Die Oger - [Roman]

erste Schock gelegt hatte, und erzählte dann ihre Geschichte: wie sie das falsche Artefakt entdeckten und zu den Arkan-Ogern reisten. Immer wieder wurde Kruzmak von Zwischenrufen unterbrochen, die ihn als Lügner beschimpften, aber je länger er sprach, desto leiser wurden die Stimmen. Zum Ende hin war es totenstill und nur das knisternde Feuer begleitete den Klang seiner tiefen Stimme.
    »Ihr nicht glauben. Er Verräter«, schrie abermals der junge Oger und suchte nach Zustimmung bei seinen Kameraden. Er sprang auf und stieß mit dem Fuß so in den sandigen Boden, dass Kruzmak Erde und kleine Steine ins Gesicht flogen. Hasserfüllt drehte sich der junge Oger um und stampfte durch das Lager.
    Kruzmak sah ihm mit traurigem Blick nach. Er wusste, wie schwer die Erkenntnis sein konnte, jahrelang dem falschen Weg gefolgt zu sein.
    »Er jung«, erklärte Zagat. »Er verloren Freunde bei Trollhöhlen.«
    »Wir alle verloren Freunde durch Meister«, sagte Kruzmak ruhig.
    Nachdenklich nickte Zagat und senkte den Blick zu Boden.
    »Du schwören, alles wahr, was sagen?«
    Kruzmak sah zu Zagat hinüber und verzog keine Miene.
    »Schwören bei Gott Tabal und Gemeinschaft von Kriegsoger«, sagte er feierlich.
    Das schien Zagat jedoch noch nicht zu genügen. Er griff nach seinem Beutel und suchte etwas darin. Dann streckte er den Arm vor und hielt Kruzmak die Faust entgegen. Langsam öffnete er die Finger, und zum Vorschein kam ein großer Saphir, der in Herzform geschliffen war. Die Makellosigkeit dieses Steines hätte jedem Zwerg die Tränen in die Augen getrieben. Der Edelstein hatte einen enormen Wert für jedermann, aber für die Oger war er unbezahlbar. Kruzmak wusste, was er war oder besser, was er sein sollte.
    »Das Herz Tabals«, flüsterte er.
    Ihm war nicht bekannt, dass Zagat und seine Leute im Besitz des angeblich mächtigsten Artefaktes ihres Gottes waren, aber wie jeder andere Oger kannte er die Prophezeiung. Wenn die Zeit gekommen war, und alle Relikte des Gottes zusammengetragen wurden, würde sich Tabal aus der Erde erheben.
    In seinen Körper sollte dann der Edelstein gesetzt werden, um ihn wieder auf Erden wandeln zu lassen. Tabal würde alle Ungläubigen vernichten und zu allerletzt die Götter töten, um allein zu herrschen. Und die Kriegsoger würden an seiner Seite stehen, bis ans Ende aller Zeiten. Jeder unwürdige Körper, der den Stein in sich aufnahm, würde sofort zerfallen, und die Seele des Verräters wäre für alle Zeiten verdammt.
    »Du beweisen Ehrlichkeit«, sagte Zagat und hielt ihm drängend den Stein entgegen.
    Noch bevor Kruzmak sich überlegen konnte, ob sein Körper das Verschlucken eines Steines dieser Größe überhaupt verkraftete, war der junge Oger heran und trat Zagat mit dem Fuß in die Seite. Zagat rollte gefährlich dicht ans Feuer und konnte nur mit Glück den Flammen ausweichen. Schnell kam er wieder auf die Beine und stellte sich seinem Widersacher.
    »Ich habe Kommando und sagen, was machen«, schrie er den jungen Oger an.
    Anscheinend von seinem eigenen Tun überrascht, aber unnachgiebig drehte er Zagat den Rücken zu.
    »Ich gehen zu Meister und sagen ihr Verräter«, brüllte er.
    Unsicher sah Zagat Kruzmak an, der warnend mit dem Kopf schüttelte. Er wusste, dass alles auf dem Spiel stand. Wenn die Meister jetzt von ihren Plänen erfuhren, wäre alles verloren. Zagat sprang über das Feuer hinweg und folgte dem jungen Oger. Von hinten trat er an ihn heran und nahm ihn in den Schwitzkasten. Dieser konnte der Kraft des Anführers nichts entgegensetzen. Zagat ging in die Knie und drückte damit das Gesicht seines Gegners auf den felsigen Grund.
    »Du tun was ich sage. Verstanden?«
    Die Antwort kam nur unverständlich, aber die Absicht einzulenken, war dennoch klar. Zagat lockerte seinen Griff allmählich, bis er schließlich ganz von dem Oger abließ. Gerade hatte er ihm wieder den Rücken zugekehrt, da sah Kruzmak die lange Klinge hinter Zagat aufblitzen. Es blieb keine Zeit, den Anführer zu warnen. Die Klinge sauste auf ihn zu, bis sie wie von Geisterhand stockte und zu Boden fiel.
    Der junge Oger taumelte an Zagat vorbei, verlor die Kontrolle über seine Beine und stürzte der Länge nach mit dem Gesicht voran ins Feuer. Eine Zwergenaxt ragte aus seinem kahl geschorenen Hinterkopf. Die Waffe war mit solcher Wucht geschleudert worden, dass die Klinge fast ganz im Schädel verschwand. Zwei der Oger zogen ihren Kameraden sofort aus den Flammen. Die anderen hatten