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Die Oder gluckste vor Vergnügen

Die Oder gluckste vor Vergnügen

Titel: Die Oder gluckste vor Vergnügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ulrici
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waren, wählten wir unbewußt das letzte.
    Als das Unwetter begann, gingen wir in der Bucht von Bibiwerder vor Anker.
    Bibi inspizierte die Bretterhütte. »Ein prima Inselhotel!« meldete sie. Durch den peitschenden Regen schleppten wir unser Gepäck und das, was von den Schlafdecken brauchbar war. In den Kissen steckte noch das Swinemünder Hafenwasser.
    Die kleine Hütte hatte der Arbeitsdienst gebaut, wahrscheinlich während irgendwelcher Arbeiten am Inselgestade. Bretterbänke gab’s eine ganze Menge. Und sogar einen Kanonenofen.
    »Und drei Tische«, stellte Bibi fest. »Da kann jeder an einem sitzen, falls wir uns verzanken.«
    Während draußen das Unwetter tobte, richteten wir uns ein.
    »Ich übernehme die Zentralheizung«, sagte Bibi. Sie machte sich am Ofen zu schaffen. Das war keine schlechte Idee, denn es war kalt geworden. Auch brauchten wir einen zweiten Herd. Für das Versöhnungsfest reichte der Spirituskocher nicht. Es sollte Bratwürste, Büchsengemüse und Pudding geben.
    »Bibi, was machst du denn da?« fragte ich. Dicke Rauchschwaden quollen aus dem Feuerloch.
    Nach Atem ringend, liefen Cotta und ich zur Tür. Bibi warf das Holz hin (in Stücke geschlagene Bretterbänke) und folgte uns.
    Wir standen im Regen, während der Rauch über unsere Köpfe hinwegzog.
    »Es brennt!« rief Cotta. »Du hast die Hütte angezündet!«
    Bibi erklärte hustend, das gebe sich. Also ließen wir uns naß regnen und warteten. Aber es gab sich nicht. Im Gegenteil.
    »Ist denn überhaupt ein Ofenrohr da?« fragte ich.
    Wir liefen um die Hütte, sahen den Rauch durch alle Ritzen quellen, aber nicht durch ein wie auch immer geartetes Rohr. Der Ofen entließ seinen Qualm nicht ins Freie, sondern in den Raum. Schluß mit dem Feuern, jetzt mußte mit Wasser nachgeheizt werden.
    »Bibis Zentralheizung!« sagte Cotta.
    Wir öffneten Tür und Fenster und warteten, bis sich der Rauch verzogen hatte. Das dauerte eine halbe Stunde. Der Endeffekt war eine schöne, feuchte Kälte.
    »Prost Mahlzeit!« rief Cotta. »Auf der Bratpfanne liegt ein Kilo Ruß.« Wir pusteten über die Vorräte und Tassen und beschimpften Bibi wie Rohrspatzen.
    »Moment, Moment«, sagte Bibi gelassen. »Schaut mal, was ist das hier?«
    Es war ein Ofenrohr. Es war herausgerutscht und hinter den Ofen gerollt. Ich setzte es ein, und wir probierten es noch einmal. Jetzt ging’s. Bibi zerstampfte eine zweite Bank zu Brennholz und riß ein paar Dielen aus dem Fußboden.
    »Wenn du peu ä peu die Hütte verheizt, steht der Ofen morgen früh allein im Gelände«, sagte Cotta.
    »Na, dann such’ ich draußen was«, erklärte Bibi. »Rex, paß mal auf!« Mit Cape und Brotmesser verschwand sie im Regen.
    »Jetzt fällt sie einen Baum«, sagte Cotta. Während sie Puddingpulver anrührte, spähte sie aus der Tür. Dann kam sie rasch zurück. Etwas in ihrer Miene zeigte mir, daß sie auf »Aussprache« gestimmt war. Die Gelegenheit war günstig.
    »Rex?«
    »Ja?«
    »Jetzt sage mir, warum du ausgerissen bist. Ich meine, wessentwegen. Bibis wegen?«
    »Eigentlich hat mich der Oberleutnant mehr gekränkt«, erwiderte ich.
    »Ha, eifersüchtig. Das wollte ich hören!« Sie blitzte mich an. »Und mit welchem Recht? Seit mein Vater da war, war ich für dich Luft.«
    »Aber...«
    »Ich weiß, du hast ihm allerlei schwören müssen. Und was du mir in der Scheune geschworen hast, wiegt dagegen nichts? Deine Liebe läßt sich auslöschen wie eine Kerze? Mein Vater pustet — und die Flamme erlischt. Was kann das für ein Flämmchen gewesen sein?!«
    Ich stopfte ein Stück Holz in den Ofen. »Du weißt nicht, was du redest«, sagte ich.
    »Du weißt nicht, wie ich es meine. Ich meine, ein Vater kann alles verbieten, nur das Seelische nicht. Das scheinst du vergessen zu > haben.«
    Ich konnte ihr nicht sagen: Zwischen der Scheune und diesem Gespräch liegt nicht so sehr dein Vater als vielmehr Bibi. Etwas in meiner Brust zog sich schmerzhaft zusammen. Ich bekam eine Verratskolik. Eine doppelte sogar. Denn wie die Auseinandersetzung enden würde, ahnte ich nur zu gut.
    »Das Seelische gilt dir nichts«, sagte sie. »Das hätte ich wissen sollen. Um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen — bei mir ist es umgekehrt. Mir lag von Anfang an nichts an Knutscherei.«
    Ich warf die Ofentür zu. Da stand sie und rührte zornig den Pudding an, eine pagenhafte, schwarze Gestalt in Trainingshose und Rollkragenpullover. »Cotta«, sagte ich.
    Sie hatte keine Zeit zu begreifen.

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