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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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sich in sicherem Abstand zu dem Mann hinunter. Sie wirkte mehrere Zauber und nahm dann ihren Rucksack ab. Sie holte das Zauberbuch ihrer Großmutter hervor, blätterte darin und wirkte schließlich einen weiteren Zauber. Mogda hörte sie schluchzen.
    »Was ist mit dir Prinzessin?«
    »Sie sind alle tot«, antwortete sie mit erstickter Stimme.
    »Ich kann sie aber atmen sehen«, warf Mogda ein.
    »Es sind nur noch Hüllen. Sie leben nicht mehr wirklich. Sie werden am Leben gehalten, bis sie getan haben, was immer die Meister mit ihnen bezwecken.«
    Rator ging auf den Torso des toten Wanderers zu und riss ihm das Hemd vom Leib.
    »Gestalten im Lehm auch werden Wanderer.«
    Rator deutete auf die kreisrunde Narbe an der Schulter des Toten.
    »Wie lange wird es dauern, bis sie sich verwandeln?«, fragte Mogda und sah dabei zu Cindiel. Cindiel saß nur da und zuckte mit den Schultern. Tränen rannen ihr über das Gesicht.
    »Es ist zu unsicher hier, Prinzessin«, sagte Mogda. »Am besten gehst du mit dem König wieder zurück in den Raum mit dem Tor. Dort kannst du dich dann weiter um ihn kümmern. Wenn wir hier fertig sind, stoßen wir wieder zu euch.«
    Mogdas Sorge galt aber nicht allein ihrer Sicherheit. Ihm war klar, was sie zu tun hatten, und es war besser, wenn die beiden davon nicht allzu viel mitbekämen. Niemand, egal ob mit kindlichem Gemüt oder mit königlicher Würde, war darauf erpicht mit anzusehen, wie Dutzende von seinesgleichen abgeschlachtet wurden. Auch nicht, wenn es sich nur noch um leere Hüllen handelte.
    Cindiel durchschaute Mogdas fadenscheinigen Vorschlag sofort. Sie konnte sich aber auch vorstellen, was die beiden vorhatten, und um ihr eigenes Seelenheil nicht zu gefährden, stimmte sie zu.
    Mogda und Rator warteten mit ihrem blutigen Handwerk ab, bis Cindiel und König Wigold verschwunden waren und die Tür hinter sich geschlossen hatten.
    Cindiel kümmerte sich um den sichtlich erschöpften König. Sie erneuerte ihre Zauber und verband die Wunden abermals mit Stofffetzen, die sie aus ihrer Kleidung trennte.
    König Wigold war in schlechter Verfassung. Er war schon alt und zusätzlich zu seiner Verletzung bekam er auch noch Fieber. Für einen weiteren Zauber hatte das Mädchen nicht genug Kraft. Somit musste sie auf herkömmliche Hausmittel zurückgreifen. Sie kramte in ihrem Beutel und förderte einige getrocknete Blätter zutage. Sie zerrieb sie in der hohlen Hand und gab sie König Wigold, der sie mit angewidertem Gesicht und etwas Wasser hinunterspülte. Cindiel ging zum Rand des ummauerten Weihers und wusch die alten Verbände aus, um damit die Stirn des Königs zu kühlen. Als sie die blutgetränkten Tücher auswrang, zogen lange rote Schleier durchs Wasser, die mit der Zeit an Intensität verloren und dann schließlich vollends verschwanden. Cindiel hoffte, dass die schrecklichen Erinnerungen der letzten Zeit genauso verblassen würden wie das Blut im Wasser. Cindiel wollte gerade wieder zum König hinübergehen, als sie einen Schatten im Wasser wahrnahm. Ein dunkler Schatten, der nicht von den kleinen Wellen getrieben wurde, sondern aus eigenem Antrieb. Noch bevor sie erkennen konnte, was es war, schoss der Schatten auf sie zu und durchbrach die Wasseroberfläche.
    Sie hatte nicht die geringste Chance, zu entkommen. Der hagere alte Mann mit dem dunkelblauen Brokatumhang brach mit solch einer Gewalt aus dem Wasser, dass er mit einem Satz an Cindiel vorbei war und hinter der Brüstung landete. Seine langen Arme griffen nach dem Mädchen und zogen sie an sich. Eine Hand legte der Mann fest über ihren Mund, und mit der anderen verdrehte er ihren Arm so weit, dass sie sich nicht mehr aus seinem Griff befreien konnte, ohne sich die Knochen zu brechen.
    »Eure Majestät, geht es Euch gut?«, fragte der Mann mit einer unwirklich dunklen Stimme.
    »Meister Listante, wie habt Ihr uns gefunden?«, fragte König Wigold röchelnd.
    Edder Listante, der Hofmagier, ging nicht auf die Frage des Königs ein, sondern betrachtete die Überreste des toten Nesselschreckens und runzelte nachdenklich die Stirn.
    »Schnell, Eure Majestät, Ihr müsst diesen Ort verlassen. Wenn Ihr wieder zurück durch das Tor geht, werdet Ihr von Eurer Leibgarde erwartet. Sie werden sich um Euch kümmern. Wartet, bis ich zurück bin! Ich kümmere mich um alles weitere.«
    Zögerlich erhob sich König Wigold und begab sich zum Rand des Weihers.
    »Wo ist der Dolch, dem ich dem Oger vorhin abgenommen habe?«, fragte der König

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