saß, füllte den Bildschirm aus. Chalmers blickte zu der vor und über ihm angebrachten Kamera hinauf, als wisse er, daß sie eingeschaltet worden war.
    »Was machen wir nur mit Ihnen, Mr. Chalmers?« fragte Leeds.
    Chalmers vergewisserte sich, daß der mit seiner Kehle verbundene Lautsprecher auf die Kamera gerichtet war.
    »Außer … Kontrolle«, sagte er.
    »Wenn Sie Ihre Agenten meinen, haben Sie völlig recht. Es scheint ihnen allen so zu ergehen wie Hedda, nicht wahr? Ich habe hier etwas, daß Sie sich anhören sollten.«
    Leeds drückte auf einen Knopf. Augenblicklich erfüllten zwei Stimmen den Raum, in dem Chalmers allein in der Dunkelheit saß.
    »Wer bist du?«
    »Wir könnten es dabei belassen, daß ich dein Großvater bin. Das wäre einfacher, angenehmer und unproblematischer.«
    »Aber eine Lüge.«
    »Verstehst du denn nicht? Es gibt keine Wahrheit, hat sie niemals gegeben, nicht für dich oder die anderen.«
    Leeds hielt das Band an. »Erkennen Sie die Stimmen, Chalmers?«
    Chalmers' Gesicht war so bleich geworden, daß dessen Farbe der des Sockels entsprach, der aus seiner Kehle ragte. »Hedda«, erklang sein mechanisches Krächzen, und es schien ihm größere Schwierigkeiten als gewöhnlich zu bereiten, die Silben hervorzubringen.
    »Und Pomeroy natürlich. Wir haben den alten Mann bereits beseitigt, eine bedauerliche Maßnahme, die aber leider unumgänglich war, da Sie nicht in der Lage waren, Hedda wie befohlen zu eliminieren. Hedda ist mittlerweile noch gefährlicher für uns geworden. Ihr Versagen hat mich gezwungen, mich selbst mit ihr zu befassen.«
    »Ich kann sie … finden …«
    »Sie ist jetzt mein Problem. Aber ein weit dringlicheres Problem dürfte Ihre Auffassung sein, daß auch alle anderen, die ich Ihrer Obhut anvertraut habe, mittlerweile zu Verrätern geworden sind.«
    »Alles ist … zusammengebrochen … sie wollen einfach … nicht gehorchen …«
    »Und haben Sie sich wirklich bemüht, sie auch zu erreichen?«
    Chalmers antwortete nicht.
    »Ich hatte Großes mit Ihnen vor, Mr. Chalmers. Sie waren jemand, der bei der

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