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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Aber ich warne euch beide: Wenn er wieder anfängt herumzuschreien, stopfe ich ihm das Maul mit seiner vornehmen Robe.«
    Sofort besserte sich Cindiels Laune wieder ein wenig. Sie sprang auf und lief zum König, der an einen alten Baumstamm gelehnt dasaß. Es war das erste Mal, dass sie ihn genau betrachten konnte. Er hatte nichts mit jenem König zu tun, den sie sich immer in Gedanken ausgemalt hatte. Ein großer, stattlicher Mann mit breiten Schultern und einem Blick, der jedem das Blut in den Adern gefrieren lassen konnte. Nein, König Wigold war ein Mann um die sechzig. Sein ergrautes Haar lag auf seinen Schultern, und die Partie um seinen Mund wurde von einem sauber geschnittenen Vollbart geziert. Seine kleine Gestalt und der weit vorstehende Bauch hatten nichts Heroisches. Ein Detail jedoch hatte in Cindiels Vorstellungen nie eine Rolle gespielt, ein Detail, das dieser Mann aufwies und das ihm mehr Würde und Stolz verlieh als selbst dem größten Feldherrn: seine Augen. Sie strahlten, zeigten Güte und waren freundlich, dennoch konnte man in ihnen auch Tatendrang und Wachsamkeit erkennen. Diese Augen waren wahrhaftig die Augen eines großen Königs!
    »Eure Hoheit«, sagte Cindiel, bevor sie den Knebel löste, »Ihr müsst tun, was er sagt. Wir wollen Euch nichts Böses, wir wollen Euch nur die Wahrheit zeigen. Habt Ihr das verstanden?«
    König Wigold nickte gelassen und ruhig. Cindiel öffnete den Knoten des Knebels, und der König spuckte den Stofffetzen aus. Er zog einige Grimassen, um die angespannten Muskeln um die Mundwinkel wieder zu lockern.
    »Ich bin ganz ruhig«, sagte er und schaute Cindiel mit seinen müden Augen an. »Könnte ich etwas zum Essen und zu Trinken haben?«
    Cindiel förderte etwas Proviant und eine Wasserflasche aus ihrem Rucksack zutage. Entschuldigend breitete sie die kleine Mahlzeit vor dem König aus.
    Sie schaute verstohlen zu Mogda, der in die Richtung blickte, aus der er Rator erwartete. Lächelnd öffnete sie die Handfesseln des Königs. Gierig stopfte er sich einige Scheiben getrockneten Schinken in den Mund und spülte sie mit dem Wasser herunter.
    »Es ist erstaunlich, dass man den Geschmack von etwas vergessen kann«, wunderte er sich. »Ein Stück Speck habe ich das letzte Mal in meiner Kindheit gegessen, seither nicht wieder.«
    »Warum?«, fragte Cindiel verblüfft. »Mögt Ihr keinen Speck?«
    »Er schmeckt gut, ist aber nicht vornehm genug, um bei Hofe serviert zu werden.«
    Das war eine Aussage, die Cindiel nur schwer nachvollziehen konnte und die das Weltbild eines Ogers gewiss zerstören könnte.
    »Gebt Mogda die Gelegenheit, die Gründe für Eure Entführung zu erklären, Eure Majestät ... bitte«
    Verunsichert nickte König Wigold.
    »Mogda«, rief Cindiel, »der König hört dir jetzt zu.«
    Langsam und bedächtig erhob sich Mogda.
    »Na, hoffentlich hält er sich jetzt ein wenig mit seinen Verwünschungen zurück, sonst ist das Gespräch schneller zu Ende, als ihm lieb sein kann«, brummte er beim Näherkommen.
    Mogda setzte sich vor den König auf den feuchten Waldboden und begann mit seinen Ausführungen. Ungläubig starrte König Wigold ihn an. Mogda konnte nicht aus der Miene des Mannes herauslesen, ob ihn der Inhalt des Gespräches so verblüffte oder das Gespräch an sich. Von Zeit zu Zeit nickte der Herrscher verständnisvoll, jedoch stets an eher unpassenden Stellen von Mogdas Ausführungen, was den Oger immer stärker irritierte. Er erzählte ihm alles, was er über die Nesselschrecken und deren Pläne wusste.
    Ab und zu warf Cindiel aus Verständnisgründen etwas ein, das aber beim König nur wenig Beachtung zu finden schien. Kurz vor dem Ende seiner Ausführungen wurde Mogda von einem beunruhigenden Geräusch unterbrochen. Sofort sprang er auf und eilte einige Schritt auf ein nahes Gebüsch zu. Angespannt lauschte er in die Dunkelheit, bis Cindiel neben ihm auftauchte.
    »Ist nur ein Rudel Wölfe«, beruhigte er sie.
    Für Cindiel wäre es vor einiger Zeit noch unvorstellbar gewesen, dass man sie mit den Worten »Ist nur ein Rudel Wölfe« hätte in Sicherheit wiegen können.
    »Was ist, wenn sie uns angreifen?«
    Lächelnd sah Mogda zu ihr herab.
    »Sie würden nicht seit Anbeginn aller Zeiten auf dieser Welt leben, wenn sie so dumm wären. Viele Oger lieben ihr warmes Fell. Das wissen auch die Wölfe.«
    In diesem Augenblick stellte Mogda das Unfassbare fest.
    »Er ist weg!«, rief er aus. »Das ist doch wohl nicht möglich. Einen Augenblick

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