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Die New-York-Trilogie: Stadt aus Glas. Schlagschatten. Hinter verschlossenen Türen

Die New-York-Trilogie: Stadt aus Glas. Schlagschatten. Hinter verschlossenen Türen

Titel: Die New-York-Trilogie: Stadt aus Glas. Schlagschatten. Hinter verschlossenen Türen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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hatte, wusste Quinn nicht zu sagen. Aber dann begann ein neues Kapitel, und plötzlich schilderte Stillman das Leben Henry Darks, eines Bostoner Geistlichen, der 1649 (am Tage der Hinrichtung Karls I.) in London geboren wurde, 1675 nach Amerika kam und 1691 in Cambridge, Massachusetts, bei einem Brand den Tod fand.
    Nach Stillman hatte Henry Dark als junger Mann John Milton als Privatsekretär gedient – von 1669 bis zum Tode des Dichters fünf Jahre später. Das war neu für Quinn, denn er glaubte sich zu erinnern, dass der blinde Milton seine Werke einer seiner Töchter diktiert hatte. Dark, erfuhr er, war ein glühender Puritaner, Student der Theologie und ein begeisterter Verehrer des Werkes Miltons. Als er seinen Helden eines Abends auf einer kleinen Gesellschaft kennenlernte, wurde er zu einem Besuch in der folgenden Woche eingeladen. Das führte zu weiteren Besuchen, bis Milton schließlich Dark mit verschiedenen kleinen Aufgaben betraute: Er durfte Diktate aufnehmen, ihn durch die Straßen Londons führen, ihm aus den Werken der Alten vorlesen. In einem Brief, den Dark 1672 an seine Schwester in Boston schrieb, erwähnte er lange Diskussionen mit Milton über Feinheiten der Bibelexegese. Dann starb Milton, und Dark war untröstlich. Ein halbes Jahr später beschloss er, nach Amerika auszuwandern, da England für ihn eine Wüste war, ein Land, das ihm nichts zu bieten hatte. Er kam im Sommer 1675 in Boston an.
    Von seinen ersten Jahren in der Neuen Welt weiß man wenig. Stillman mutmaßte, dass er westwärts gereist sein und unbekanntes Land erforscht haben könnte, aber für diese Ansicht konnten keine konkreten Beweise gefunden werden. Andererseits deuteten gewisse Hinweise in Darks Schriften auf eine gute Kenntnis indianischer Sitten hin, was Stillman zu der Annahme verleitete, Dark könnte möglicherweise eine Zeitlang bei einem der Stämme gelebt haben. Wie dem auch sei, Dark wurde nicht öffentlich erwähnt bis 1682, als sein Name in das Bostoner Heiratsregister eingetragen wurde. Er hatte eine gewisse Lucy Fitts zur Frau genommen. Zwei Jahre später wurde er als Vorsteher einer kleinen puritanischen Gemeinde am Rande der Stadt erwähnt. Dem Paar wurden mehrere Kinder geboren, aber sie starben alle im Säuglingsalter. Ein Sohn namens John, der 1686 geboren wurde, blieb am Leben, aber 1691 wurde berichtet, der Junge sei aus einem Fenster im zweiten Stock gefallen und ums Leben gekommen. Nur einen Monat später ging das ganze Haus in Flammen auf, und Dark und seine Frau wurden getötet.
    Henry Dark wäre in der Dunkelheit des frühen Lebens in Amerika verschwunden, hätte er nicht 1690 eine Schrift mit dem Titel Das neue Babel veröffentlicht. Laut Stillman war dieses kleine, vierundsechzig Seiten starke Bändchen die visionärste Schilderung des neuen Kontinents, die bis dahin geschrieben worden war. Wäre Dark nicht so kurz nach dem Erscheinen des Bändchens gestorben, würde seine Wirkung zweifellos größer gewesen sein. Denn wie sich herausstellte, verbrannten die meisten Exemplare in dem Feuer, in dem Dark umkam. Stillman selbst hatte nur eines – durch reinen Zufall – auf dem Dachboden des Hauses seiner Familie in Boston entdecken können. Nach Jahren eifriger Nachforschung war er zu dem Schluss gelangt, dass dies das einzige noch existierende Exemplar war.
    Das neue Babel trat in kühner Milton’scher Prosa dafür ein, das Paradies in Amerika zu errichten. Im Gegensatz zu anderen, die über dieses Thema schrieben, nahm Dark nicht an, dass das Paradies ein Ort sei, den man entdecken könne. Es gab keine Karten, die einen dorthin führen, keine Navigationsinstrumente, die einen an seine Küsten lenken konnten. Seine Existenz war vielmehr im Menschen selbst immanent: die Vorstellung eines Jenseits, das er eines Tages im Hier und Jetzt schaffen könnte. Denn Utopia war nirgendwo – auch nicht, wie Dark erklärte, in seiner «Wortheit». Und wenn der Mensch diesen erträumten Ort hervorbringen konnte, dann nur, indem er ihn mit seinen eigenen Händen erbaute.
    Dark gründete seine Schlussfolgerungen darauf, dass er die Geschichte von Babel als prophetisches Werk las. Er stützte sich ganz auf Miltons Deutung des Sündenfalls und folgte seinem Meister insofern, als er der Rolle der Sprache eine ungewöhnliche Bedeutung zuschrieb. Aber er ging noch einen Schritt über die Ideen des Dichters hinaus. War es, wenn der Fall des Menschen auch einen Fall der Sprache mit sich brachte, nicht logisch

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