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Die Oder gluckste vor Vergnügen

Die Oder gluckste vor Vergnügen

Titel: Die Oder gluckste vor Vergnügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ulrici
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raunte ich.
    Sie gehorchte. Das Holz knackte in allen Fugen. Wir lagen ganz still. Es war nicht praktisch, aber süß.
    »Liebste!«
    »Liebster!«
    In diesem Augenblick brach der Tisch zusammen. Die Verschraubung war aus der Wand gerutscht, die Tischbeine knickten nach vorn. Die Platte mit der doppelten Auflage sauste mit Donnergetöse auf den Fußboden. Dort lagen wir genauso wie eben — oder oben nur vor Schreck gelähmt. Und Cotta hatte ihre Hand zwischen Fußboden und Platte. Das merkte sie wegen des Schocks mit Verzögerung.
    »Au!« stöhnte sie. Ich hörte ihre Zähne knirschen. Im ersten Entsetzen hielt ich meine Arme fest um sie. Und so sah uns Bibi, die sehr flink ein Licht angezündet hatte.
    »Cotta!« schrie Bibi. Es war ein zoologischer Schrei, der gellend durch das Fenster wie ein akustischer Blitz über die dunkle Oder fuhr. Und dann stürzte sie sich auf Cotta. Die Kerze erlosch.
    »Meine Hand«, jammerte Cotta. »Bibi, warte doch.« Bibi wartete nicht.
    »Sie bringt mich um!« rief Cotta.
    »Bibi!« Ich versuchte sie zu packen.
    »Laß mich los, Rex«, sagte Bibi, sonst kratz’ ich Cotta die Augen aus.«
    »Rex, laß Bibi los«, stöhnte Cotta.
    Ich zündete die Kerze an. »Du gemeine Schlange«, fauchte Bibi. »Du...« Und sie sagte sehr unfreundliche Worte. Ich zog an ihren Zöpfen. Da drehte sich Bibi um und haute mir auf das von dem Sektpfropfen malträtierte Auge. Das war zuviel. Ich ging in die Knie.
    Bibi ließ von Cotta ab. Cotta raffte sich auf und kam rasch zu mir. »Du Hexe!« schrie sie. »Was hast du mit meinem Rex gemacht? Liebster, was hat sie...«
    Bibi stand im flackernden Kerzenlicht wie eine Salzsäule. »Liebster!« wiederholte sie. »Liebster! Und ich bin eine Hexe. Ja, das bin ich wohl. Das hat mir schon mal einer gesagt.« Und sie zitierte:

    »Oh, Hexe, koche mich sauer
    Und koche mich süß, wenn du willst.
    Ich fühle nur liebliche Schauer,
    Auch wenn du mich grillst!«

    Sprach’s und ging aus der Hütte. »Wohin geht sie?« rief ich.
    »Wahrscheinlich ins Wasser«, sagte Cotta kalt. »Was hat sie da für einen Vers aufgesagt? Ein Gedicht von dir?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Du hast ihr Gedichte gemacht?«
    »Scherzgedichte«, murmelte ich.
    Cotta erhob sich. »Rex, nimm bitte deine Sachen und geh hinaus. Du hast mich belogen. Du hast mir immer gesagt, du hättest ihr nichts gedichtet.«
    »Aber, Cotta, es war doch nur ein Scherz. Hast du nicht gehört...«
    »Ich habe das Anzügliche darin gehört. Ich kenne dich. Ich weiß, wie du so etwas meinst. Du hast mich also hintergangen. Du hast die ganze Zeit auf zwei Schultern getragen. Du bist ein Scheusal, genau wie Bibi. Ihre Wut sagt mir alles.«
    »Aber ich habe mich doch längst entschieden. Ich habe dir gesagt, ich liebe nur dich.«
    »Einen Moment. Von wann war das Gedicht? Vor der Scheune - oder nach der Scheune?«
    »Nach«, sagte ich.
    »Oh«, sagte Cotta. »Oh, oh, oh, oh.« Sie setzte sich auf eine Bank. »Was war ich dumm! Dümmer als die dümmste Trine, die auf einen falschen Grafen hereinfällt. Oh, oh, oh.« Sie krümmte sich, als hätte sie Bauchweh.
    Ich kniete ernsthaft vor ihr nieder. »Ich liebe dich. Ich liebe dich mehr denn je. Und ich schwöre dir...«
    »Rex«, sagte Cotta, »gib dir keine Mühe. Es ist aus. Genau, wie’s mit Bibi aus ist. Ich will Bibi nicht mehr sehen.«
    Ich ging hinaus. Es regnete stark. Unter den Büschen war kein Schutz. Nachdem ich mich eine Weile herzenswund und unschlüssig herumgedrückt hatte, ging ich aufs Boot. Kaum hatte ich meinen Fuß auf den Bug gesetzt, als Bibi drinnen hochfuhr: »Ist das Cotta?«
    »Nein. Ich.«
    »Was willst du?«
    »Mit dir sprechen.«
    »Zwecklos«, rief Bibi. »Tu mir aber einen Gefallen. Sage Cotta, ich will sie nie wieder sehen, hörst du, nie!«
    »Es ist etwas passiert«, sagte ich. »Laß mich einen Moment in die Kajüte.«
    Sie ließ mich ein. Ich knipste das Licht an. Sie aß Bonbons aus einer Tüte, aber ihr Gesicht sah sehr erwachsen aus.
    »Darf ich Pfeife rauchen?«
    »Ja«, sagte Bibi. »Und was ist?«
    »Es ist etwas kaputt.«
    »Zwischen dir und Cotta?«
    »Ja.«
    »Du liebst Cotta?«
    »Ja«, sagte ich. »Aber nun hast du den Vers zitiert...«
    »Nun, und? Hatte ich kein Recht dazu?«
    »Doch.«
    »Eben«, sagte Bibi. »Also, du liebst Cotta. Warum hast du mir dann aber gesagt... Du weißt doch noch...?«
    »Ja«, sagte ich. »Das war der Fehler.«
    Bibi schüttelte die Zöpfe. »Wie kann man ein Mädchen zum Spaß betrügen?

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