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Die New-York-Trilogie: Stadt aus Glas. Schlagschatten. Hinter verschlossenen Türen

Die New-York-Trilogie: Stadt aus Glas. Schlagschatten. Hinter verschlossenen Türen

Titel: Die New-York-Trilogie: Stadt aus Glas. Schlagschatten. Hinter verschlossenen Türen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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Gesetzen, ohne Streit, ohne Richter oder Klageschriften, zufrieden, allein der Natur Genüge zu tun.» Oder wie der allgegenwärtige Montaigne mehr als ein halbes Jahrhundert später schreiben sollte: «Nach meiner Ansicht übertrifft, was wir tatsächlich bei diesen Völkern sehen, nicht nur alle Bilder, welche die Dichter vom goldenen Zeitalter entwarfen, und alle ihre Erfindungen, welche den einstmals glücklichen Zustand der Menschheit darstellen, sondern auch die Auffassung und die Forderung der Philosophie selbst.» Vom ersten Anfang an war, Stillman zufolge, die Entdeckung der Neuen Welt der belebende Impuls des utopischen Denkens, der Funke, der die Hoffnung auf die Möglichkeit weckte, das menschliche Leben zu vervollkommnen – von Thomas Morus’ Buch aus dem Jahre 1516 bis zur wenige Jahre später ausgesprochenen Prophezeiung des Gerónimo de Mendieta, dass Amerika ein idealer theokratischer Staat sein werde, eine wahre Civitas Dei.
    Es gab jedoch einen gegensätzlichen Standpunkt. Wenn manche die Indianer in der Unschuld vor dem Sündenfall leben sahen, so gab es andere, die sie als wilde Bestien und Teufel in Menschengestalt beurteilten. Die Entdeckung von Kannibalen in der Karibik trug nicht dazu bei, diese Anschauung abzumildern. Die Spanier gebrauchten sie als Rechtfertigung, um die Eingeborenen zu ihren eigenen wirtschaftlichen Zwecken erbarmungslos auszubeuten. Denn wenn man den Menschen, den man vor sich hat, nicht als menschlich betrachtet, kennt das Gewissen nur wenige Hemmungen im Verhalten ihm gegenüber. Erst 1537 wurde durch die Bulle Pauls III. erklärt, dass die Indianer echte Menschen sind, die eine Seele besitzen. Trotzdem ging die Debatte noch einige Jahrhunderte weiter und gipfelte einerseits im «edlen Wilden» Lockes und Rousseaus – womit die theoretischen Grundlagen für die Demokratie in einem unabhängigen Amerika geschaffen wurden – und andererseits in dem Feldzug zur Ausrottung der Indianer in dem unerschütterlichen Glauben, dass nur ein toter Indianer ein guter Indianer sei.
    Der zweite Teil des Buches begann mit einer neuerlichen Untersuchung des Sündenfalls. Indem er sich stark auf Milton und dessen Verlorenes Paradies – als Darstellung des orthodoxen puritanischen Standpunktes – stützte, behauptete Stillman, dass menschliches Leben, wie wir es kennen, erst nach dem Sündenfall begann. Denn wenn es im Garten Eden das Böse nicht gab, konnte es auch das Gute nicht geben. Milton selbst drückte es in den Aeropagetica so aus: «Aus der Schale eines Apfels, der gekostet wurde, sprangen Gut und Böse hervor in die Welt wie zwei fest miteinander verbundene Zwillinge.» Stillmans Auslegung dieses Satzes war überaus gründlich. Immer nach der Möglichkeit eines Doppelsinns, eines Wortspiels Ausschau haltend, zeigte er, dass das Wort «kosten» im Sinne von «schmecken» tatsächlich eine Anspielung auf das lateinische «sapere» war, das sowohl «schmecken» als auch «wissen» bedeutet und daher eine unterschwellige Anspielung auf den Baum der Erkenntnis enthält: die Quelle des Apfels, dessen Geschmack das Wissen in die Welt brachte, das heißt das Gute und das Böse. Stillman beschäftigte sich auch mit dem Begriff «fest verbunden», der nur aus seinem Gegenteil, dem Getrenntsein, seinen Sinn erhält, sodass in ihm zwei gegensätzliche Bedeutungen vereint sind. Darin verkörpert sich eine Anschauung von der Sprache, die Stillman im gesamten Werk Miltons entdeckte. Im Verlorenen Paradies , zum Beispiel, hat jedes Schlüsselwort zwei Bedeutungen – eine vor dem Sündenfall und eine danach. Stillman isolierte einige dieser Wörter – unheilvoll, schlangenförmig, köstlich – und zeigte, wie ihre Verwendung, auf die Zeit vor dem Sündenfall bezogen, frei von moralischen Nebenbedeutungen war, während ihr Gebrauch nach dem Sündenfall dunkel, mehrdeutig, von einem Wissen um das Böse beseelt war. Eine der Aufgaben Adams im Garten Eden war es, die Sprache zu erfinden, jedem Geschöpf und Ding seinen Namen zu geben. In diesem Zustande der Unschuld hatte seine Zunge unmittelbar ins Mark der Welt getroffen. Seine Wörter waren den Dingen, die er sah, nicht nur angehängt worden; sie hatten ihr Wesen enthüllt und sie buchstäblich zum Leben erweckt. Ein Ding und sein Name waren untereinander austauschbar. Nach dem Sündenfall galt das nicht mehr. Die Namen lösten sich von den Dingen; die Wörter verwandelten sich in eine Sammlung willkürlicher Zeichen. Die Sprache war

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