Die New-York-Trilogie: Stadt aus Glas. Schlagschatten. Hinter verschlossenen Türen
zu stellen. Wörter sind für ihn transparent, große Fenster, die zwischen ihm und der Welt stehen, und bis jetzt haben sie nie seine Sicht behindert, ja sie scheinen nicht einmal da zu sein. Oh, es gibt Augenblicke, in denen das Glas ein wenig schmutzig wird, und Blue muss es an der einen oder anderen Stelle polieren, aber sobald er das richtige Wort findet, klärt sich alles auf. Er schöpft aus den Aufzeichnungen, die er zuvor in seinem Notizbuch gemacht hat, überprüft sie sorgfältig, um sein Gedächtnis aufzufrischen und treffende Bemerkungen zu unterstreichen, er versucht, ein zusammenhängendes Ganzes zu schaffen, entfernt die Schlacke und schmückt das Wesentliche aus. In jedem Bericht, den er bisher geschrieben hat, kommt die Handlung vor der Deutung. Zum Beispiel: Die beobachtete Person ging vom Columbus Circle zur Carnegie Hall. Keine Hinweise auf das Wetter, keine Erwähnung des Verkehrs, kein Versuch zu erraten, was die Person vielleicht denkt. Der Bericht beschränkt sich auf bekannte und nachprüfbare Tatsachen, und über diese Grenze versucht er nicht hinauszugehen.
Angesichts der Tatsachen des Falles Black wird sich Blue jedoch seiner misslichen Lage bewusst. Er hat natürlich das Notizbuch, aber als er es durchblättert, um zu sehen, was er geschrieben hat, ist er enttäuscht, so wenige Einzelheiten zu finden. Es ist, als ob seine Worte die Tatsachen, anstatt sie herauszuarbeiten und greifbar in die Welt zu stellen, zum Verschwinden gebracht hätten. Das ist Blue noch nie zuvor geschehen. Er blickt hinaus über die Straße und sieht Black wie gewöhnlich an seinem Tisch sitzen. Auch Black sieht in diesem Augenblick aus dem Fenster, und Blue erkennt plötzlich, dass er sich nicht mehr auf die alten Methoden verlassen kann. Spuren, Hinweise, Beinarbeit, die Routine der Nachforschung – nichts davon ist noch von Bedeutung. Aber als er sich vorzustellen versucht, was dieses Verfahren ersetzen wird, kommt er nicht weiter. Blue kann in diesem Augenblick nur vermuten, was der Fall nicht ist. Zu sagen, was er ist, geht jedoch über seinen Verstand.
Blue stellt seine Schreibmaschine auf den Tisch und sucht nach Ideen, er versucht, sich ganz der vor ihm liegenden Aufgabe zu widmen. Er denkt, dass eine wahrheitsgemäße Schilderung der vergangenen Woche vielleicht auch die verschiedenen Geschichten mit einschließen müsste, die er sich über Black ausgedacht hat. Da er so wenig anderes zu berichten hat, würden diese Ausflüge ins Erdichtete dem, was geschehen ist, wenigstens etwas Würze verleihen. Aber Blue besinnt sich und sieht ein, dass sie im Grunde nichts mit Black zu tun haben. Dies ist schließlich nicht die Geschichte meines Lebens, sagt er. Über ihn soll ich schreiben, nicht über mich selbst.
Dennoch, es bleibt die launische Versuchung, und Blue muss eine Weile mit sich kämpfen, bis er sie abgewehrt hat. Er geht an den Anfang zurück und arbeitet den Fall Schritt für Schritt durch. Entschlossen, genau das zu tun, was von ihm verlangt wird, stellt er den Bericht gewissenhaft in seinem alten Stil zusammen und behandelt jedes Detail mit so viel Sorgfalt und Präzision, dass viele Stunden vergehen, bevor er zu einem Ende kommt. Als er das Ergebnis durchliest, muss er zugeben, dass alles genau zu sein scheint. Aber warum fühlt er sich so unzufrieden, so verwirrt durch das, was er geschrieben hat? Er sagt sich: Was geschehen ist, ist nicht wirklich das, was geschehen ist. Zum ersten Mal, seitdem er Berichte schreibt, entdeckt er, dass Wörter nicht notwendigerweise funktionieren, dass sie die Dinge verdunkeln können, die sie zu sagen versuchen. Blue blickt sich im Zimmer um und heftet seine Aufmerksamkeit nacheinander auf verschiedene Objekte. Er sieht die Lampe und sagt vor sich hin: Lampe. Er sieht das Bett und sagt vor sich hin: Bett. Er sieht das Notizbuch und sagt vor sich hin: Notizbuch. Es geht nicht an, die Lampe Bett zu nennen, denkt er, oder das Bett Lampe. Nein, diese Wörter passen genau auf die Dinge, für die sie stehen, und in dem Augenblick, in dem Blue sie ausspricht, fühlt er eine tiefe Befriedigung, als hätte er soeben die Existenz der Welt bewiesen. Dann blickt er über die Straße hinüber und sieht Blacks Fenster. Es ist nun dunkel, und Black schläft. Das ist das Problem, sagt sich Blue und versucht, ein wenig Mut zu finden. Das und sonst nichts. Er ist da, aber es ist unmöglich, ihn zu sehen. Und selbst wenn ich ihn sehe, ist es, als wären die Lichter aus.
Er
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