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Die Oder gluckste vor Vergnügen

Die Oder gluckste vor Vergnügen

Titel: Die Oder gluckste vor Vergnügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ulrici
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Junge vom Portier sei damit in Gütergotz.
    Bibi begriff die Tragweite dieser Eröffnung nicht. »Die Geschäfte sind doch noch zu. Wo kann man Cottas Plattfuß flicken?«
    »Tankstelle!« rief ich.
    Als ich den Hörer auf legte, stand der Inder vor mir. »Sie verbrauchen ein Rad?« fragte er.
    »Ich brauche dringend eins, ja.«
    Mr. Singh lächelte. »Ich auch«, sagte er. Als beabsichtige er gleichfalls, mit Bibi und Cotta zu fahren. Es war alles möglich.
    »Ich habe ein Juwel«, sagte er. Und als ich nach seinem Turban blickte: »No, no, Fahrrad... trademark.«
    Mir ging ein Licht auf. Er hatte ein Rad, Marke Juwel. Ich hielt den Atem an.
    »Ich Ihnen borgen!« lächelte Mr. Singh.
    Er erklärte, er brauche es nicht. Und er gehe zum Portier Poske, um das Juwel aus dem Keller zu holen.
    Wirklich, der Morgen war voller Wunder. Als ich richtig zu mir kam, war ich mit Bibi und Cotta bereits in Bernau.

    Anmerkung der Sekretärin: »Cotta hat einen Plattfuß« habe ich so stehenlassen, obwohl es sich doch auf das Rad bezieht.

Angermünde und andere Münder

    Charlottenburger Chaussee, Siegessäule, Brandenburger Tor — das alles lag längst hinter uns.
    »Komm nich’ mit de Zöppe in die Speichen!« hatte ein Arbeiter gerufen. Bibi, in weißem Plissee, strampelte auf einem braven Damenrad. Cotta, elegant in weißen Shorts, hatte eine Art Rennrad von ihrem Bruder. Auf ihrem Gepäck thronte ein Geigenkasten. An Bibis Lenkstange hing der Wasserball.
    Vor dem Berliner Schloß, wo das Eisen wie umgegossene Kanonen die Denkmalstreppe herunterfloß, flog Cotta zum erstenmal hin. Bibi fuhr im Bogen, sprang ab und überließ das Rad sich selbst, als sei es ein Pferd.
    Gehinke zur Denkmalstreppe. Cotta: Schramme am Knie. Erklärung von Bibi: »Cotta ist hingefallen.«
    Bis Bernau fiel Cotta dann aber nicht mehr hin.
    Und so saßen wir hier im Gartenlokal an der Bruchsteinmauer.
    Ich trank Kaffee, Cotta studierte die Karte, Bibi schwenkte ihr Glas Milch. Um uns herum hüpften Spatzen. Sie hüpften wie mein Herz in der Brust.
    Es hatte schon Ärger gegeben, so einen kleinen, versteckten Schwelbrand.
    »Bibi...!« hatte Cotta mit gedämpfter Schärfe gesagt. Denn Bibi hatte ihr Rad an meins gelehnt, obwohl es doch woanders schon ganz gut gestanden hatte, und Cotta hielt das für eine Provokation. Da ging Bibi hin und lehnte Cottas Rad an meins, weil sie Cottas Zurechtweisung für Eifersucht hielt. Worauf ihr Cotta einen Vogel zeigte.
    »Aus Bernau kommt doch die Panke, die bei Pankow in die Spree fließt?« erkundigte sich Bibi.
    »Ich weiß nur, daß in Bernau alles hussitisch ist«, sagte Cotta.
    Bibi guckte zum wehrhaften Turm und bewunderte die Hussitenstörche. Und dann machte uns der Hussitenkellner Spaß. Er hatte den Rück-Fimmel. Er rückte sogar Stühle gerade, die schon gerade gestanden hatten. Als er mal nicht hinguckte, lief Bibi hin und verrückte einen Stuhl.
    »Bibi...!« mahnte Cotta.
    Der Kellner erspähte den schiefen Stuhl aber sofort, er rückte ihn zurecht und brabbelte hussitisch.
    Auf der Weiterfahrt stritten sich Cotta und Bibi über die Hussiten.
    »Ich glaube, das waren die Hunnen von Dschingis-Khan«, sagte Cotta.
    »Nein«, meinte Bibi. »Es gab mal einen Scheich Ibn Hussein.«
    »Der arme Hus«, murmelte ich.
    Nun behauptete sie aber Stein und Bein, der habe gewiß nichts mit den Hussiten zu tun.
    In Biesenthal, neben dem Bismarckdenkmal, kaufte sich Bibi eine Tüte Eis. Dabei fiel ihr das Rad aus der Hand.
    »Vooorsicht...!« schrie Cotta.
    Zu spät. Ein Radfahrer fuhr darüber hin, es gab einen Wirrwarr von Speichen und Beinen. Über das Pflaster polterte ein Emailletopf.
    Man sah eine blutrote Pfütze, die sich entsetzenerregend verbreiterte. Ich hatte eine Vision von Sanitätern, einer Bahre und zwanzig Meter Verband. Aber es waren nur rote Rüben.
    Der Mann sammelte sich auf und schüttelte den Saft von den Fingern. Ich zahlte eine Mark fünfzig für die Speichen. Ein paar Zigaretten für den Schreck.
    Bibi stand unversehrt, wenn auch mit hängenden Zöpfen, leckte ihre Tüte Eis und ließ Cottas Donnerwetter über sich ergehen.
    Als wir weiterfuhren, schloß sich uns ein Fahrtenbummler an. Er erklärte uns, was hier im »Thal der Biesen« alles los gewesen sei.
    Zum Beispiel habe der General von Prend hier einen Sitz gehabt. Der war uns kein Begriff.
    Er habe die Berliner Marienkirche gelöscht. Mit Kanonen. Der brennende Turm wurde einfach weggeschossen.
    Aber wie schossen wir jetzt den

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