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Die Oder gluckste vor Vergnügen

Die Oder gluckste vor Vergnügen

Titel: Die Oder gluckste vor Vergnügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ulrici
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so dumm angestellt.«
    »Ja«, sagte sie und warf die Büchse hin, »die können ja alles besser, nicht?«
    »Sie! Solche Töne, und ich drehe Ihnen den Hals um.«
    »Sie sind ein Schuft!« rief sie. »Sie rächen sich an mir, weil Ihnen die beiden Biester die kalte Schulter zeigen. Aber das zahle ich Ihnen heim. Ich mache Sie zum Gespött von Swinemünde. Gleich, wenn ich zurückkomme, gehe ich...«
    Ich erfuhr nicht, wohin sie gehen wollte. Ich jagte sie in der Kajüte hin und her. Wie ein Schiffskobold sprang sie mir davon. Diesmal trieben wir fast vor den Bug eines Kutters.
    Während ich wieder in die Speichen griff, malte ich mir aus, was sie Bibi und Cotta für Schauermärchen erzählen könnte. Vielleicht gar, daß ich sie eingeladen hätte. Das konnte mich um die letzten Chancen bringen, denn insgeheim hatte ich ja gehofft, daß Bibi und Cotta mir nachgereist kämen.
    »An die Pumpe!« befahl ich wütend. Etwas Wasser schwappte unter den Planken, aber sie wußte nicht, daß das eine normale Menge war. »Der Kahn hat ein Leck«, behauptete ich.
    Gehorsam ging sie an die Arbeit. Sie ächzte und schwitzte. Da die Pumpe bei so niedrigem Wasserstande nicht richtig saugen konnte, kam wenig dabei heraus.
    »Ihre Ungeschicklichkeit«, sagte ich.
    »Ich kann nicht mehr.«
    »Wer mitfährt, muß seinen Mann stehen.«
    Sie pumpte weiter. Schon aber ließen wir die Insel Leitholm hinter uns und fuhren ins Papenwasser ein. Wir hatten die Überfahrt in einer wahren Rekordzeit geschafft. Gerda taumelte hoch und strich sich das Haar aus der Stirn. »Ach«, rief sie enttäuscht, »jetzt sind wir bald da!«
    Das war entwaffnend.
    »Seien Sie froh«, sagte ich. »Es war ja wohl kein Vergnügen.«
    Sie sah mich an. Das Hämische in ihrem Gesicht war plötzlich wie weggewischt. »Sind Sie mir böse?« fragte sie hoffnungsvoll. Sie legte die Pumpe hin und kam näher.
    »Im Gründe hatte ich nur eine Wut auf mich selbst«, sagte ich. »Entschuldigen Sie! Es tut mir leid, daß ich’s an Ihnen ausließ.«
    »Ach«, sagte sie. Im nächsten Augenblick hatte ich sie im Arm. Wie ein Bündel Stroh, durch dessen Halme auf einmal warmes Leben rann. Und, o Wunder, dieses Bündel gab mir mein verlorenes Selbstgefühl zurück. Als wir die Hakenterrasse erreichten, hatte ich Gerda — ausgerechnet Gerda — öfter geküßt als je im Leben ein anderes Mädchen.
    Eben ging der Dampfer »Odin«, der uns in der Hafeneinfahrt überholt hatte, an den Kai.
    »Mit dem kannst du gleich zurückfahren«, sagte ich. »Hast du Geld?«
    »Ja.« Sie sah mich erwartungsvoll an. Sie wollte hören, ob ich sie gern noch weiter mitgenommen hätte.
    Doch. Denn es war kein angenehmer Gedanke, allein die Oder hinaufzufahren. Wie Spießrutenlaufen zwischen den Ufern der Erinnerung würde das sein.
    »Raffaela und Barbara sagst du nichts?« fragte ich.
    »Nein«, schwor sie. Es war ihr Ernst. Sie plauderte nur über die Geheimnisse anderer. Hatte sie aber selbst eines, dann hütete sie es. Sie war so ein Typ.
    »Nimm den Bootshaken, wir legen an«, sagte ich, eine freie Stelle am Bollwerk erspähend. Im selben Augenblick sah ich, wie sich aus dem Gewimmel der Dampferpassagiere zwei Gestalten lösten. Obwohl ich sie zuallerletzt hier vermutet hätte, erkannte ich sie sofort.
    Es waren Bibi und Cotta.
    Mit raschem Griff hielt ich Gerda in der Kajüte zurück. »In die Klappe! Schnell, schnell!«
    Sie gehorchte. Sie dachte wohl, ihr Vater stehe da. Eilig wie die Maus im Loch verschwand sie unter dem Sitz.
    Ich warf das Tau aus. Und schon fiel ein Schatten über mich: Bibi.
    Ich sprang auf den Kai.
    Ein Blick in Bibis Äugen zeigte mir, daß sie von Gerda nichts ahnte. »Rex!«
    »Hallo«, sagte ich heiser, »woher kommt ihr denn so schnell?«
    »Schnell? Du bist schnell! Eine halbe Stunde nach deiner Abfahrt kamen wir aus Bansin — Lümmel und Schmitt mußten doch zum Dienst. Wir wußten ja nicht, wie uns geschah, als wir von der Wirtin hörten...«
    »Wo ist Cotta?« fragte ich.
    »Beim Gepäck, da, am Fahrkartenhaus.«
    Nur vom Boot weg, dachte ich.
    Wir gingen auf Cotta zu.
    »...und da sind wir gleich mit dem Bäderdampfer gefahren«, berichtete Bibi weiter. »Wir dachten, wir sähen dich auf dem Haff, aber wir überholten dich erst in der Hafeneinfahrt, wir winkten, doch es schob sich ein Dampfer dazwischen. Sag mal, hat Pustekohls Boot plötzlich Flügel, daß es so schnell ging?«
    Ich murmelte etwas von gutem Wetter und Totalflaute.
    Cotta blickte mir mit

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