Die Oger - [Roman]
gesehen.«
»Ein Heerlager?«, wollte Mogda wissen.
»Nein, brennendes Dorf von Hüttenbauer«, antwortete Rator, ohne stehen zu bleiben und die Ereignisse weiterer Blicke zu würdigen.
Für Rator mochte der Anblick brennender Städte im Laufe seines kriegerischen Lebens normal geworden sein, doch Mogda erkannte mehr darin. Für ihn war es eine übertriebene Art von Brutalität. Niemand musste ein ganzes Dorf auslöschen, um seine Bedürfnisse zu befriedigen, es sei denn, die Bedürfnisse lagen in der Ausrottung einer ganzen Rasse.
Betrübt und mit der Gewissheit, nichts mehr für diese Leute tun zu können, drehte sich Mogda um und folgte seinem Kameraden weiter ins Gebirge. Schweigend stapfte er hinter ihm her. Er verübelte es Rator nicht, so wenig Mitleid zu zeigen. Er erinnerte sich daran, wie er früher über Menschen gedacht hatte. Wenn sie starben, ob durch ihn oder jemand anderen, war es so, als ob ein Tier getötet worden war. Man fühlte nichts bei ihrem Ableben. Man nahm es einfach hin. Jetzt war das anders. Seit er sich verändert hatte, dachte er mehr darüber nach, was andere empfanden, was sie bewegte. Ob sich sein neues Gewissen mit dem arrangieren konnte, was er war oder wie er lebte, würde die Zeit zeigen.
Am frühen Morgen des nächsten Tages hatten sie den Pass überquert. Nun würde es nur noch wenige Stunden dauern, bis sie den Rand der Roten Wüste erreichten.
Sie erhöhten ihr Lauftempo abermals, um die kühleren Stunden des Tages bestmöglich zu nutzen.
Als die Sonne noch nicht am höchsten Punkt des Firmaments stand, hatte sich der Sand unter ihren Füßen schon so stark erhitzt, dass sie ihn ohne Schuhwerk kaum betreten konnten.
Nachdem die Oger die ersten Meilen der Wüste durchquert hatten, suchten sie nach einem geschützten Platz, um der Mittagssonne zu entgehen. Schließlich fanden sie eine kleine Felsformation und die Überreste eines verdorrten Baumes. Der Platz war nicht optimal, aber die Wüste bot nicht sonderlich viele Möglichkeiten.
Anscheinend waren sie nicht die Einzigen, die zu diesem Schluss gekommen waren. Gleich hinter den Felsen entdeckten sie eine verlassene Lagerstätte. Drei Feuer hatten dort gebrannt, und sie konnten Fußabdrücke von Orks und Ogern ausmachen, sowie Radspuren von schwerem Belagerungsgerät.
»Spuren halber Tag alt«, schloss Rator nach eingehender Untersuchung.
»Dann sollten wir lieber keine Rast machen, sondern versuchen, sie einzuholen, um uns ihnen anzuschließen«, sagte Mogda. »Es wird leichter für uns sein, ins Heerlager zu kommen, wenn wir uns unter sie mischen.«
Rator schien nicht begeistert von der Aussicht, wieder unter dem Kommando der Orks dienen zu müssen. Ihm missfiel die rücksichtslose Art, mit der die Orks ihre eigenen Leute und die Krieger der anderen Völker führten. Er wusste, dass er nie wieder jemandem folgen wollte, der ihn für die falsche Sache in den Tod schicken würde, und genau das war es, was die Orks ständig taten. Leider hatte Rator in diesem Fall auch keine bessere Idee und stimmte Mogda mürrisch zu.
Die sengende Hitze setzte den beiden stark zu, und die Vorstellung, bald ein schweres Katapult oder eine ähnliche Kriegsmaschine durch die erbarmungslose Wüste zu ziehen, steigerte ihre Vorfreude nicht gerade. Dennoch bemühten sie sich nach Kräften, die Orks einzuholen.
Die Spuren verrieten Rator, dass die Orks ihre Leute zur Eile antrieben. Die Fußabdrücke der Oger waren schräg in den Sand gesetzt, das hieß, sie zogen mit vollem Körpereinsatz eine schwere Last.
Eine halbe Meile vor ihnen tauchten plötzlich die Wurfarme von vier Katapulten auf. Die hölzernen Kriegsgeräte standen hinter einer kleinen Hügelkette. Von den Orks und Ogern war noch nichts zu sehen. Eine bedrohliche Stille ging von dem Ort aus. Ein Lager, so weit ab vom Feindesland, war normalerweise alles andere als ruhig. Meistens krakeelten die Orks lautstark herum und brüsteten sich mit ihren eigenen, meist erfundenen Heldentaten, oder sie organisierten Schaukämpfe, bei denen sie sich von den anderen bewundern ließen. Oger gingen die Sache ruhiger an, aber nicht unbedingt unauffälliger. Sie entfachten große Lagerfeuer, an denen sie Unmengen an Proviant zubereiteten und genüsslich verspeisten.
Doch hier war alles anders. Kein Laut drang zu Mogda und Rator herüber, und auch kein Rauch von Lagerfeuern lag in der Luft. Vorsichtig näherten sie sich dem Hügelkamm und spähten auf die andere Seite. Dort standen sie,
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