Die New-York-Trilogie: Stadt aus Glas. Schlagschatten. Hinter verschlossenen Türen
etwas kam jeden Tag vor. Und so hatte er den Anruf erhalten – der ohnehin für den falschen Mann bestimmt war. Das alles war vollkommen sinnvoll.
Blieb noch ein Problem. Wenn er nicht mit Virginia Stillman in Verbindung treten konnte – wenn er, wie er glaubte, keine Verbindung mit ihr aufnehmen sollte –, wie hatte er dann vorzugehen? Seine Aufgabe war es, Peter zu beschützen, dafür zu sorgen, dass ihm nichts geschah. Spielte es eine Rolle, was Virginia Stillman glaubte, dass er tat, solange er tat, was von ihm erwartet wurde? Im Idealfall sollte ein Detektiv ständig in Verbindung mit seinem Auftraggeber bleiben. Das war immer einer der Grundsätze Max Works gewesen. Aber war es wirklich notwendig? Wenn es irgendwelche Missverständnisse gab, konnten sie gewiss aufgeklärt werden, sobald der Fall abgeschlossen war.
Er konnte also vorgehen, wie er wollte. Er brauchte Virginia Stillman nicht mehr anzurufen. Er konnte ein für alle Mal auf das orakelhafte Besetztzeichen verzichten. Von nun an war er nicht mehr aufzuhalten. Es sollte Stillman unmöglich sein, in Peters Nähe zu kommen, ohne dass es Quinn wusste.
Quinn zahlte seine Rechnung, steckte sich einen Zahnstocher mit Mentholgeschmack in den Mund und machte sich wieder auf den Weg. Er brauchte nicht weit zu gehen. Vor einer «Citibank», die vierundzwanzig Stunden in Betrieb war, ließ er sich vom Automaten einen Kontoauszug geben. Er hatte noch 349 Dollar, hob 300 ab, steckte das Geld in die Tasche und ging weiter in Richtung des oberen Stadtteils. An der 57th Street wandte er sich nach links und ging zur Park Avenue. Dort bog er nach rechts ab und ging nach Norden bis zur 69th Street, und dort wandte er sich dem Block der Stillmans zu. Das Gebäude sah aus wie beim ersten Mal. Er blickte nach oben, um zu sehen, ob in der Wohnung Licht brannte, aber er konnte sich nicht erinnern, welche Fenster ihnen gehörten. Die Straße war völlig still. Keine Wagen fuhren, keine Passanten kamen vorbei. Quinn ging auf die andere Straßenseite hinüber, fand einen Platz für sich in einer engen Gasse und richtete sich dort für die Nacht ein.
Zwölftes Kapitel
L ange Zeit verging. Wie lange sie genau war, lässt sich unmöglich sagen. Sicherlich Wochen, aber vielleicht sogar Monate. Der Bericht über diese Periode ist weniger vollständig, als es der Autor gern hätte. Aber die Informationen sind nun einmal knapp, und er überging lieber schweigend, was nicht eindeutig zu bestätigen war. Da sich diese Geschichte voll und ganz auf Tatsachen gründet, hält es der Autor für seine Pflicht, die Grenzen des Nachprüfbaren nicht zu überschreiten und den Gefahren der Erfindung um jeden Preis auszuweichen. Sogar das rote Notizbuch, das bisher einen ausführlichen Bericht über Quinns Erlebnisse lieferte, ist suspekt. Wir können nicht sicher sagen, was mit Quinn während dieser Zeit geschah, denn gerade an diesem Punkt der Geschichte begann er die Herrschaft über sich zu verlieren.
Er blieb die meiste Zeit in der Gasse. Sein Platz war nicht unbequem, sobald er sich einmal an ihn gewöhnt hatte, und er hatte den Vorteil, gut vor allen Blicken verborgen zu sein. Von dort aus konnte er das Kommen und Gehen im Hause der Stillmans beobachten. Niemand kam heraus oder ging hinein, ohne dass er sah, wer es war. Anfangs überraschte es ihn, dass er weder Virginia noch Peter sah. Aber viele Lieferanten kamen und gingen ständig, und schließlich wurde ihm klar, dass die beiden das Gebäude nicht zu verlassen brauchten. Sie konnten sich alles bringen lassen. Und dann begriff Quinn, dass auch sie sich verkrochen und in ihrer Wohnung das Ende des Falles abwarteten.
Nach und nach passte sich Quinn seiner neuen Lebensweise an. Es gab eine Reihe von Problemen, aber es gelang ihm, sie nacheinander zu lösen. Als Erstes kam die Frage der Ernährung. Da äußerste Wachsamkeit von ihm gefordert wurde, zögerte er, seinen Posten längere Zeit zu verlassen. Der Gedanke, dass in seiner Abwesenheit etwas geschehen könnte, quälte ihn, und er gab sich die größte Mühe, die Gefahr zu verringern. Er hatte irgendwo gelesen, dass zwischen 3.30 Uhr und 4.30 Uhr morgens mehr Menschen in ihren Betten liegen und schlafen als zu jeder anderen Zeit. Statistisch gesehen waren die Chancen, dass um diese Zeit nichts geschah, am besten, und daher erledigte Quinn in dieser Stunde seine Einkäufe. In der Lexington Avenue nicht weit im Norden hatte ein Lebensmittelgeschäft die ganze Nacht offen, und
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