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Die niederländische Jungfrau - Roman

Die niederländische Jungfrau - Roman

Titel: Die niederländische Jungfrau - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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wohl würde tragen wollen. Während er den Bauchgurt anzog, sah ich mich in ihrem Auge. Ein rundes, blasses Gesicht. Geniert schaute ich woandershin.
    »Ist sie nicht schön?«
    »Sie will bestimmt nicht, daß ich mich auf sie setze.«
    »Sag so was nie in Gegenwart eines Pferdes. So verdirbst du schon von vornherein euer Verhältnis.«
    Ich platzte los, doch von Bötticher meinte es todernst. »Was hab ich dir heute morgen erzählt? Sie verstehen alles. Noch bevor du deinen Zweifel formuliert hast, hat sie schon ihre Schlüsse daraus gezogen.«
    Dann ist es ja sowieso egal, dachte ich mutlos. Vielleicht sollte ich besser gar nicht reiten? Ich hatte nämlich noch eine Menge unausgesprochener Zweifel in petto.
    »Bei Pferden mußt du so tun als ob«, fuhr er fort. »Spiel Theater, tu, als seist du die beste Reiterin ganz Aachens, denk dir was aus.«
    Der hatte gut reden, mein Vorstellungsvermögen ließ mich völlig im Stich. Das Pferd lief an einer Leine, und der Reiter stand breitbeinig auf der Sandfläche. Ich, die Stoffpuppe im Sattel, spielte keine Rolle. Nach vier Runden sollte ich die Zügel kürzer nehmen und meine Waden fester an Loubnas Flanken anlegen, aber darauf reagierte sie natürlich nicht, sie war ja nicht blöd.
    »Halt die Beine ruhig«, sagte von Bötticher, »du brauchst sie nicht zu treiben, du mußt sie nehmen, wie sie ist.«
    »Schaff ich nicht.«
    »Laß dich nicht so schnell entmutigen. Achte auf deinen Sitz, atme ruhig weiter. Du bist die beste Reiterin von Aachen und wirst jetzt traben. Das hast du beschlossen, Schluß, aus!«
    Es passierte nichts. Das Pferd war völlig unbeeindruckt. Von Bötticher versuchte, unsere Aufmerksamkeit dadurch abzulenken, daß er vom Wetter anfing. In der Tat, es war ein glutheißer Tag. Die Bäume regten sich nicht, die Vögel waren sprachlos. Viel zu groß, das Ding, wie auch der Rest meiner Ausrüstung. Ich kam mir vor wie so ein Schwachsinniger, der im Zirkus mal eine Runde drehen darf, während das Publikum mit versteinertem Grinsen auf der Tribüne sitzt.
    Und da gab es ein neues Geräusch. Loubna hörte es als erste. Ein anschwellendes Motordröhnen jenseits des Tors. Von Bötticher rollte hastig die Longe auf, löste den Karabinerhaken, und ich war ihn los.
    »Keine Angst, du machst das prima.«
    Er sprach mit dem Pferd, zu mir sagte er nichts, nicht einmal ein Lächeln brachte er über die Lippen. Das Dröhnen hielt an. Ich nahm die Zügel kürzer und sah über die Schulter zu, wie von Bötticher auffallend gelenkig unter dem Zaun durchkroch. Er lief, eigentlich war es eher ein Dreisprung als ein Laufen, die Auffahrt entlang. Er öffnete das Tor, und ein buttergelbes Kabrio rollte herein. Die reflektierende Windschutzscheibe nahm mir die Sicht auf den Fahrer. Als wir um die Hausecke verschwanden, versuchte ich Loubna anzutreiben. Sie lief bereits etwas schneller, ein unbequemes Gerüttel. Der Motor wurde abgestellt. Eine Frauenstimme, vogelartig. Sie stand neben dem Auto. Hellblond, mit Hutschleier und kirschrotemMantelkleid. Trotz ihrer hohen Absätze stellte sie sich auf die Zehenspitzen, um von Bötticher zu küssen. Loubna ruckte giftig an den Zügeln.
    »Ganz ruhig«, flüsterte ich, »er kommt gleich wieder. Er kommt immer wieder zu dir zurück.«
    Wir trabten bereits. Ich sank tiefer in den Sattel und spannte die Waden an. Von Bötticher sagte etwas, worüber die Blondine sehr lachen mußte, sie scharwenzelte ums Auto. In dem saßen noch zwei Jungen. Die Säbelfechter, da sind sie wohl, dachte ich, die Wichtigtuer. Sie saßen, ohne sich zu rühren, auf der Rückbank, während ihre Mutter zwitschernd und hüftwiegend ihren Schleier verlor. Von Bötticher ging in die Knie. Dazu waren Schleier da, um Männer auf die Knie zu kriegen. Er sah auf einmal sehr jung aus. Warum schaute er nicht zu uns? Loubna streckte den Rücken, wir trabten fast auf der Stelle. Ich brauchte nichts zu tun, wenn ich mich entspannte, schwang ich von allein mit. Auf einmal kam Heinz aus dem Haus, um das Auto einzuparken. Loubna zögerte keine Sekunde. Unter mir entfaltete sich eine gewaltige Kraft, ich suchte nach Halt wie ein Boot auf einer Flutwelle. Mit Grausen blickte ich auf den Pferdehals, der mit heftigen Rucken den Sturm entfachte. Der Motor wurde angelassen. Loubna schoß quer über die Sandfläche, machte einen Satz zur Seite mit allen vier Hufen gleichzeitig und blieb stocksteif stehen. Mich hatte es nach hinten katapultiert, ich griff nach ihr, wo ich sie nur zu

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