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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Labyrinth begonnen hatte. Sie gingen an dem Raum mit dem Wasserbecken vorbei und betraten einen kurzen Gang, der nach fünfzig Schritt vor einer schweren Eichentür endete. Der Wanderer wurde sichtlich unruhig und erhöhte sein Tempo abermals. An der Tür angekommen, versuchte er, sie zu öffnen, scheiterte aber an den Auswirkungen seiner Verletzung. Die Kraft, sich aufzurichten, besaß er nicht mehr.
    Mogda gab Rator ein Zeichen, dem Wanderer behilflich zu sein. Rator näherte sich vorsichtig von hinten und stieß mit dem Axtkopf auf die Türverriegelung, die daraufhin aufsprang. Für mehr als ein schwaches Fauchen und eine angedeutete Angriffspose reichte es bei dem schwer verletzten Wanderer nicht. Mit letzter Kraft zwängte er sich durch den schmalen Spalt der Tür und gab damit den Blick auf die dahinter liegende Halle frei.
    Das riesige Gewölbe war in bläuliches Licht getaucht. Licht, das aus einem See emporstieg, der in der Mitte der Kaverne lag und von einer Reihe größerer Felsen gesäumt wurde. Der See lag rund hundertfünfzig Schritt entfernt und zwischen ihm und dem Eingang ragten mehrere mannshohe Lehmhügel auf, die entfernt an Baumstümpfe oder Termitenhügel erinnerten. Wie viele von diesen abstrakten Bauwerken es wirklich gab, konnte man nur schätzen, da der größte Teil der Halle im Dunkeln lag.
    Der Wanderer hatte schon einige Schritte Vorsprung und kroch geradewegs auf den beleuchteten See zu, als Rator seine Axt zog und ihm nachlief.
    »Halt«, rief König Wigold. »Dieses Wesen beherbergt eine gequälte Seele aus meinem Volk. Ich werde ihn erlösen. Das Letzte was er sieht, soll nicht das Antlitz seines Feindes sein.«
    Der König trat auf Rator zu und zog dem Oger einen Dolch aus dem Hosenbund. Dann eilte er auf den kriechenden Wanderer zu. Rator wollte ihm nachsetzen, doch Mogda hielt ihn zurück.
    König Wigold packte den Wanderer am Fuß und drehte ihn auf den Rücken. Seine Ehre verbot es ihm, jemanden von hinten zu töten wie ein feiger Meuchler.
    »Diese Kreatur war früher ein junger Mann aus meinem Volk, und der Mensch in ihrem Inneren war es auch, der uns den Weg aus diesem unheiligen Labyrinth gewiesen hat. Er hat einen anständigen Tod verdient. Ich hoffe nur, dass der Tod ihm auch die verdiente Erlösung bringt.«
    König Wigold beugte sich über die leblos daliegende Kreatur und wollte gerade zum tödlichen Stich in die Brust ansetzen, als er einen Moment stockte. Das Wesen hatte nun wieder vollends menschliche Gestalt angenommen. Genau dieses Zögern wurde dem König zum Verhängnis. Der Wanderer schnellte hoch und griff nach Wigolds Arm. Im Bruchteil eines Augenblicks nahm die Kreatur wieder ihre veränderte Form an und stieß die Fangzähne in den Unterarm des Königs. Dem fiel sogleich der Dolch aus der Hand. Sofort hatte der Wanderer die Oberhand gewonnen und zwängte sein Opfer zu Boden, um einen tödlichen Biss zu vollführen.
    Rator war bereits heran und zog die fauchende Kreatur am Haarschopf in die Höhe. Er hielt den Wanderer am ausgestreckten Arm, während er mit dem anderen nach dem am Boden liegenden Dolch griff. Ein tiefer Schnitt durch die Kehle trennte den Kopf vom Rumpf. Gleichgültig warf Rator den Schädel einige Schritt von sich und seinen Begleitern fort. Cindiel eilte heran und hockte sich neben König Wigold, der am Boden saß, sich den Arm hielt und die Blutung zu stoppen versuchte. Mit einem Heilzauber unterstützte sie ihn in seinen Bemühungen. Mogda half dem König auf die Beine.
    »Komm, Cindiel«, sagte Mogda, »wir setzen ihn da hinüber an den Erdhaufen, da kann er sich ausruhen, während wir dieses Gemäuer erkunden.«
    Schon als sie sich den Lehmgebilden näherten, hatte Cindiel ein mulmiges Gefühl. Irgendetwas stimmte nicht mit ihnen. Etwas lauerte darin, etwas Fremdes. Einen Moment später lüftete Mogda das Geheimnis, indem er eine Fackel entzündete.
    Der Fuß der Lehmsäule wurde von menschlichen Körpern gesäumt, die zur Hälfte darin feststeckten. Sie saßen aufrecht an der Säule, die Arme nach hinten angewinkelt. Die Gesichter lagen frei, während ihre Hinterköpfe im Lehm verschwanden. Ihre nackten Oberkörper gingen nahtlos in die Säule über. Durch jeden Körper war in Schulterhöhe ein Holzpflock getrieben. Einer der Männer hatte die Augen geöffnet und starrte ausdruckslos ins Leere. Das leichte Heben und Senken des Brustkorbes bestätigte jedoch, dass er noch lebte.
    Cindiel ließ König Wigold in Mogdas Obhut und beugte

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