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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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erscheinen. Außerhalb des Wassers konnte es sich sicherlich nicht fortbewegen.
    »Und was soll das sein?«, fragte Mogda unbeeindruckt.
    »Das ist der Grund, weshalb ihr hier seid. Das ist unser Ältestenstamm. Er beherbergt das Wissen aller bis jetzt verstorbenen Teudraeden und versorgt uns damit. Mit seiner Macht sind wir in der Lage, uns mittels Gedankenübertragung zu verständigen und unsere Zauber zu wirken.«
    Mogda wandte den Blick wieder ab und sah den Meister an. Dessen Augen zeigten nicht mehr die Entschlossenheit und Überheblichkeit, die die Meister sonst an den Tag legten. Etwas verunsicherte ihn, und zwar nicht nur die Tatsache, dass die Oger es bis hierher geschafft hatten.
    »Dann bist du sicherlich stolz darauf, dass du auch gleich ein Teil davon sein wirst«, forderte Mogda ihn heraus. Doch der Meister blieb ruhig.
    »Nein, ich bin gespannt darauf, welche Veränderung ihr durchmachen werdet, wenn wir euch unsere Kinder nennen. Das hat es bis jetzt noch nicht gegeben. Ein Kind und zwei Oger, die die Verwandlung zur Vollkommenheit durchleben. Ich bin gespannt, was ...«
    Listante brach mitten im Satz ab. Cindiel spürte, wie der Druck des Dolches an ihrer Kehle nachließ. Kurz darauf fiel er zu Boden. Sie bemerkte, wie sich die Hand veränderte, die ihr Kinn hochhielt. Die Finger wurden länger und knochiger. Spitze Fingernägel ritzten ihre Haut. Dann zuckte Listante mehrmals zusammen. Cindiel wand sich aus seinem Griff und hob entsetzt den Blick.
    Edder Listante hatte sich in einen Nesselschrecken zurückverwandelt. Seine Augen waren weit aufgerissen und starrten trüb in Richtung See. Dann öffnete er den Mund und schien etwas sagen zu wollen, aber außer einem schrillen Krächzlaut brachte er nichts heraus. Cindiel sah gelbliche Flüssigkeit an seinem Mundwinkel herabrinnen. In seinem geöffneten Mund erkannte sie die Spitze eines Bolzens. Erschrocken riss sie sich los und trat drei Schritte zurück.
    Edder Listante geriet ins Schwanken und fiel dann kerzengerade vornüber zu Boden. Aus seinem Hinterkopf ragte der Schaft eines Bolzens, und in seinem Rücken steckten vier weitere. Ungläubig schaute Cindiel in die Dunkelheit, aus der die Geschosse abgefeuert worden waren.
    Im schwachen Licht erkannte sie König Wigold und fünf seiner Leibwächter, die langsam auf sie zuschritten. Mogda kam herbei und stellte sich schützend vor das Mädchen. Rator tat es ihm gleich, die Waffe noch immer kampfbereit.
    »König Wigold, wie habt Ihr es geschafft, wieder zu uns zu finden?«, fragte Mogda.
    Der König wies seine Leute an, zurückzubleiben und kam langsam auf Cindiel und die zwei Oger zu. Dann griff er sich den Dolch aus Rators Gürtel und zeigte ihn Mogda.
    »Edder Listante hat gesagt, ich soll ihn mir später holen. Und da bin ich.«
    Mogda hätte den alten Mann umarmen können, wusste aber nicht, ob eine solche Geste seitens eines Ogers vielleicht von seiner Leibwache missverstanden werden könnte. So beließ er es bei einem breiten Grinsen und einer angedeuteten Verneigung.
    »Nun tut schon, wofür ihr gekommen seid«, sagte der König und verneigte sich ebenfalls. Er nahm Cindiel in den Arm. »Oder braucht ihr dafür vielleicht auch die Hilfe eines alten Mannes und eines kleinen Kindes?«
    »Ich glaube, das schaffen wir auch so.«
    Rator ging zur Böschung des Sees und begann, mehrere große Felsen herauszureißen. Das Wasser bahnte sich schnell einen Weg hinaus und riss ein immer größer werdendes Loch. Bald lag das Wesen, das die Meister Ältestenstamm nannten, auf dem Trockenen. Nicht mehr vom Wasser getragen, hatte es kaum noch eine definierbare Form. Es sah aus, wie ein übergroßer Hummer mit dem Kopf einer schwarzen Qualle. Nichts regte sich an dem Geschöpf, aber es war noch am Leben. In dem langsam austrocknenden Schlamm sahen sie zahlreiche blutegelartige Wesen, die hilflos zappelten, wie Fische auf dem Trocknen. Mogda drehte sich der Magen um bei der Vorstellung, dass so ein Vieh in ihm saß und ihn langsam verwandelte, wie es bei den armen Kreaturen der Fall war, die sie getötet hatten. Niemals hätten sie aus Mogda einen Wanderer gemacht. Lieber wäre er gestorben ... wenn er die Wahl gehabt hätte.
    Rator wollte schon ins Becken steigen, um dem Wesen ein Ende zu bereiten, doch Mogda hielt ihn zurück. Er nahm sich einen Felsbrocken und visierte den Stalaktiten an. Dann holte er aus und warf auf den Fels. Nur um Haaresbreite verfehlte er ihn, und der Stein schlug in den

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